Vor knapp drei Jahren noch in der Regionalliga Hertzsch: Von Berti Vogts gerühmt, von Rudi Völler berufen

Hamburg (dpa). Vor zwei Jahren und acht Monaten spielte er noch in der Regionalliga, nun klopft Ingo Hertzsch an die Tür der Nationalelf. Der 23-Jährige ist nach seiner steilen Karriere beim Hamburger SV mit einer ersten Berufung in das DFB-Team für die herausragenden Leistungen in den vergangenen Monaten belohnt worden.

Schon für den ehemaligen Bundestrainer Berti Vogts stand fest: „Hertzsch ist eines der wenigen deutschen Abwehr-Talente“. DFB- Teamchef Rudi Völler holte den Sachsen nun als ersten Neuling seiner Amtszeit ins 22 Spieler umfassende Aufgebot des Nationalteams für das WM-Qualifikationsspiel gegen Griechenland am 2. September in Hamburg.

„Für mich geht ein Traum in Erfüllung. Wenn ich jetzt noch spiele, wäre alles perfekt. Außerdem ist es ja ein Heimspiel im Volksparkstadion, das motiviert noch mehr“, freute sich der Verteidiger, der im Spätherbst 1997 für 350 000 Mark vom damaligen Regionalligisten Chemnitzer FC zum HSV kam und unter Trainer Frank Pagelsdorf auf Anhieb zum Stammspieler wurde. „Seine Nominierung ist gerechtfertigt, er hat sie in jedem Fall verdient. Ingo hat über zwei Jahre konstante Leistungen gebracht. Die Abwehr hat mit ihm an Stabilität gewonnen“, sagte der HSV-Coach und Hertzsch-Förderer, mit dem Völler am Mittwoch noch ausführlich über den Debütanten gesprochen hatte.

„Ingo hat sich bewährt und in unserer A2-Mannschaft gezeigt, dass er zu Recht zum Kader gehört“, sagte Völler bei der Bekanntgabe des 22er Aufgebots, das sich am kommenden Dienstag in Reinbek zur Vorbereitung auf den Start der WM-Ausscheidung treffen wird. „Schön, dass er Hamburger ist“, so Völler, „aber das hat nichts damit zu tun, dass ich ihn berufen habe.“ Vielmehr ist Hertzsch auch dem neuen DFB- Teamchef durch „seine Konstanz“ aufgefallen. „Er hat sich kontinuierlich steigern können und macht seine Sache in der Dreier- Abwehrkette des HSV sehr gut“, meinte der 40-Jährige, der beim 4:1 gegen Spanien als erster Verantwortlicher der deutschen Nationalelf auf einen Libero verzichtete und die in der Bundesliga inzwischen übliche Abwehrkette installierte.

„Ingo ist kein Spieler, der durch große Nummern auffällt“, beschrieb Völler anerkennend die schnörkellose Spielweise seines Neulings. Die Stärken des in Meerane bei Zwickau geborenen Profis sind das kompromisslose Zweikampfverhalten mit einem Minimum an Fouls, „wahnsinniger Ehrgeiz“ (Pagelsdorf) und seine Schnelligkeit. „Vor zehn Jahren“, erinnerte sich Hertzsch, „haben wir Rudi Völler vor dem Fernseher zugejubelt.“ Nun unter dem früheren Idol eventuell zum Nationalspieler zu werden, bezeichnet der Schwarzschopf als „ein Kribbeln, das ich gar nicht beschreiben kann“.

Hertzsch gilt als nervenstark und scheint deswegen für die gegenwärtige Situation der DFB-Auswahl geradezu prädestiniert. Als 20-Jähriger erkämpfte er sich beim damals abstiegsbedrohten HSV sofort einen Stammplatz und leistete einen erheblichen Beitrag zur Krisenbewältigung beim norddeutschen Traditionsclub. „Er zeigte als Regionalliga-Spieler in der Bundesliga keinerlei Hemmungen“, staunt Pagelsdorf noch heute: „Daran sieht man, dass er ein gutes Nervenkostüm hat.“ Hertzsch dankt dem HSV-Coach für seinen Aufstieg: „Er hat den größten Anteil, dass ich es so weit gebracht habe.“

Auch bei der U21-Auswahl des DFB zeigte Hertzsch, dass er ein tatendurstiger Typ ist. Bei den Junioren wurde er schnell zum Kapitän befördert. Nach der Qualifikation für die Champions League mit dem HSV hofft der Ostdeutsche nun auf einen weiteren Karrieresprung unter Völler.

(RPO Archiv)
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