„Young Guns“ in Elversberg Wie Fortunas Trainer den Erfolg von der Bank holte
Analyse | Elversberg/Düsseldorf · Um Wortkreationen ist Daniel Thioune nie verlegen. Nach dem 5:0 bei der SV Elversberg prägte er den Begriff „Young Guns“ – frei nach dem US-Western von 1988. Nur dass seine Helden keine Colts trugen, sondern Fußballschuhe. Was sich für den Trainer verändert hat. Welche neue Qualität es gibt.
Sicher war dieses Spiel nicht der Maßstab für das Leistungsvermögen der Düsseldorfer Fortuna. Dafür war Gastgeber SV Elversberg zumindest an diesem Tag zu überfordert und mit sich selbst beschäftigt. Und dennoch muss man auch erst einmal auswärts ein 5:0 in die Bücher schreiben. Für den einen oder anderen im Team war es vor allem eine ideale Gelegenheit, Selbstvertrauen zu sammeln. In einem ambitionierten Team, und das ist mehr als eine Floskel, wird im Laufe einer langen Saison jeder gebraucht.
Doch genau über diese Möglichkeiten, während eines Spiels zu reagieren und von der Bank aus neue Impulse zu setzen, verfügte Fortuna lange nicht. Aktuell jedoch ist Cheftrainer Daniel Thioune tatsächlich in der Lage, genau das zu tun – und das auf einigen Positionen. Vor allem in der Offensive verfügt er nach den kürzlich über die Bühne gegangenen Transfers endlich über die Variabilität, sein Spiel in zwei Wellen anzulegen.
Er hat Standardkräfte in seinen Reihen, die sehr verlässlich seinen Spielplan umsetzen. Und er hat in der Hinterhand so etwas wie eine Spezialeinheit mit Typen wie Jona Niemiec oder auch Zugang Dennis Jastrzembski, die ihm eine Qualität geben, die sonst nicht überdurchschnittlich vorhanden ist: Schnelligkeit.
„Dennis ist in Mach 3 unterwegs“, hat der 49-Jährige nach der Verpflichtung des früheren Berliners gesagt. „Der kann in jeder Tempo-30-Zone geblitzt werden.“ Beim fünften Treffer am Samstag bewies Jastrzembski das, als er einen langen Pass von Torhüter Florian Kastenmeier so ansaugte, als habe er Sekundenkleber an den Schuhen, und dann mit einem Sprint Christos Tzolis‘ perfekt vorlegte.
Stichwort Tzolis: Auch der 21-jährige Grieche kam erst nach 68 Minuten von der Bank, schnürte dann gleich einen Doppelpack. Und die Mittelfeldspieler Isak Johannesson (20) und Yannik Engelhardt (22) standen zwar von Beginn auf dem Platz, gaben aber ihr Startelf-Debüt in der Liga – um dann als Schaltzentralen-Trio gemeinsam mit Shinta Appelkamp (22) die Elversberger nach allen Regeln der Kunst zu zerlegen.
Thioune ist ja immer wieder um Wortkreationen bemüht – und auch diese drei inspirierten ihn zu einer solchen. „Da ist mir als Trainer das Herz aufgegangen. Heute waren die jungen Wilden dran, ich hatte heute die ‚Young Guns‘ im Mittelfeld“, schwärmte er. „Das ist risikobehaftet, aber es hat unfassbar viel Spaß gemacht, das zu sehen. Dass sie zielstrebig nach vorne spielen, aber auch in der Lage sind, defensiv stabil zu sein.“
Doch Thioune dachte auch schon weiter. „Sie waren gestern die beste Besetzung für das, was wir gegen Elversberg spielen konnten und wollten“, kommentierte er am Tag danach. „Ob es die beste Besetzung gegen den Hamburger SV oder Hannover 96 ist, das wird man dann sehen. Die Jungs werden auch bestimmt mal wieder stolpern, dafür sind es eben auch junge Spieler. Sie haben unfassbares Potenzial, alle drei – damit habe ich viel Fantasie.“
Insgesamt ließ Thioune keinen Zweifel daran, dass ihn die Vorstellung von Elversberg und vor allem die Erkenntnis, endlich mehr Möglichkeiten zu haben, ziemlich behaglich stimmt. „Wir haben es wahrscheinlich zum ersten Mal in meiner Amtszeit geschafft, ein Spiel über komplette 90 Minuten – ah, sagen wir 87 Minuten, die ersten drei Minuten waren nicht so kontrolliert, da haben wir diesen Konter bekommen – aber dann den Rest komplett zu kontrollieren“, sagte er. „Ich freue mich einfach über den Gesamtvortrag.“ Und über sein neues Bank-Guthaben.