Steigendes Interesse Der Frauenfußball nutzt den EM-Hype nachhaltig

Düsseldorf · Am Samstag greifen die Wolfsburger Spielerinnen nach dem Titel in der Champions League. Es ist eines von zahlreichen Indizien, die belegen, wie der Sport sein Standing hierzulande kontinuierlich ausbaut.

 Das geht alles in die richtige Richtung: Wolfsburgs Nationalspielerin Alexandra Popp gestikuliert beim Spiel in Meppen.

Das geht alles in die richtige Richtung: Wolfsburgs Nationalspielerin Alexandra Popp gestikuliert beim Spiel in Meppen.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg spielen am Samstagnachmittag um nicht weniger als den Titel in der Königsklasse. Nachdem sie national den Titel dem FC Bayern München überlassen mussten, können sie sich gegen den FC Barcelona im Finale der Champions League zum besten Frauenfußball-Team Europas krönen. Schon 2013 und 2014 gelang das den Wolfsburgerinnen. Allerdings geht Barcelona als Favorit in das Endspiel in Eindhoven (Samstag, 16 Uhr). Dass aber wieder ein deutsches Team im Champions-League-Finale steht, ist nicht selbstverständlich. Gleichzeitig ist es der Lohn für die kontinuierlich professionelle Arbeit in Wolfsburg.

In den vergangenen Jahren haben Teams aus Frankreich, Spanien und England den einstigen Vorreiter im europäischen Frauenfußball, Deutschland, überholt. Sechs der vergangenen sieben Titel in der Champions League gewann Olympique Lyon. Vor zwei Jahren sicherte sich Barcelona den Titel. Und auch die großen Vereine aus der englischen Premier League sind im Frauenfußball längst besser aufgestellt. Professioneller und mit mehr Geld als die meisten deutschen Frauenteams. Das zeigt sich auch in den Leistungen. Gleichzeitig sind in England und Spanien längst Frauenspiele in den großen Stadien vor Zehntausenden Zuschauern üblich. Eine Entwicklung, die in Deutschland gerade erst nach der erfolgreichen EM 2022 mit dem zweiten Platz Fahrt aufnimmt.

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Dass dieser Vizetitel einen nachhaltigen Effekt auf das Interesse am Frauenfußball in Deutschland hat, zeigt diese Saison. Immer häufiger spielen die Frauenteams in den großen Arenen und Stadien, in denen sonst nur die Männermannschaften ihre Partien austragen. Mit 38.365 Fans im Bundesligaspiel gegen Eintracht Frankfurt hat der 1. FC Köln im April für einen Zuschauerrekord in der Frauenfußball-Bundesliga gesorgt. Das DFB-Pokalfinale der Frauen in Köln zwischen dem VfL Wolfsburg und dem SC Freiburg war mit 44.808 Zuschauern ausverkauft. Mehr als 30.000 sahen das Testspiel der DFB-Frauen gegen Brasilien in Nürnberg live.

Und auch die TV-Sender verzeichnen steigende Zuschauerzahlen. Das EM-Finale im vergangenen Sommer gegen England war mit fast 18 Millionen TV-Zuschauern das meistgesehene Fußballspiel des Jahres in Deutschland. Die Männer konnten diese Zahl bei der WM im Winter bei Weitem nicht erreichen. Der DFB konnte entsprechend auch die TV-Rechte an der Frauen-Bundesliga für die kommenden Jahre noch mal deutlich vielfältiger vermarkten. Neben Magentasport übertragen künftig auch Sport1 und Dazn Spiele.

Der Zuschauerschnitt in der Liga klingt dennoch dürftig. Im Durchschnitt kamen in der Saison 2022/23 nicht mal 3000 Zuschauer zu den Partien. Insgesamt wurden etwas mehr als 387.000 Tickets für die 22 Spieltage der Saison verkauft. Vor zehn Jahren kamen aber im Schnitt nur knapp 500 Fans zu den Frauenspielen. Im Jahr vor der Corona-Pandemie waren es durchschnittlich 833. In dieser Hinsicht ist eine deutliche Steigerung zu erkennen.

Und dass überhaupt Spiele vor mehreren Tausend Zuschauern möglich sind, Wolfsburg, Eintracht Frankfurt, Bayer Leverkusen oder Köln sogar regelmäßig daheim vor vollen Rängen spielen, zeigt, dass auch die Vereine vom Boom nach der EM profitieren. Das versetzt die Frauenabteilungen in neue Verhandlungspositionen. Denn immer noch mangelt es in vielen Klubs an Professionalität. Einige Spielerinnen sind zusätzlich berufstätig, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.

Um vor allem international erfolgreich zu sein, wie der VfL Wolfsburg oder auch der FC Bayern, braucht es professionelle Strukturen. In die müssen die Vereine investieren. In Sachen Bezahlung, TV-Vermarktung und Marketing überhaupt ist bei vielen Klubs noch Luft nach oben. Einen Schritt in diese Richtung ist der DFB nun zusammen mit Google Pixel gegangen. Das Unternehmen wird nicht nur für drei Jahre Partner der DFB-Frauen, sondern auch Partner der Frauen-Bundesliga und ihr Namensgeber für vier Jahre. „Wir als Google Pixel wollen die Sichtbarkeit des Frauenfußballs erhöhen, daher passt die Partnerschaft gut für uns“, sagte Anne-Katrin Huebel als Vertreterin von Google am Donnerstag beim Sportkongress Spobis in Düsseldorf. Neben des Namenssponsorings will das Unternehmen den Frauenfußball über Kampagnen, Social-Media-Geschichten und andere Projekte in den Fokus stellen und ihm mehr Aufmerksamkeit verschaffen. Gleichzeitig sollen die Spielerinnen mit Geschichten und Content zwischen den Spielen der Vereine und des Nationalteams das Interesse an dem Sport steigern. „Google hilft uns mit diesem Engagement auch, die Professionalität voranzutreiben“, sagte Holger Blask, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb beim DFB.

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Die Entwicklung zeigt, dass es sich lohnt, in den Frauenfußball zu investieren. In Sachen Zuschauerzuspruch ist das Limit längst nicht erreicht. Immer, wenn große Profiklubs auch die große Werbemaschine für ein Frauenspiel anschmeißen, geht der Plan auf – wie zuletzt eben in Köln. Das Interesse an dem Sport und dem Erlebnis ist also vorhanden. Ein Partner wie Google Pixel mit seinen Möglichkeiten und ein Champions-League-Finale mit deutscher Beteiligung vor 35.000 Fans in Eindhoven können weiter Werbung für den Frauenfußball in Deutschland machen.

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