Gegen den Trend Hertha wird in Corona-Zeiten 150 Millionen reicher

Berlin · Die Liga staunt. Während viele Vereine durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie finanzielle Abstriche machen müssen, wird Hertha um noch 150 Millionen Euro reicher. Damit erhöhen sich die Möglichkeiten auf dem Transfermarkt, aber auch die sportlichen Ansprüche steigen.

 Herthas Investor Lars Windhorst.

Herthas Investor Lars Windhorst.

Foto: dpa/Andreas Gora

Das Zeichen an die Konkurrenz ist deutlich. Während Bundesliga-Rivalen wie Schalke 04 in der Corona-Krise weitreichende wirtschaftliche Einschnitte vornehmen müssen, bekommt Hertha BSC dank Investor Lars Windhorst neue finanzielle Möglichkeiten. Die Tennor Holding investiert weitere 150 Millionen Euro als Eigenkapital in den Hauptstadtclub, teilte Hertha am Mittwoch mit.

Damit erhöhen sich die Zuwendungen von Windhorst seit dessen Einstieg im Juni 2019 auf insgesamt 374 Millionen Euro. „Hertha BSC stand wirtschaftlich in seiner Geschichte nie besser da“, wird Präsident Werner Gegenbauer in einer Vereins-Mitteilung zitiert.

Tennor stellt im Juli zunächst 50 Millionen Euro und im Oktober weitere 100 Millionen Euro Eigenkapital zur Verfügung. „Dies unterstreicht unser langfristiges Engagement, gerade in schwierigen Corona-Zeiten“, sagte Windhorst als Chairman der Tennor Holding B.V. und machte zugleich deutlich, dass sein Investment Hertha in neue sportliche Sphären bringen soll: „Ich freue mich, dass sich damit der Geschäftsführung von Hertha BSC große Möglichkeiten eröffnen, den Verein zum Erfolg zu führen.“

Bei seinem Hertha-Einstieg hatte Windhorst seine Ziele noch deutlicher formuliert: „Die Hertha kann wie andere Clubs in London oder Madrid zu einem echten Big-City-Club werden.“ Der erste Anlauf dazu in der abgelaufenen Saison mit dem Windhorst-Vertrauten Jürgen Klinsmann erst als Aufsichtsratsmitglied und dann als Cheftrainer verpuffte, obwohl Hertha in der Winterpause mit knapp 80 Millionen Euro so viel Geld ausgab wie kein anderer Fußballclub weltweit. „Das war sicher ein Jahr, das in der Form keiner voraussehen konnte. Wir haben in der Tat kaum etwas ausgelassen in dieser Spielzeit“, bemerkte Manager Michael Preetz.

Hertha landete nach dem vierten Trainerwechsel erst dank der Korrekturen von Bruno Labbadia auf Tabellenplatz zehn. Die Ansprüche liegen weit höher, nachdem Windhorst nun insgesamt 66,6 Prozent Anteile an der Hertha BSC GmbH & Co. KgaA hält. Der Mutterverein Hertha BSC e.V. stellt jedoch auch weiterhin die Geschäftsführung.

Hertha verstößt mit seinem Konstrukt nicht gegen die 50+1-Regel, die besagt, dass nur Kapitalgesellschaften am Spielbetrieb teilnehmen können, an denen der Verein die Mehrheit der Stimmanteile hält. Eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) darf sogar komplett in Investoren-Hand liegen. Die Komplementär-GmbH, die vollständig zur Geschäftsführung berechtigt ist, muss in der Mehrheit beim Verein bleiben. Das bleibt bei Hertha gegeben.

Durch die neuen Millionen habe Hertha nun „einen deutlich größeren Handlungsspielraum“, bemerkte Preetz. Der Geschäftsführer Sport steht vor der schwierigen Aufgabe, in der Corona-Krise personell die Grundlagen für einen Angriff Richtung Champions League zu legen. „Aktuell tut sich noch gar nichts auf dem Markt. Das hat auch damit zu tun, dass wir unsere Saison in Deutschland zwar bereits beendet haben, aber die anderen großen Ligen noch mittendrin stecken. Das macht es sehr herausfordernd“, sagte Preetz.

Der Franzose Lucas Tousart von Olympique Lyon steht als erster Neuer fest. Die Leihspieler Nils Körber und Daishawn Redan kehren zu Hertha zurück. „Ansonsten arbeiten wir an verschiedenen Optionen, um unseren Kader auf der einen oder anderen Position gezielt zu verstärken“, sagte der Manager. „Fällt irgendwann mal der erste Stein, dann kommt Bewegung in den Markt. Darauf sind wir vorbereitet.“ Hertha will mit den neuen Mitteln auch die Infrastruktur des Vereins verbessern, zinstragende Verbindlichkeiten reduzieren und eine Liquiditätsreserve anlegen, erklärte Finanz-Geschäftsführer Ingo Schiller.

Tennor behält trotz der Kapitalerhöhung weiter vier von neun Posten im Aufsichtsrat der Hertha-KGaA. Die beiden neu vorgeschlagenen Kandidaten Jens Lehmann, ehemaliger Nationaltorwart, und Wirtschaftsanwalt Thomas Werlen wurden offiziell in den Aufsichtsrat bestellt. Lehmann ist dabei der Nachfolger von Ex-Bundestrainer Klinsmann. Zudem wird Berater Marc Kosicke, zu dessen Klienten die Trainer Jürgen Klopp und Julian Nagelsmann gehören, in beratender Funktion für Tennor tätig sein.

(pabie/dpa)
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