Fortunas Reinhold Ernst im Interview "Ich lebe den Vereinsgedanken"

Reinhold Ernst ist seit 20 Monaten Aufsichtsratsvorsitzender der Fortuna. Im November wird er sich bei der Mitgliederversammlung zur Wiederwahl stellen. Im Trainingslager in Maria Alm sprach er über die künftige Zusammensetzung des Kontrollgremiums und die sportlichen Aussichten.

 Der Aufsichtsratschef sucht im Trainingslager im österreichischen Maria Alm das Gespräch mit Fans und Mitgliedern.

Der Aufsichtsratschef sucht im Trainingslager im österreichischen Maria Alm das Gespräch mit Fans und Mitgliedern.

Foto: Christof Wolff

Was macht ein Aufsichtsratsvorsitzender am besten, wenn er ins Trainingslager kommt?

Reinhold Ernst Sich unauffällig einfügen und den Betrieb ganz normal laufen lassen.

Was glauben Sie, was in dieser Saison sportlich möglich ist?

Ernst Das Saisonziel geben Vorstand und sportliche Leitung aus. Wir als Aufsichtsrat sind in Diskussionen natürlich eingebunden. Lassen Sie mich so sagen: Wir sind jetzt so aufgestellt, dass wir uns ehrgeizigere Ziele setzen können.

Wie sehen Sie denn die Entwicklung Fortunas?

Ernst Man muss ganz realistisch sehen, dass es seit der Bundesliga-Saison 2012/13 sportlich und wirtschaftlich immer abwärts ging. In der vorigen Saison ging es erst einmal um eine Bodenbildung, das heißt darum, die Basis zu schaffen, von der aus wir nun Schritt für Schritt nach vorn gehen können.

Gilt das auch für die Vereinsführung?

Ernst Wir hatten auch dort eine Umbruchphase nach Dirk Kall und Helmut Schulte. Ich bin froh, dass wir im Vorstand gut aufgestellt sind. Sofern Sie auch Personalien unterhalb dieser Ebene ansprechen: Das ist Sache des Vorstands.

Auch in Sachen Sportdirektor?

Ernst Ja. Es stimmt, wir suchen einen Sportdirektor, aber auch hier liegt die Auswahl in der Verantwortung des Vorstands. Fortuna hat ja mit Erich Rutemöller bereits einen Sportvorstand.

Aber der Aufsichtsrat sieht dabei doch sicher nicht tatenlos zu?

Ernst Uns geht es um ein plausibles Konzept, das wir intensiv begleiten. Soweit wir darüber hinaus mit Kontakten helfen können, tun wir das natürlich, betreiben aber nicht selbst die Personalauswahl.

Wie würden Sie die Arbeit im Aufsichtsrat denn allgemein beschreiben?

Ernst Wir stehen als Aufsichtsrat gemeinsam für einen klaren Kurs. Wichtig ist uns dabei ein transparenter Austausch mit Mitgliedern und Fans.

Was ist in diesem Zusammenhang mit der Online-Petition, die sich gegen Ihre Person richtete. Sehen Sie es als Bestätigung Ihres Kurses an, dass sich dieser nur sehr wenige Mitglieder anschlossen?

Ernst Nein, so hoch möchte ich diese Sache gar nicht hängen, zumal einige Unterstellungen darin sachlich falsch waren. Wir können als Gremium unabhängig davon selbstbewusst nach vorn schauen und werden uns auf der Mitgliederversammlung im Herbst den Mitgliedern stellen. Ich habe großes Vertrauen, dass diese sich ein eigenes Bild von unserer Arbeit machen.

Nun ist einer Ihrer Amtsvorgänger, Burchard von Arnim, vor drei Jahren mit einigen Gremiumskollegen überraschend abgewählt worden. Haben Sie keine Bedenken, dass so etwas erneut geschehen könnte?

Ernst Ich habe die Mitwirkung der Mitglieder und ihre Sorgen und Meinungen immer sehr ernst genommen. Wir werden als Aufsichtsrat vor der Versammlung Rechenschaft ablegen, und dann werden die Mitglieder entscheiden. Ich habe nie etwas anderes gewollt, weil ich den Vereinsgedanken lebe und Fortuna auf der Grundlage unserer Vereinsstruktur weiter nach vorne bringen möchte.

Also eine klare Absage an ein Investorenmodell?

Ernst Das ist für uns nie ein Thema gewesen. Wenn ein Klub sich für einen Investor entscheidet, will er damit häufig Fehler der Vergangenheit kaschieren. Das betrifft oft Klubs, die sich nicht die Zeit genommen haben, sich anderweitig zu entwickeln. Strukturelle Verbesserungen, etwa der Einnahmenseite, kommen ja nicht über Nacht. Das bedarf intensiver Arbeit, wie sie zum Beispiel der Vorstand um Robert Schäfer bei der Verhandlung eines neuen Arena-Vertrages leistet. Und natürlich müssen wir auch an den anderen Fundamenten des Vereins arbeiten.

Zum Beispiel?

Ernst Ein zentrales Projekt ist natürlich der Bau des Nachwuchsleistungszentrums.

Der zunächst einmal Geld kostet …

Ernst Aber es geht überhaupt kein Weg daran vorbei. Wir haben gezeigt, dass wir willens sind, eigene Jugendspieler nach oben zu ziehen. NLZ-Leiter Frank Schaefer und Erich Rutemöller leisten in den strukturellen Themen der Nachwuchsarbeit eine tolle Arbeit, aber diese muss durch den Bau flankiert werden.

Zurück zum Aufsichtsrat: Er wird sein Gesicht definitiv verändern, da Marcel Kronenberg und Albrecht Woeste nicht erneut kandidieren. Zudem laufen die Mandate dreier bestellter Mitglieder bis Mai aus. Auch hier also ein Umbruch?

Ernst Es mögen sich Namen ändern, aber ich bin zuversichtlich, dass wir nach der Mitgliederversammlung wieder ein Team haben werden, das gut zusammenarbeitet. Geschlossenheit bekommt man allerdings nicht in den Schoß gelegt, die muss man sich erarbeiten.

Es heißt, dass Martina Voss-Tecklenburg sportliche Kompetenz in den Aufsichtsrat bringen soll.

Ernst Der Wahlausschuss ist für die Kandidaten-Auswahl zuständig, und er arbeitet eigenständig und unabhängig. Wir stehen mit ihm zwar im Austausch über abstrakte Fragen, zum Beispiel, ob mehr sportliche Kompetenz im Aufsichtsrat förderlich wäre. Die Gespräche, die der Wahlausschuss führt, bleiben aber vertraulich.

Eine Mitgliederversammlung kann immer eine Eigendynamik entwickeln. Warum lassen Sie sich nicht vom Wahlausschuss bestellen, sondern gehen das Risiko einer möglichen Abwahl ein?

Ernst Der Aufsichtsratsvorsitzende eines Vereins sollte grundsätzlich von den Mitgliedern gewählt sein, das ist mein Selbstverständnis. Ich möchte das Mandat der Mitglieder haben, ich werbe um ihr Vertrauen. Das habe ich schon bei meiner ersten Kandidatur 2008 so gehalten, daran hat sich nichts geändert.

(jol)
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