"Darunter leide ich" Hitzfeld machen Affären und Krise zu schaffen

München (dpa). So viel Ärger auf einmal musste Ottmar Hitzfeld in seiner zweijährigen Ära als Trainer des FC Bayern München noch nicht ertragen. Und er ist auch an dem 51-jährigen Fußballlehrer nicht spurlos vorüber gegangenen. "Jede Zeit ist schwierig. Aber diese fordert mich mehr", gestand Hitzfeld vor den Belastungsproben am Mittwochabend in der Champions League gegen Paris St. Germain und am kommenden Samstag im Bundesliga-Derby gegen den TSV 1860 München.

Die Affäre Daum/Hoeneß, der davon überlagerte "Fall Effenberg" und als Zugabe eine unerwartete Niederlagenserie - in Hitzfelds Gesicht gruben sich in den vergangenen Tagen tiefe Sorgenfalten. "Ich bin es nicht gewohnt, mehrmals hintereinander zu verlieren. Darunter leide ich. Das sind verlorene Tage", bemerkte der Coach. Doch statt zu jammern, kniet sich der Erfolgsmensch noch intensiver in die Arbeit. "Das Schlimmste wäre Selbstmitleid. Man muss durch ein Tief gehen, alles unternehmen, noch mehr machen", lautet sein Krisen-Management.

Hitzfeld muss die Suppe auslöffeln, die ihm andere eingebrockt haben. Zum Beispiel Hoeneß: Denn natürlich schlägt der "Fall Daum" auch in den sportlichen Bereich durch, lenkt ab, bietet den Spielern ein Alibi. Obwohl Medien-Profi Hitzfeld das geschickt zu verhehlen versuchte, in dem er das Thema bewusst nicht auch noch forcierte. "Das wäre doch naiv von mir."

Während Uli Hoeneß in Cottbus die geballte Wut der Fans zu spüren bekam und die Spieler sich mehr als üblich provoziert fühlten, während Präsident Franz Beckenbauer und "Vize" Karl-Heinz Rummenigge in der Affäre teilweise peinliche Figuren abgaben, blieb Hitzfeld persönlich unbeschadet. Auch in Cottbus gab es keine Schmährufe für den Trainer, der zwar zum FC Bayern gehört, aber auch bei den größten Bayern-Gegnern zumindest Respekt genießt. Hitzfeld hielt sich zudem aus der Schlammschlacht um Daum heraus. "Wer von mir verlangt, dass ich polemisiere, ist bei mir an der falschen Adresse", sagte er.

Tief getroffen und intern beschädigt hat Hitzfeld die jüngste Eskapade des von ihm stets protegierten Stefan Effenberg, für den es sportlich keinen gleichwertigen Ersatz gibt. Mit einer Geldstrafe gilt die nächtliche Disco-Handgreiflichkeit des dienstuntauglichen Kapitäns gegen eine junge Frau vereinsintern als "abgeschlossen", so Hitzfeld. Doch der Trainer musste sich selbst eingestehen, dass auch sein System mit klaren Verhaltensregeln und Geldstrafen die von ihm stets propagierte Vorbildfunktion von Fußball-Profis nicht erzwingen kann. Dass er die Spieler nach den jüngsten Niederlagen aufforderte, "im Lebenswandel noch mehr zu machen", war nur ein weiterer Beleg für das stete Ringen um (noch) größere Professionalität.

Dennoch: Vor der Ära Hitzfeld wäre nach drei Niederlagen und bei den aktuellen Nebenkriegsschauplätzen an der Säbener Straße die Hölle los gewesen. Doch durch Hitzfeld hat der unrühmliche Titel "FC Hollywood" als Synonym für den deutschen Rekordmeister praktisch ausgedient. Darum ist es verständlich, dass auch Hoeneß im Sommer bei der hektischen Bundestrainersuche den Daumen nicht gegen Christoph Daum senkte. Damals war es erste Bayern-Pflicht, den Kandidaten Hitzfeld, der mit dem Amt durchaus liebäugelte, unter allen Umständen in München zu halten. Denn kritische Situationen sind beim FC Bayern seit Hitzfelds Amtsantritt am 1. Juli 1998 zur Rarität geworden.

(RPO Archiv)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort