Zur zweiten Amtszeit geklatscht Imperator Infantino bleibt Fifa-Präsident

Meinung | Paris · Gianni Infantino ist als Fifa-Präsident wiedergewählt worden. Der Schweizer inszeniert sich gern. Das zeigte auch der Kongress des Weltverbandes in Paris.

Gianni Infantino im Porträt
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Die Wiederwahl von Gianni Infantino hätte kaum sinnbildlicher für die Fifa und ihren im Amt bestätigten Präsidenten sein können. Beim Kongress des Fußball-Weltverbandes in Paris wurde er - weil es keinen Gegenkandidaten gab - per Akklamation für eine zweite Amtszeit bis 2023 gewählt. Mit Applaus also. Wie einst Feldherren im Römischen Reich auf dem Schlachtfeld zum Imperator geklatscht wurden. Nur der Sound von „Seven Nation Army“ kam bei Infantino dazu. Zum bekannten Song der White Stripes betrat er die Kongress-Bühne.

Dem Antrag, die Fifa-Statuten dahingehend zu ändern, dass der Präsident mit Applaus gewählt werden kann, wurde erst am Mittwochvormittag von den 211 Mitgliederverbänden in Paris zugestimmt.

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Foto: AFP/FRANCK FIFE

Infantino war der größte Profiteur der Ermittlungen der Schweizer Bundesanwaltschaft, die Vorgänger Sepp Blatter aus dem Amt spülte. Der frühere Generalsekretär des europäischen Fußball-Verbandes (Uefa) gab seine Kandidatur damals kurz vor Ende der Frist bekannt, er sollte nur als Ersatzkandidat der Uefa fungieren, bis die Sperre gegen Michel Platini aufgehoben werden sollte. Stattdessen wurde die Sperre aber auf acht Jahre verlängert und Infantino im Februar 2016 zum Fifa-Präsidenten gekrönt.

Zu seinen Wahlversprechen zählte die Aufstockung der WM-Teilnehmer von 32 auf 40 Länder für die WM-Turniere ab 2026 und die Verdopplung der Entwicklungshilfezahlungen für die Mitgliedsverbände - eine traditionell beliebte Methode, um den Machterhalt zu sichern. Denn Kleinststaaten wie die Salomon-Inseln (800.000 Einwohner) oder St. Vincent und die Grenadinen (117.000 Einwohner) haben ebenso eine Stimme wie der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mit seinen 7,2 Millionen Mitgliedern.

Seither herrscht Infantino im Fußball-Verband wie ein Sonnenkönig. Im Januar 2017 beschloss die Fifa auf seinen Wunsch, dass sogar 48 Länder in 16 Gruppen zu je drei Mannschaften an der WM teilnehmen werden.

Doch längst nicht alle seiner Ideen wurden durchgewunken. Kurzfristig auch die WM 2022 in Katar auf 48 Teams auszuweiten, scheiterte, seine Vorstellungen einer globalen Nations League und einer neuen Klub-WM platzten, und der Verkauf etlicher Rechte für 25 Milliarden Dollar an ein mysteriöses Konsortium - die Identität der Investoren verschweigt Infantino bis heute - wurden verhindert.

In Paris erklärte er trotz der gescheiterten Ausweitung: „Wir werden eine fantastische WM mit 32 Teilnehmern haben.“ Dass das Turnier seit der Vergabe 2010 an das Emirat unter katastrophalen Bedingungen zustande kommt, wurde erneut nicht adressiert. Gastarbeiter, die hauptsächlich aus Nepal, Bangladesch und Indien stammen, müssen auf den WM-Baustellen unter unwürdigen Umständen leben und arbeiten, häufig werden ihre Pässe eingezogen und Gehälter nicht oder verspätet ausgezahlt. Mehrfach kam es zu Todesfällen auf den Baustellen. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch prangern die Situation seit Jahren an. Nach verdeckten Recherchen des WDR-Magazins „Sport inside“, musste die Fifa erstmals einräumen, dass es zu „Verstößen“ gegen das Arbeitsrecht in dem Wüstenstaat gekommen ist.

 Gianni Infantino in Paris.

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Foto: AFP/FRANCK FIFE

Für Infantino kein Grund, Trübsal zu blasen. Er wird sich (wahrscheinlich) beim Eröffnungsspiel in Katar am 21. November 2022 wieder im Applaus suhlen. Wenn ihn bis dahin kein Brutus zu Fall gebracht hat.

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