Fortuna St. Pauli sinnt auf Revanche

Die Zahlen sprechen vor der seit Wochen ausverkauften Regionalligapartie zwischen dem FC St. Pauli und Fortuna Düsseldorf (Samstag, 14 Uhr, Millertorstadion) eine deutliche Sprache: Die Kiez-Kicker sind auf eigenem Platz eine Macht und haben am Millerntor noch kein Spiel verloren (11 Siege, fünf Remis). Auf der anderen Seite bekommen die Düsseldorfer auswärts kaum ein Bein auf die Erde: Ihnen gelang durch das 3:1 in Leverkusen II vor zwei Wochen der erste Auswärtserfolg seit Oktober 2006.

 Der FC St. Pauli musste ein 3:3-Remis hinnehmen.

Der FC St. Pauli musste ein 3:3-Remis hinnehmen.

Foto: ddp, ddp

Auch die Entwicklung der vergangenen Wochen spricht klar für den FC St. Pauli. Die Düsseldorfer, Tabellen-16. der Rückrunde, holten aus den jüngsten sechs Partien nur einen Sieg und stürzten in der Rückrunde von Platz zwei (19. und 21. Spieltag) auf Rang 13 (32. Spieltag). Die Tendenz der Braun-Weißen zeigt dagegen steil nach oben: Sie sind seit sieben Partien ungeschlagen, haben fünf der sieben Spiele gewonnen und kletterten während der vergangenen 16 Partien von Platz 13 (18. Spieltag) auf den Platz an der Sonne.

 Die Mannschaft mit den Fans nach dem Schlusspfiff in St. Pauli das 1:1 und doe tolle Leistung.

Die Mannschaft mit den Fans nach dem Schlusspfiff in St. Pauli das 1:1 und doe tolle Leistung.

Foto: rpo, Falk Janning

St. Pauli gilt in der Liga als Topfavorit auf den Aufstieg. Durch einen 2:0-Erfolg bei Werder II vor 9000 (!) mitgereisten Fans erklommen die Paulianer Ende April erstmalig den ersten Platz. Der Hype um den Verein ist gigantisch: Jeweils 50.000 Karten hätte der Verein für die letzten beiden Heimspiele der Saison gegen Fortuna und gegen Dresden verkaufen können. Nach Abriss der Südtribüne passen jedoch nur 15.000 Fans in das altehrwürdige Stadion.

Als Vater des Erfolgs wird im Kiez Legende Holger Stanislawski gefeiert, der Trainer Andreas Bergmann am 21. November an der Seitenlinie ablöste und seitdem etwa 2,1 Zähler mit seinen Schützlingen holte. Sein Vorgänger war nur auf etwa 1,4 Zähler im Schnitt gekommen.

Stanislawski stoppte den freien Fall, disziplinierte die Mannschaft und gab ihr so die Kampfkraft zurück. Aber das allein ist nicht das Geheimnis des Erfolgs: Auch spielerisch hat der 37-Jährige sie auf Vordermann gebracht. Heute gilt der Liga-Primus als eine der spielstärksten Mannschaften der Klasse. Seine Handschrift ist auch im Spielsystem deutlich erkennbar, eine Art 4-4-2.

Stanislawski war 1993 als Spieler vom SC Concordia zum populären Nachbarn gewechselt und erlebte seitdem alle Höhen und Tiefen bei den Braun-Weißen mit. Seine größten Erfolge am Millerntor waren die beiden Aufstiege in die Bundesliga in den Jahren 1995 und 2001. 1997 und 2002 erlebte er als Verteidiger auch die beiden Abstiege zurück in die Zweite Liga. Eine seiner bittersten Stunden war als Aktiver der Abstieg in die Drittklassigkeit. Auf zwei Bundesliga-Tore brachte es der Verteidiger — eines davon erzielte er am 5. Oktober 1996 beim 3:0-Sieg seiner Paulianer gegen Fortuna.

2004 beendete er verletzt seine Karriere, wurde zunächst Vizepräsident, 2006 hauptamtlicher Sportchef und ist seit der Trainerübernahme in Doppelfunktion tätig. Als Coach scheint der beinharte Verteidiger von einst seine neue Bestimmung gefunden zu haben. Der Kumpel-Typ spricht die Sprache der Spieler und verfügt dennoch über Autorität.

Die Stärke der Mannschaft sind Kraft, Agressivität und Zusammenhalt. Sie kommt von unten, was sie in der Liga bislang vor Überheblichkeit und Selbstüberschätzung schützte. Nicht so allerdings im Oddset-Pokal, wo sie vor drei Wochen im Halbfinale nach 30 Siegen in Folge mit 1:3 beim Fünftliga-Spitzenreiter SC Victoria verlor. Davon hat sie sich längst erholt, erreichte am Wochenende in Unterzahl ein 0:0 beim VfL Osnabrück. Prunkstück der Mannschaft ist die Defensive um Kapitän Fabio Morena, die in der OsnatelArena bereits zum zehnten Mal in dieser Spielzeit ohne Gegentor blieb.

Im Angriff hat der 25-jährige Angreifer Morike "Mo" Sako seinen Bann gebrochen und beim jüngsten 3:0-Heimsieg gegen Ahlen seine ersten beiden Treffer erzielt. Stanislawski hatte den 2,02-Meter-Franzosen und ehemaligen Kickbocxer in der Winterpause günstig vom englischen Viertligisten Rochdale losgeeist.

Gegen Düsseldorf muss Pauli auf den für zwei Spiele gesperrten Florian Lechner verzichten, der am Samstag im Spiel beim VfL Osnabrück eine (unberechtigte) Rote Karte sah. Ein Fragezeichen steht hinter Mittelfeldspieler Fabian Boll, der an einer Knie- und Sprunggelenksverletztung laboriert. Jens Scharping fällt mit einem erneuten Muskelfaserriss für den Rest der Saison aus. Morike Sako hat seine Erkältung auskuriert.

Dass St. Pauli in den letzten drei Partien gegen die Topteams Erfurt (7.), Dresden (4.) und Magdeburg (2.) antreten muss, sieht Stanislawski als Vorteil. "Für die geht es um was, die haben Druck." Er freut sich auf die Partie gegen Fortuna und will für die 0:2-Niederlage aus dem Hinspiel Revanche. "Wir haben noch eine Rechnung offen", sagt Stanislawski. Aber der Trainer warnt auch vor Fortuna. "Die sind gefährlich, können bei uns ohne Druck aufspielen." Am Samstag kann der Club durch einen Dreier einen großen Schritt in Richtung Zweite Liga machen.

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