Analyse zum HSV Der Pannenklub

Hamburg/Düsseldorf · Der HSV scheidet bei einem Viertligisten aus dem Pokal aus. Eine Frau findet Geschäftsunterlagen mit Vertragsdetails im Park.

Frühe Pokal-Pleiten des Hamburger SV
Infos

Frühe Pokal-Pleiten des Hamburger SV

Infos
Foto: dpa, skh jai

Gestern hat Bruno Labbadia in die Kiste mit den konventionellen Tricks des Fußballgeschäfts gegriffen. Der Coach des Hamburger SV verordnete seinen Spielern ein Straftraining. Verdient hatten sie sich das mit einem unprofessionellen Auftritt in der ersten DFB-Pokalrunde. Der Erstligist schied durch eine 2:3-Niederlage beim Viertligisten Carl-Zeiss Jena aus. Schlimmer noch, Labbadia musste feststellen: "Wir sind einfach nicht an unsere Grenzen gegangen."

Das ist eine sportliche Blamage, die an die vergangene Saison anschließt, als das Gründungsmitglied der Bundesliga in den Relegationsspielen dem Abstieg entging. Weil auch in den schwierigen Zeiten eben manchmal alles zusammenpasst, erfreut der Pannenklub die Republik mit einer weiteren Geschichte aus dem Buch der Peinlichkeiten. Durch einen Hamburger Park flatterten Unterlagen mit Spielerverträgen, über Sonderzahlungen und Zusatzvereinbarungen. Eine Frau hat sie nach einem Bericht der "Bildzeitung" dem Verein zurückgebracht. Der hatte zunächst nichts vermisst. Seinem Sportdirektor Peter Knäbel fiel erst nach einigem Nachforschen auf, dass er wohl seinen Rucksack verloren hatte.

Das könnte jedem passieren, aber keinem Fußballunternehmen würde es eher zugetraut als dem HSV. Es ist der Klub, der zuverlässig auch die bescheidensten Saisonprognosen unterläuft und in seiner Führung dem Chaos verpflichtet scheint. Selbst Dietmar Beiersdorfer hat bis jetzt keine Wende zum Guten hinbekommen. Er ist allerdings ein armer Kerl. Nach der zweiten Rettung in den letzten Nachspielminuten der Saison in Folge rief er einen Paradigmenwechsel aus. Statt Millionäre im fußballerischen Vorruhestand weiter anständig zu versorgen, will der HSV nun ein Verein sein, der jüngere Spieler entwickelt, der mit Ideen und nicht allein mit Geld Schwung in den Laden bringt. Das Geld, leidiges Resultat von Missmanagement, ist dem Klub unterdessen ein wenig ausgegangen.

Diese vernünftige Ansage hat dem Verein Beifall eingetragen. Zu Recht. Nach der Kehrtwende in der Vereinspolitik braucht der HSV nun Erfolge. Sonst kommen im notorisch überheblichen Hamburg ganz schnell die anspruchsvollen Fans mit ihren Protesten um die Ecke. Die üblichen kurzfristigen Folgen sind Diskussionen um den Trainer, das Führungspersonal und den fußballerischen Leitgedanken. Ganz sicher wird auch der mit Wortbeiträgen ebenso wie mit finanziellen Zuwendungen an den Verein besonders großzügige Milliardär Klaus-Michael Kühne seine Auftritte auf dem Boulevard haben. Es wäre alles beim Alten. Das ist Hamburger Traditionspflege.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort