Kommentar zur Frauen-WM Große Begeisterung und kleine Torhüterinnen

Düsseldorf (RP). Eine Frauenfußball-Weltmeisterschaft ist eine ganz besondere Sache. Das erkennt man schon daran, dass sich im 16 Teams umfassenden Teilnehmerfeld neben dem Topfavoriten Deutschland und dem Favoriten USA ungefähr 14 Geheimfavoriten um den Titel schlagen. Diese Einschätzung verbreiten jedenfalls die elektronischen Medien mit einer angemessen rekordverdächtigen Begeisterung.

Frauen-WM 2011: Deutschland - Kanada
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Begeisterungsfähigkeit scheint ohnehin die Grundvoraussetzung für die mediale Teilnahme am Großereignis zu sein. Fein gelöffelte Freistöße, unter denen erfreulich kleingewachsene Torhüterinnen hoffnungslos herfliegen, müssen deshalb unbedingt als a) Ereignis des Jahres, b) des Jahrzehnts oder zumindest c) der Geschichte einer Sportart bejubelt werden (Zutreffendes bitte ankreuzen).

Unter Androhung fieser Strafen ist es offenbar verboten, Fehlpässe als Fehler zu geißeln oder mangelhafte Abstimmung als taktisches Problem. Schwierigkeiten mit der Luft werden mit den verstörenden Witterungs-Bedingungen erklärt. Und wenn sich gerade mal jemand nicht unbedingt darüber freut, ausgewechselt zu werden und keinen Klatschmarsch bis in die oberen Zuschauerränge veranstaltet, dann wendet man die Kamera schöneren Objekten entgegen.

Dabei wäre alles so leicht. Der Wettbewerb zwischen den besten Frauenteams der Welt bietet genügend erfreulichen Sport und genügend Anlass, sich mal fachlich zu entrüsten. Und ist es eine große Chance für die Sportart Frauenfußball, sich in der größten Öffentlichkeit aller Zeiten zu präsentieren.

Für den standesgemäßen Jubel ist das Publikum da. Das hat jedes Recht, sich zu amüsieren und am Ereignis zu begeistern — ganz ohne Rücksicht auf fachliche Erwägungen. Da unterscheidet es sich nicht von den Fans anderer Sportarten. Und es leistet auf seine Weise einen Beitrag zur Gleichberechtigung.

(RP)
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