Brasilien legt Fifa kein Freigabe-Ersuch vor Hoeneß verweigert die Freigabe Pizarros

Rotenburg (rpo). Trotz der Androhung massiver Strafen bis hin zur weltweiten Sperre und dem erklärten Unverständnis von Giovane Elber lässt Bayern München im Tauziehen um die Freistellung seiner Südamerikaner für die "Copa America" nicht locker.

"Wir lassen das auf uns zukommen", sagte Manager Uli Hoeneß zu möglichen Sanktionen durch den Fußball-Weltverband (Fifa). Im Trainingslager der Bayern in Rotenburg/Wümme räkelte er sich am Dienstag ganz gelassen auf einer Hochsprungmatte und ergänzte: "Strafen befürchte ich nicht. Wenn das Ganze eskaliert, werden wir notfalls vor Gericht gehen."

Einen Tag vor Beginn der Südamerika-Meisterschaft am Mittwoch (11. bis 29. Juli) verhärteten sich indes die Fronten beim Streit um Claudio Pizarro: Nach einem Protest des peruanischen Verbandes forderte die Fifa den FC Bayern hochoffiziell auf, Pizarro umgehend für die Nationalmannschaft freizustellen. Peru bestreitet (wie Brasilien) am Donnerstag sein erstes Turnier-Spiel. Sollten die Münchner dem Beschluss der Spielerstatut-Komission nicht nachkommen, droht ihnen im äußersten Fall "eine Sperre des Klubs", wie ein Fifa-Sprecher auf sid-Anfrage erklärte.

Dagegen ist bei der FIFA von Seiten des brasilianischen Verbandes (CBF) bisher kein Ersuchen nach einer sofortigen Freigabe von Bayern-Stürmer Giovane Elber und des für Bayer Leverkusen spielenden Lucio eingegangen. Dies bestätigte am Mittwoch ein FIFA- Sprecher.

Während Pizarro längst keine Lust mehr verspürt, in das vom Bürgerkrieg zerrissene Kolumbien zu reisen, befürchtet Elber, dass ihm ein Nichterscheinen seine letzte Chance auf einen Stammplatz in der brasilianischen Nationalmannschaft und damit auf die WM 2002 in Südkorea und Japan kosten könnte. "Man muss doof sein, wenn man sagt, dass man nicht für sein Land spielen will. Ich spiele gerne für Brasilien, es ist auch wichtig für mich", sagte der Stürmer im Bayern-Trainingslager, wo er am Montag eingetroffen war.

Härte demonstrieren

Die Entscheidung über seine Zukunft will Elber nun ein wenig widerwillig in die Hände der Bayern legen. "Ich lasse es den FC Bayern entscheiden. Aber irgendwann kommt der Zeitpunkt, dass der Verein entscheidet, dass ich nicht nach Brasilien in Urlaub fahre." Sein Arbeitgeber wird diesmal aber nicht mit sich reden lassen, wie Hoeneß verdeutlichte - auch zu Elbers eigenem Schutz: "Was nützt es ihm, wenn er dort hinkommt und eine Kugel im Kopf hat? Dann kann er auch nicht bei der WM spielen."

Eine Einsicht, die Lucio von Bayer Leverkusen offenbar schon gewonnen hat. Der Brasilianer, dem sein Klub ebenfalls die Freigabe für die "Copa" verweigert hatte, kehrte am Dienstag nach Deutschland zurück, aus Sorge um seine Sicherheit, wie Bayer mitteilte. Auch die Leverkusener wollen Härte demonstrieren. "Er kehrt auf keinen Fall zu den Brasilianern zurück", sagte Manager Reiner Calmund. Protesten der Brasilianer sieht er "nicht gerade gelasse, aber zuversichtlich" entgegen. Calmund beruft sich wie die Bayern auch auf die Nichteinhaltung der 14-Tage-Frist.

Hoeneß warf den Verantwortlichen des südamerikanischen Verbandes erneut vor, sich nach der ursprünglichen Absage der "Copa America" allein wirtschaftlichen Interessen gebeugt zu haben. Dass die Südamerika-Meisterschaft jetzt doch ausgetragen werde, liege an "Sponsoren und TV-Verträgen". Vor allem die Inhaber der weltweiten "Copa"-Rechte, bezeichnenderweise eine brasilienische Gesellschaft namens "Traffic", an der auch noch Brasiliens Verbands-Chef Ricardo Teixera beteiligt ist, drängte auf die Austragung.

Hoeneß dagegen will den FC Bayern und seine Spieler mit allen Mitteln verteidigen, denn: "Hier wird der Fußball-Sport mit Füßen getreten."

(RPO Archiv)
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