„Entscheidung völlig unverhältnismäßig“ Fortuna-Arzt empört über Astrazeneca-Stopp

Exklusiv | Düsseldorf · Der Mediziner Ulf Blecker kann nicht verstehen, warum auch in Deutschland die Impfung gegen das Coronavirus mit Astrazeneca ausgesetzt worden ist. Was den 58-Jährigen so wütend macht, was er der Politik vorwirft und was er jetzt erwartet.

Fortuna Düsseldorf: Das ist Mannschaftsarzt Dr. Ulf Blecker von F95
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Das ist Ulf Blecker

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Foto: dpa/Christof Stache

Ulf Blecker ist in der Sportbranche eine Institution. Seit Jahrzehnten betreut er Spitzensportler – darunter Tennisstar Angelique Kerber. Mannschaftsarzt von Zweitligist Düsseldorf ist er ebenfalls schon seit Jahren. Wenn Fortuna ein Pflichtspiel hat, steht Blecker normalerweise 90 Minuten bereit, sofort auf den Platz zu rennen, wenn ein Spieler ihn braucht. Beim Auswärtsspiel von Fortuna beim 1. FC Heidenheim Ende Februar fehlte der 58-Jährige allerdings.

Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärte der Orthopäde seinen Ausfall: „Ich habe mich am Freitag gegen Corona impfen lassen. Danach war ich etwas angeschlagen und es wäre einfach nicht vernünftig gewesen, nach Heidenheim zu reisen.“ Blecker hatte den Impfstoff von Astrazeneca bekommen. Er sagt: „Mir ist wichtig, deutlich zu sagen: Es hat sich um eine ganz normale Impfreaktion meines Körpers gehandelt. Es ist kursiert ja aktuell so viel Humbug in der Welt – jeder, der die Chance dazubekommt, sollte sich auf jeden Fall auch impfen lassen.“ Und das sieht er auch nach der kurzfristigen Aussetzung von Impfungen mit Astrazeneca ganz genauso.

Aufgrund einer aktuellen Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts setzt die Bundesregierung die Corona-Impfungen mit Astrazeneca vorsorglich aus. Nach rund 30 Meldungen von Hirnvenen-Thrombosen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung in Deutschland und Europa hält das Institut weitere Untersuchungen für notwendig. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA werde entscheiden, ob und wie sich die neuen Erkenntnisse auf die Zulassung des Impfstoffes auswirken, hieß es. Seit einigen Tagen hatten bereits mehrere europäische Länder das Vakzin von Astrazeneca vorerst nicht mehr geimpft.

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 Blecker erzürnt dieses Vorgehen regelrecht. „Als Mediziner kannst du da nur noch die Hände über den Kopf zusammenschlagen“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. „Durch diesen Impfstoff könnten Millionen Menschen gerettet werden. Durch das Aussetzen der Impfung können viele nicht gerettet werden. Es mag Fälle geben, bei denen es zu höchst bedauerlichen Nebenwirkungen gekommen ist. Aber über welche Größenordnung reden wird da? Diese Debatte ist komplett scheinheilig, wenn man bedenkt, welche Mittel sonst, ohne mit der Wimper zu zucken, tagtäglich millionenfach verschrieben werden – und wo die zu erwarteten Risiken deutlich höher liegen.“

Es wolle nicht in seinen Kopf, dass sich die Politik derart treiben lasse. „Das ist eine Tragödie“, sagt Blecker. „Diese Mittel sind intensiv getestet worden. Mittlerweile sind alle so verunsichert, dass es gefährliche Züge annimmt. Panik hat einen noch nie vorangebracht. Ich kann verstehen, dass es Skepsis gibt, aber wir dürfen nicht in komplette Hysterie verfallen. Es gilt immer eine Abwägung zu treffen, ob etwas mehr nutzt oder schadet.“

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