Interview mit dem Berliner Fortuna-Fanclub Havelpralinen "Fortuna ist jeden Cent wert"

Düsseldorf · Dirk Goldmann ist gebürtiger Berliner – und seit 1989 leidenschaftlicher Fortuna-Fan. Zusammen mit anderen Berliner Exil-Fortunen gründete er den Fanclub "Havelpralinen". Im Gespräch mit unserer Redaktion erzählt Goldmann über die Reizfigur Aleks Ristic, das Kribbeln vor dem Duisburg-Spiel und eine Siegesfeier am Brandenburger Tor.

Heimspiel in Berlin: Die Exil-Düsseldorfer
5 Bilder

Heimspiel in Berlin: Die Exil-Düsseldorfer

5 Bilder

Dirk Goldmann ist gebürtiger Berliner — und seit 1989 leidenschaftlicher Fortuna-Fan. Zusammen mit anderen Berliner Exil-Fortunen gründete er den Fanclub "Havelpralinen". Im Gespräch mit unserer Redaktion erzählt Goldmann über die Reizfigur Aleks Ristic, das Kribbeln vor dem Duisburg-Spiel und eine Siegesfeier am Brandenburger Tor.

Fortuna kann aus eigener Kraft noch Relegationsplatz drei erreichen. Gerade jetzt im Saisonschlussspurt ist die Unterstützung der Fans wichtig. Ganz Düsseldorf und Umgebung fiebert mit der Mannschaft mit. Doch auch außerhalb der Landeshauptstadt gibt es viele Fortuna-Fans - so wie die Berliner "Havelpralinen". Wir haben mit der "treibenden Kraft" des Fanclubs, Dirk Goldmann, gesprochen.

Brandenburger Tor und Flinger Broich trennen 553 Kilometer. Wie sehr fiebern die "Havelpralinen" mit der Fortuna mit?

Goldmann: Wir Berliner Fortunen fiebern genauso mit wie alle anderen Fans auch. Vielleicht sogar noch ein wenig mehr, weil wir ja nicht so nah dran sind wie die Heim-Fortunen. Gerade jetzt, wo es auf die Zielgerade geht und die Mannschaft noch Relegationsplatz drei erreichen kann.

Ihr Berliner Akzent verrät: Sie sind nicht in Düsseldorf geboren. Wie sind Sie denn zur Fortuna gekommen?

Goldmann: Stimmt, ich bin gebürtiger Berliner. Genauer gesagt Steglitzer, Jahrgang 1976. Steglitz liegt im ehemaligen Westteil. Hier gab es im Grunde nur Blau-Weiß oder Hertha. Bei Blau-Weiß hab ich selbst gespielt und Hertha ging gar nicht. Beim Durchstöbern des "kicker" bin ich 1989 bei Aleks Ristic, dem damaligen Trainer, hängen geblieben. Der war jede Woche für eine lustige Story zu haben, insbesondere was den Umgang mit seinen Spielern betraf. Das hat mich irgendwie fasziniert - und schon war ich bei der geilen, grauen Maus Fortuna hängen geblieben.

Wie haben sich die Berliner Fortunen zusammengefunden und vor allem: wie kam es zum Fanclub-Namen?

Goldmann: Das war Zufall. Die Berliner Exil-Fortunen haben sich bei diversen Auswärtsfahrten zu Regionalliga-Spielzeiten kennengelernt. Man suchte dann nach Mitfahrgelegenheiten zu Heim- und Auswärtsspielen, um Kosten zu sparen und noch mehr Spaß zu haben. Zunächst hießen wir SpreeElite, dann hat sich die Gruppe aufgeteilt. Aus Spaß hat sich ein Teil "Havelpralinen" genannt. Die Havel fließt durch Berlin. Den Namen fanden wir dann so gut, dass wir ihn behalten haben.

Wie groß ist die Gemeinde der Berliner Exil-Fortunen?

Goldmann: Die ist mittlerweile verdammt groß. In unserem E-Mail-Verteiler sind über 100 Namen. Die meisten sind echte Düsseldorfer, aber es gibt auch ein paar Berliner Fortunen so wie mich. Natürlich kommen nicht immer alle zu unseren Treffen. Aber einen harten Kern von rund 20 Leuten haben wir schon. Wir fahren zu den meisten Auswärtsspielen. Im Grunde haben wir ja nur Auswärtsspiele.

Gibt es noch andere Fortuna-Fanclubs in Berlin?

Goldmann: Ja, die eben erwähnte SpreeElite. Dann die Alten Freunde Berlin und die F95 Devils. Die beiden Letztgenannten bestehen mittlerweile aber nur noch aus zwei bis drei Leuten.

Ganz Düsseldorf drückt der Fortuna die Daumen. Bekommen Sie etwas von dem Hype mit?

Goldmann: Zu einhundert Prozent. Wir sind alle schon ganz aufgeregt, lesen die Presse. Als wir uns vor Wochen die Duisburg-Karten besorgt haben, hieß es schon, das Spiel sei fast ausverkauft. Da habe ich nur gedacht: "Wahnsinn!" Sofort war das Fortuna-Kribbeln da und die Vorfreude stieg.

Welches war das bisherige Fortuna-Highlight in dieser Saison?

Goldmann: Zwei Momente sind mir besonders in Erinnerung geblieben. Zum einen die Partie in St. Pauli, als wir 3:1 gewonnen haben. Ein grandioses Spiel. Und dann das DFB-Pokal-Spiel gegen Borussia Dortmund. Wir sind nach Düsseldorf gefahren, haben das ganze Drumherum erlebt. Waren schon Stunden früher im Stadion, aus Angst, der Anpfiff sei doch spontan vorverlegt worden. Im Stadion wussten wir: Wir sind wieder wer. Ausverkauftes Haus, der deutsche Meister als Gegner, grandiose Stimmung — das war einfach nur beeindruckend.

Möglich ist, dass Fortuna im Relegationsspiel auf Hertha BSC trifft. Ein Heimspiel für die Havelpralinen und gerade für Sie. Hat die "alte Dame" von der Spree überhaupt eine Chance gegen die "launische Diva" vom Rhein?

Goldmann: Das ist ganz schwer zu sagen. Hertha ist unberechenbar. Beim 3:3 in Leverkusen spielen sie großartig, vergeigen dann aber das so wichtige Heimmatch gegen den Tabellenletzten Kaiserslautern.

Haben Sie Kontakt zum Exil-Fortunen Michael Preetz (Manager bei Hertha, Anm. d. Red.)?

Goldmann: Ja, wir hatten ihm vor einiger Zeit eine E-Mail geschrieben, weil wir ihn zum Ehrenmitglied unseres Fanclubs küren wollten. Preetz hatte auch Interesse gezeigt und geantwortet, einen passenden Termin haben wir bisher leider nicht finden können. Er hat ja auch viel um die Ohren, schließlich geht es wieder mal gegen den Abstieg (lacht).

In den 90ern gab es im Rheinstadion ein Riesenbanner mit der Aufschrift "Liebe kann man nicht erklären". Wie viel Geld geben Sie für ihre Liebe Fortuna aus?

Goldmann: Ich will es gar nicht wissen. Im Grunde gebe ich ja jedes Wochenende Geld für Fortuna aus. Entweder für Auswärtsspiele oder für Kneipentreffen, wenn wir Fortuna schauen. Der Verein ist jeden Cent wert.

In Düsseldorf ist es seit einigen Jahren wieder "in", Farbe zu bekennen. Kinder tragen beim Kicken auf den Rheinwiesen Trikots von "Lumpi" Lambertz oder Sascha Rösler. Wie viele Autos mit Fortuna-Sticker haben Sie in Berlin schon gesehen?

Goldmann: Auch hier in Berlin hat sich einiges getan. Man sieht schon hin und wieder ein Auto mit Fortuna-Sticker. Ganz besonders merken wir das gestiegene Interesse über den Zuspruch, den der Fanclub erhält. Wir haben etliche Anfragen. Es werden immer mehr Leute.

Spieler und Trainer schwärmen von der Stimmung in der Arena. 31.000 Zuschauer besuchen die Spiele im Schnitt. Die Fans gelten als stimmgewaltig und begeisterungsfähig. Welches Bild hat der Berliner Fußball-Fan von der Fortuna und seinen Fans?

Goldmann: Früher hieß es bei den meisten Leuten in meinem Bekanntenkreis: "Fortuna — wo spielen die?" Jetzt wissen auch die Berliner, dass in Düsseldorf guter Fußball gespielt wird und im Stadion Bundesliga-Stimmung herrscht. Ich selbst mag die vielen Montagsspiele nicht, aber sie haben auch etwas Positives: Fortuna ist im Fernsehen und ganz Deutschland schaut zu. Das ist Werbung für Stadt und Verein. Das darf man nicht vergessen.

Neben Hertha ist der 1. FC Köln ein weiterer möglicher Relegationsgegner. Welche Vorstellung ist reizvoller: Hertha besiegen oder doch lieber den alten Rivalen FC?

Goldmann: Ich kann mir vorstellen, dass es für 99,9 Prozent der Fortunen aufregender wäre, Köln in die zweite Liga zu schießen. Für mich persönlich aber ist das Duell mit Hertha reizvoller. Mein Bruder ist Hertha-Fan und in den vergangenen Jahren hat er mich des öfteren aufs Korn genommen. Das wäre eine Genugtuung, sie in die zweite Liga zu befördern. Ich möchte meinen Bruder endlich leiden sehen. Und die Vorstellung, mit tausenden Fortunen den Auftaktsieg am Brandenburger Tor zu feiern, ist grandios.

Was machen Sie am 15. Mai gegen 22.20 Uhr?

Goldmann: Da werde ich irgendwo in der Düsseldorfer Altstadt den Aufstieg in die Bundesliga feiern. Zumindest hoffe ich das. Wenn ich schon die 600 Kilometer in die NRW-Landeshauptstadt fahre, dann auch um einen Sieg zu sehen.

(rpo/nbe/can/top/jco)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort