Letztes Spiel der Ausnahmespielerin DFB-Frauen zwischen Abschied von Marozsan und WM-Härtetest

Nürnberg · Ein letztes Mal im DFB-Trikot: Auf Dzsenifer Marozsan wartet gegen Brasilien ein emotionaler Abschied - auf den Rest des Teams dagegen ein echter WM-Härtetest.

 Dzsenifer Marozsan bestreitet in Nürnberg am Dienstag ihr letztes Spiel im DFB-Trikot.

Dzsenifer Marozsan bestreitet in Nürnberg am Dienstag ihr letztes Spiel im DFB-Trikot.

Foto: dpa/Friso Gentsch

Noch verdrängt Dzsenifer Marozsan den Abschiedsschmerz. Sie sei zwar ein „sehr emotionaler Mensch“ und „nah am Wasser gebaut“, gab die Ausnahmekönnerin mit dem feinen Füßchen zu. Dass sie so kurz vor dem Ende ihrer glanzvollen, aber auch von gesundheitlichen Problemen geprägten Karriere im Nationalteam „noch so entspannt“ sei, überrasche sie dann aber schon.

Spätestens am Dienstag (18.00 Uhr/ARD), wenn es vor über 30.000 Fans in Nürnberg gegen Brasilien geht und Marozsan zum 112. und letzten Mal das DFB-Trikot überstreift, dürften aber Tränen fließen. Auf die 30-Jährige, einst Kapitänin, Hirn der Mannschaft und lange Deutschlands beste Fußballerin, wartet ein emotionaler Abend, auf den Rest des Teams von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg 100 Tage vor dem Start der WM-Titeljagd Down Under eine echte Standortbestimmung.

„Ich bin überglücklich, dass so viele Leute ins Stadion kommen. Die Mannschaft hat das verdient. Für mich persönlich ist das ein Geschenk“, sagte Marozsan, deren Familie und Freunde auf der Tribüne erwartet werden. Und das, obwohl die Edeltechnikerin eigentlich gar nicht gerne im Mittelpunkt steht. „Es ist ein wichtiges Spiel für die Mannschaft. Deshalb will ich den Fokus gerne auf die Mannschaft legen.“ Laut Voss-Tecklenburg soll Marozsan in der zweiten Halbzeit eingewechselt werden.

Denn trotz des schmeichelhaften Erfolgs offenbarten sich in den Niederlanden (1:0) zuletzt noch etliche Probleme. Auf „MVT“, die am Dienstag unter anderem auf Torhüterin Merle Frohms (Rücken) verzichten muss, wartet bis zum Beginn der Titelmission in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August) eine Menge Arbeit. Der Form des Vorjahres, als sie ein ganzes Land begeisterten, laufen die Vize-Europameisterinnen noch hinterher. Womöglich kommt der Härtetest gegen Brasilien genau zum richtigen Zeitpunkt.

Und dennoch wollen die DFB-Frauen Marozsan einen würdigen Abschied bereiten. „Sie ist eine unglaubliche Technikerin, sie hat den deutschen Frauenfußball Jahrzehnte geprägt, Zuckerpässe gespielt, wichtige Tore geschossen“, schwärmte ihre gute Freundin Svenja Huth. Die Mittelfeldspielerin von Olympique Lyon werde als „toller Mensch mit goldenem Herzen“ eine Lücke hinterlassen. Die Bundestrainerin rühmte Marozsan als „großartige Persönlichkeit und überragende Fußballerin“ sowie als „Identifikationsfigur“.

Aber auch sportlich schmerzt der Abschied. 2013 holte Marozsan den EM-Titel, drei Jahre später in Rio de Janeiro Olympia-Gold. 2018 erlitt sie jedoch eine beidseitige Lungenembolie, und gerade die Weltmeisterschaften schienen für „Maro“ verflucht. Auch das Sommermärchen 2022 verpasste sie aufgrund eines Kreuzbandrisses - in dieser Zeit reifte vor dem Fernseher die Entscheidung zum Rücktritt.

„Das hätte ich mir alles nicht erträumen können. Ich bin dankbar und stolz, dass ich ein Teil dieser wundervollen Mannschaft sein durfte“, sagte Marozsan, die ihre Zukunft auf Vereinsebene ab Sommer offenließ. Sie führe Gespräche über eine Vertragsverlängerung in Lyon, spreche aber auch mit anderen Vereinen. Ihr Knie sei aber „leider nicht mehr das, was es einmal war. Es zwickt immer wieder. Dann macht es nur noch halb so viel Spaß wie vorher“.

(dör/SID)
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