"Friedens-Gipfel" droht zu platzen Hoeneß: "Ich würde kommen" - Zweite Anzeige gegen Daum

Leverkusen/London (sid/dpa). Der "Friedens-Gipfel" im Fall Christoph Daum droht zu platzen: Der 46 Jahre alte Cheftrainer von Bayer Leverkusen ist nach den Drogen-Vorwürfen von Bayern Münchens Manager Uli Hoeneß nicht bereit, sich mit seinem Intimfeind an einen Tisch zu setzen. "Solange einige Dinge nicht juristisch geklärt sind, kann ich daran nicht teilnehmen", sagte Daum der Bild-Zeitung. Das Kesseltreiben gegen den Coach wird unterdessen immer heftiger - und das vor dem "Spiel des Jahres" der deutschen Fußball-Nationalmannschaft am Samstag (16.00 Uhr MESZ/live im ZDF) gegen England im Londoner Wembley-Stadion. Neueste Attacke gegen Daum: Eine Privatperson soll in München eine Betrugs-Anzeige gegen ihn im Zusammenhang mit einem Immobiliengeschäft erstattet haben.

Unterdessen wird das Friedensgepräch wohl nicht zustandekommen. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) beabsichtigte eigentlich, schon in der kommenden Woche die beiden Betroffenen sowie DFB-Vize-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder, Task-Force-Chef Karl-Heinz Rummenigge, Bayer-Manager Reiner Calmund und Bayern-Boss Franz Beckenbauer an einem Tisch zusammenzubringen. Hoeneß würde teilnehmen. "Wenn ich eingeladen werde. Ob Daum dabei ist, ist mir egal", erklärte der 48 Jahre alte Weltmeister und Europameister in der Bild.

DFB-Mediendirektor Wolfgang Niersbach erklärte zwar, "wir bleiben dabei, dass wir den Versuch unternehmen, alle beteiligten Parteien an einen Tisch zu bekommen, denn wir wollen die Dinge vom Tisch haben", doch das dürfte eher Wunschdenken sein.

Rummenigge erklärte in London: "Das Treffen macht nur Sinn, wenn Hoeneß und Daum dabei sind. Franz Beckenbauer und ich sind ja nicht direkt Beteiligte - wir können nur als Moderatoren fungieren." Rummenigge stehen nach eigener Aussage die Vorkommnisse "bis zum Hals": "Hier sage ich nichts mehr zur Task Force und Herrn Daum."

Für Calmund ist der groß angekündigte Gipfel dagegen schon gestorben. "Einen Friedens-Gipfel Daum/Hoeneß kann es nicht mehr geben, wir sind doch nicht im Phantasialand. Zu ungeheuerlich sind die Vorwürfe. Es geht um Drogen, ums Rotlichtmilieu. Und Hoeneß hat keinen einzigen Beweis geliefert. Da kann ich Christoph Daum nicht zumuten, sich mit Hoeneß an einen Tisch zu setzen und einen Kaffeklatsch abzuhalten. Nein, es gibt keinen Kompromiss, da bleibt einfach zuviel Dreck übrig. Die Sache kann nur noch gerichtlich geklärt werden", meinte der XXL-Manager in der Kölner Tageszeitung Express.

Manager Michael Meier von Borussia Dortmund glaubt fest daran, dass Daum den Posten des Bundestrainers antritt und ist von seiner Unschuld überzeugt. "Ich kenne ihn jedenfalls schon lange und lege für ihn meine Hand ins Feuer. Dass er einen stechenden Blick hat und mit seinen Augen andere Personen geradezu manipilieren kann, das kann doch kein Indiz dafür sein, dass er kokst", meinte Meier in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).

Derweil stellt sich Calmund in der schwierigen Situation als Freund vor Daum, der massiv mit Drogen-Vorwürfen von Hoeneß konfrontiert wird. "Was sich derzeit abspielt, ist ekelhaft, das alles kotzt mich an. Aber glauben Sie mir: Christoph ist nicht nur Trainer in Leverkusen, er ist auch mein Freund. Wüsste ich davon, dass Christoph mit so etwas was zu tun hätte, würde ich ihm sofort eine Klinik empfehlen und ihm raten, danach ins Ausland zu gehen. Sie glauben doch wohl nicht, dass Bayer einen Bundestrainer will, der etwa mit Drogen zu tun hat? Wir sind doch keine Selbstmörder", meinte Calmund im Express.

Der 51-Jährige schließt nicht aus, dass diese Kampagne auch dem Bayer-Werk schaden könnte: "Natürlich ist diese Diskussion imageschädigend für einen Konzern. Mittlerweile hat dieses Thema europäische Ausmaße abgenommen." Calmund: "Wir prüfen natürlich, was justiziabel ist."

Nachdem Daum mit Hoeneß juristisch im Clinch liegt und gegen den Bayern-Manager Strafanzeige wegen übler Nachrede und Beleidigung gestellt hat, wird er selbst mit Betrugsanzeigen konfrontiert. Nach der Anzeige wegen angeblicher ausstehender Provisitionen in Höhe von vier Millionen Mark durch Jochen Kress, dem Ex-Ehemann von Daums Lebensgefährtin Angelika Camm, will jetzt offenbar eine Privatperson den Bayer-Coach gerichtlich belangen. Der Münchner Oberstaatsanwalt Lehmpuhl erklärte: "Es ist eine Anzeige durch eine Privatperson. Und es handelt sich um eine Betrugsanzeige im Zusammenhang mit Immobilien."

Dazu meinte Daum in Bild: "Nein, von einer neuen Anzeige ist mir nichts bekannt. Was soll denn das schon wieder? Ich habe nur ein einziges Immobilien-Geschäft getätigt, und das ist die Sea Green-Anlage auf Mallarco. Da Geschäft wird von der Deutschen Bank abgewickelt."

Daum lässt Werbekampagne ruhen

Christoph Daum hat die RWE AG gebeten, die Werbekampagne mit ihm ruhen zu lassen, bis alle Vorwürfe gegen ihn entkräftet sind. Dies teilte Dieter Schweer, der Leiter der RWE- Konzernkommunikation, am Freitagabend der dpa mit.

(RPO Archiv)
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