Fortunas Sportdirektor Rachid Azzouzi "Ich würde mir ein bisschen mehr Sachlichkeit wünschen"

Belek · Rachid Azzouzi hat derzeit bei den Fans von Fortuna Düsseldorf nicht den besten Stand. Der Sportdirektor spricht im Interview mit unserer Redaktion über Verstärkungen für die Offensive und warum ihm der Job trotz der Kritik viel Spaß macht.

Rachid Azzouzi: Ex-Sportdirektor von Fortuna Düsseldorf
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Das ist Rachid Azzouzi

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Foto: Falk Janning

Wann immer man Sie hier in Belek trifft — Ihr Handy haben Sie fast immer am Ohr, oder?

Rachid Azzouzi Tja, das stimmt wohl. Wir arbeiten natürlich daran, noch Verstärkungen zu finden, aber es muss auch passen. Und auf dem Transfermarkt ist es jetzt erst richtig losgegangen.

Für welche Positionen suchen Sie konkret?

Azzouzi Auf den offensiven Außenbahnen und ganz vorn. Wobei jemand, den wir für außen holen, in einem 4-2-3-1-System am besten alle drei offensiven Positionen beherrschen sollte.

Zoltan Stieber vom HSV wäre ein solcher Spieler gewesen. Warum hat es nicht geklappt mit dem Transfer?

Azzouzi Letztlich hat ihn offenbar die sportliche Perspektive in Nürnberg mehr gereizt. Dort kann er den Relegationsplatz erreichen oder sogar den direkten Aufstieg — wobei das sehr schwer wird, da sich Leipzig und Freiburg schon etwas abgesetzt haben.

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In Fortunas Defensivabteilung bleibt alles, wie es ist?

Azzouzi Ja. Die letzten Ligaspiele im alten Jahr haben gezeigt, dass wir stabiler geworden sind. Deshalb haben wir aus den jüngsten neun Partien auch 14 Punkte geholt. Jetzt geht es darum, mutiger zu werden. Und natürlich darum, mehr Tore zu schießen. Aber da sind nicht nur die Stürmer, da ist die gesamte Mannschaft gefragt.

Gibt Ihnen die Entwicklung der jungen Angreifer Ihlas Bebou und Emmanuel Iyoha aus dem eigenen Nachwuchs Hoffnung?

Azzouzi Auf jeden Fall. Ihlas ist auf einem sehr guten Weg. Er ist ja ein sehr ruhiger Vertreter, aber jetzt kommt er immer mehr aus sich heraus. Und Emma bringt in jedem Training seine Leistung.

Hat es Sie überrascht, wie schnell Iyoha mit seinen 18 Jahren Anschluss gefunden hat?

Azzouzi Wir haben Emma im Sommer mittrainieren lassen und schnell gemerkt, welch ein Talent er ist. Er bringt alles mit, was ein Stürmer braucht, Schnelligkeit, Technik, einen guten Schuss. Ema hat viel Perspektive. Deshalb muss ich als Sportdirektor auch aufpassen, dass ich ihm durch Transfers nicht alle Chancen verbaue. Wenn ich eine Idee von einem Verein habe, muss ich ihr auch folgen. Andererseits darf ich einem 18-Jährigen auch nicht die komplette Verantwortung aufbürden.

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Neuverpflichtungen soll es dennoch geben. Setzen Sie da eher auf kurzfristigen Erfolg oder auf Perspektive?

Azzouzi Im Idealfall auf beides. Natürlich muss uns ein Spieler sofort helfen können, das ist das Problem bei Wintertransfers. Aber wir denken auch über das Saisonende hinaus. Ich bin überzeugt, dass wir mit dem bestehenden Kader die Klasse halten. Aber es wäre fahrlässig, jetzt nicht alle Optionen zu nutzen.

Durch die sportliche Talfahrt gab es viel Kritik an Fortuna. Haben Sie den Entschluss, nach Düsseldorf zu kommen, schon mal bereut?

Azzouzi Niemals. Ich habe früher auf St. Pauli gearbeitet, dort war es auch nicht einfach. Beides sind Traditionsvereine, die viel Aufmerksamkeit erregen, die viele Fans haben. Wenn man dorthin wechselt, muss man mit den Ansprüchen und der Erwartungshaltung klarkommen. Ich habe es als Ehre angesehen, als Fortuna bei mir anfragte, und trotz der holprigen Hinrunde macht mir die Arbeit superviel Spaß.

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Auch Sie haben einiges an Kritik abbekommen…

Azzouzi Wissen Sie, ich habe am 10. Juni meinen Vertrag unterschrieben. Bevor man die Arbeit eines Sportdirektors wirklich beurteilen kann, braucht er schon die eine oder andere Transferperiode. Ich würde mir manchmal ein bisschen mehr Sachlichkeit wünschen. Aber es ist okay, da ich das Vertrauen des Vorstands und auch des Aufsichtsrats spüre. Ich habe ihnen unseren Weg aufgezeigt, und wir gehen ihn gemeinsam.

Wie sehen Sie die weitere Entwicklung Fortunas?

Azzouzi Ich freue mich darauf, weil man ja auch sehen muss, wo der Verein herkommt. Es ging lange nur nach oben, jetzt gibt es mal eine Delle. Aber auch im Leben geht es nicht immer nur bergauf. Wenn man das im Fußball unbedingt will, dann muss man Bayern-Fan werden. Aber Bayern München ist nicht das wahre Leben.

BERND JOLITZ FÜHRTE DAS GESPRÄCH IN FORTUNAS TRAININGSLAGER IN BELEK/TÜRKEI.

(jol)
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