Aufregung um Votum Warum Fortuna bei DFL-Investoren-Entscheidung so abgestimmt hat
Analyse | Düsseldorf · In den Sozialen Netzwerken hat eine Mitteilung von Fortuna große Irritationen ausgelöst. Hat sich der Verein tatsächlich für ein Investoren-Modell bei der DFL ausgesprochen? Was angeblich wirklich gemeint war. Warum es zu einer kurzfristigen Änderung des Wahlverhaltens gekommen ist.

So aufgebracht sind Fortunas Fans nach Abstimmung bei DFL-Investoren-Entscheidung
Am Ende eines langen Tages sagt Hans-Joachim, genannt Aki, Watzke, einen Satz, den er vermutlich selbst nicht ganz ernst gemeint hat. „Manchmal“, sagt also der Aufsichtsratschef der Deutschen Fußball-Liga (DFL), „ist das Leben auch einfach. Das ist Demokratie. Es gab eine klare Mehrheit, aber nicht die, die wir haben wollten. Von daher ist ab heute das Thema beendet.“
Natürlich ist es das nicht. Und dies verdeutlicht er auch, in dem er recht unverhohlen die verbale Keule schwingt und das Große und Ganze in Frage stellt: „Es sollte in der nächsten Zeit niemand mehr mit Solidaritätsthemen kommen." Demokratie eben, oder was er darunter versteht.
Die Pläne der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zur Beteiligung eines Investors an den Medienrechten scheiterten am Mittwoch auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung in Frankfurt, wie Watzke einräumte. Mit 20 Ja- und elf Nein-Stimmen bei fünf Enthaltungen verfehlte die DFL die nötige Zweidrittel-Mehrheit.
Für eine Finanzspritze von rund zwei Milliarden Euro sollte ein Finanzinvestor mindestens für 20 Jahre mit 12,5 Prozent an den Erlösen aus der medialen Vermarktung der Fußball-Bundesliga beteiligt werden. Zuletzt waren noch die Investoren Advent, CVC und Blackstone im Rennen.
Es ging allerdings in dem schließlich abgestimmten Antrag eigentlich nicht um eine Ja-oder-Nein-Abstimmung zum Thema Investor. Der war zu diesem Zeitpunkt bereits zurückgezogen worden. Wäre er in dieser Form auf die Tagesordnung gekommen, hätte Fortuna gemäß vorheriger Absprachen mit „Nein“ gestimmt – also gegen ein Investoren-Modell. An dieser Stelle könnte die Geschichte enden und man hätte sich viel Ärger erspart. Doch es kam anders und damit nahm auch das Unheil für Fortuna seinen Lauf.

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Denn nun ging es eben nicht um diese Entscheidung. Abgestimmt wurde aber auch nicht über etwas komplett anderes, wenngleich die Stoßrichtung sich deutlich verändert hat. Doch das ging in dem Getöse um Milliarden und Investoren komplett unter und auch Fortuna geriet mit einem missverständlichen Tweet bei Twitter in diesen Sog.
Und so vermeldete eine Nachrichtenagentur: „Zweitligist Fortuna Düsseldorf hat am Mittwochabend seine Ja-Stimme für den letztlich abgelehnten Investoren-Deal der Deutschen Fußball Liga (DFL) verteidigt. Es habe in der Debatte einen Konsens gegeben, ,dass wir im Sinne des Fußballs Veränderungen benötigen, um die Liga zukunftsfähig aufzustellen’, schrieb der Klub bei Twitter und erklärte kurz darauf in einem zweiten Tweet: ,Wir haben also mit ,ja’ gestimmt, um die wichtigen Kritikpunkte konstruktiv einbringen zu können.“
Fortuna wähnt sich falsch verstanden und hat doch an dieser Missinterpretation maßgeblichen Anteil. Richtig ist, Fortuna hat mit „Ja“ gestimmt für den kurzfristig neu eingebrachten Antrag der DFL, der die Möglichkeit geschaffen hätte, weiter in den Austausch miteinander zukommen und offene Fragen zu klären.
In einem Statement des Vorstands heißt es: „Wir hätten als Fortuna – nach Rücksprache mit unserem Aufsichtsrat und Fanvertretern – dem ursprünglichen Vorschlag der DFL nicht zugestimmt. Es gab in der heutigen Debatte aber weiterhin einen Konsens darüber, dass wir im Sinne des Fußballs Veränderungen benötigen, um die Liga zukunftsfähig aufzustellen. Da die Entwicklung der Liga auch unmittelbare Folgen für unsere Fortuna hat, hätten wir weiter an einem Prozess gearbeitet, um die vielen richtigen und wichtigen Kritikpunkte der Fußballfans konstruktiv einzubringen.

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Und weiter: „Neben unserem eigenen Weg „Fortuna für alle“ ist uns die Solidarität der 36 Klubs im Ligaverband wichtig – auf den beiden Säulen der zentralen TV-Vermarktung und der Beibehaltung der 50+1-Regel.“ Vorstandschef Alexander Jobst und Finanzboss Arnd Hovemann haben Fortuna in Frankfurt vertreten. Sportvorstand Klaus Allofs war in Düsseldorf geblieben um sein frisch operiertes Knie zu schonen – er war am Abend bei einem Mitgliederforum und beantwortete dort Fragen.
Also alles klar? So einfach ist es leider manchmal nicht. Denn tatsächlich musste man die Abstimmung in einem Flughafenhotel in Frankfurt dann doch mehr als eine Richtungsentscheidung auffassen. Jedenfalls mehr, als es Fortuna nun versucht einzuordnen.

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Schließlich ging es laut Watzke und Interimsgeschäftsführer Axel Hellmann bei dem Antrag um die „grundsätzliche Bereitschaft" (Hellmann) einen Investor an den Medienrechten zu beteiligen. Gleichzeitig schlossen beide deutlich die Finanzierungsform des Fremdkapital aus (Watzke: „Ich persönlich würde das niemals machen"). Es mag also sein, dass Fortuna in der Zukunft sich anders bei einer Abstimmung verhalten hätte. Doch das Signal für den Moment muss man mindestens in Kauf genommen haben.
Hellmann erklärte, dass die Abstimmung für die zweite Phase des Investors bewusst mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt wurde. Diese wäre nach Regularien der DFL erst bei der finalen Entscheidung über den Investor notwendig gewesen. Auf diese Weise wollte man unnötigen Aufwand und Kosten vermeiden. Auch die Zuspitzung von Medienvertretern auf der Pressekonferenz, dass die Abstimmung Pro oder Contra Investor war, ließen beide unwidersprochen stehen.

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Warum auch nicht? Genau darum ging es bei der Abstimmung. In einer Pressemitteilung des FC St. Pauli heißt es wortwörtlich: „(...) Lediglich 20 Klubs stimmten für einen Antrag des DFL-Präsidiums und der DFL GmbH, den Prozess zu dem Investoreneinstieg wie vorgeschlagen weiter zu verfolgen.“ Also viele außer Fortuna haben die Abstimmung offenbar etwas anders verstanden.
Jetzt aber alles klar? Immer noch nicht ganz. Fortuna wollte sich also lediglich eine Tür offenhalten, um „den dringend notwendigen Austausch weiter zu ermöglichen“ (O-Ton Jobst). Wäre es zu einer finalen Abstimmung drei Monate später gekommen, wie im Kompromiss-Papier, festgehalten, so heißt es, hätte Fortuna den Einstieg eines Investors abgelehnt.

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Andererseits kann man schon die Frage stellen, für was weiter Gedanken austauschen? Schließlich hätte genau dieser Prozess vor allem viel Geld gekostet. Im Rahmen solcher Wege kommen schnell eine Millionen Euro und mehr für Berater und andere Kosten zusammen. Warum also dieses Geld ausgeben, wenn am Ende ein „Nein“ steht? Nur um Watzke und Co. den guten Willen zu dokumentieren?
Wer Fortuna in einer verräterischen Rolle wähnt, verkennt allerdings komplett, warum das Ganze überhaupt gescheitert ist. Das lag nämlich weniger an der Sache, für die sich unter anderen Umständen wahrscheinlich eine notwendige Mehrheit gefunden hätte. Das lag vor allem an den chaotischen Zuständen an der Spitze der DFL. Nach dem Missverständnis Donata Hopfen als Nachfolgerin des ultimativen Strippenziehers Christian Seifert ist es zu einem gefährlichen Machtvakuum gekommen.
Watzke und die Interims-Geschäftsführung um Hellmann und Oliver Leki waren sich ihrer Sache so sicher, dass sie erst gar nicht den Versuch unternommen haben, auf breiter Basis einen Konsens herzustellen. Das Geld war letztlich mehr Abschreckung denn Verlockung. Nun wird man allerdings nicht der Illusion verfallen können, es sei ein Schlusspunkt gesetzt. Das war gerade erst der Anfang. Es wird selbstredend weitere Anläufe und vor allem Ansätze geben.
Für Fortuna bleibt aber nun mindestens ein Kommunikationsdesaster zurück. Durch die Unsauberkeiten in der Darstellung ist schlimmstenfalls viel Vertrauen in den eigenen Reihen kaputtgegangen und Unsicherheit geschürt worden. Ausgerechnet in einer Aufbruchphase, in der man mit „Fortuna für alle“ ein völlig neues Kapitel im Profifußball schreiben will. An dieser Stelle muss sich Jobst und sein Team die Kritik gefallen lassen – und eben durch ihr Handeln und nicht Worte deutlich machen, wo sie stehen. Jetzt. Und in Zukunft.