Fortunas Fink im Interview „Habe keinen Bock, die Schuhe an den Nagel zu hängen“
Marbella · Trotz seiner 36 Jahre fühlt sich Oliver Fink noch absolut fit. Im Trainingslager in Marbella spricht der „wichtigste Spieler Fortunas“ über Teamgeist, Fitness und seinen Wunsch nach einer Vertragsverlängerung.
Es war ein fast schon zu kitschiges Ende des tollen Fortuna-Jahres 2018: Ausgerechnet der lange Zeit verletzte Kapitän schießt in letzter Minute das Tor zum 1:0-Sieg in Hannover und vollendet die perfekte Woche vor Weihnachten. Gemeinsam mit dem Team schuftet der Kapitän in Marbella für die Rückrunde. Im Trainingslager in Marbella spricht Oliver Fink nun über Teamgeist, die Hinrunde, Fitness und seinen Wunsch nach einer Vertragsverlängerung.
Ist die Woche hier in Marbella ein Trainingslager, das ausnahmsweise mal Spaß macht, weil oft der Ball im Spiel ist?
Oliver Fink Die Pause war ja sehr kurz, da haben wir nicht viel verloren. Da ist jetzt mal nicht unbedingt Konditionbolzen angesagt. Es tut gut, zu wissen, dass der Ball dabei ist.
Haben Sie den Eindruck, dass sich die Mannschaft über die Hinrunde verbessert hat?
Fink Auf jeden Fall! Wir haben gezeigt, dass wir flexibel agieren können, auch mit den Großen auf Augenhöhe sein können. Natürlich spielst du die nicht an die Wand, oder du hast nicht viel Ballbesitz. Aber du kannst trotzdem mit deinen Tugenden konkurrenzfähig sein. Es waren wenig Spiele dabei, nach denen du gesagt hast: ,Okay, da war nichts zu holen.‘ Wenn wir es auch in der Rückrunde schaffen, all das auf den Platz zu bringen, haben wir gute Chancen, in der Liga zu bleiben.
Wie haben Sie die Entwicklung in der ersten Saisonhälfte erlebt?
Fink Wir haben hier sehr viel Zeit, uns auf Fußball zu konzentrieren. Und dann machst du dir auch viele Gedanken: Was war in der Vergangenheit los? Welches Ende es dann für uns alle gefunden hat, das ist eigentlich übertrieben kitschig, fast ein kleines Märchen. Ich war lange verletzt, wusste nicht, ob ich überhaupt noch einmal zurückkomme. Dann sind es trotzdem sieben Spiele geworden – und dann hatten wir als Mannschaft diese sensationelle Woche. Dadurch hatten wir eine Super-Stimmung in der Winterpause – und auch im Trainingslager jetzt. Du bist top-motiviert, weil du weißt, dass du dich trotzdem noch in vielen Bereichen verbessern kannst. Diese Woche vor Weihnachten war unglaublich wichtig für uns.
Müssen Sie da als Kapitän eingreifen, dass nicht so etwas wie Euphorie entsteht?
Fink Nein, das muss ich nicht. Jeder hat Spaß hier, jeder hat Bock darauf, weiß aber genau, worum es geht. Wenn wir jetzt mit nur neun Punkten in die Rückrunde gegangen wären, dann wäre alles sehr verbissen gewesen. Dann hätte es noch mehr Druck gegeben, es wäre verkrampft gewesen und jeder hätte gedacht: Du musst jetzt! Wir sind zwar in einer komfortablen Situation, aber wir werden nicht bequem sein. Und nicht denken, dass es jetzt von alleine geht.
In der Bundesliga-Saison 2012/2013 waren es sogar 21 Punkte nach der ersten Saisonhälfte…
Fink Da hatten wir viele Zugänge in der Winterpause, da sind dann auch ein paar Sachen schiefgelaufen. Das würde uns jetzt nicht mehr passieren. Im Umfeld, was die Trainingssteuerung angeht, ich glaube, dass wir mittlerweile einfach besser aufgestellt sind. Bei uns ist jetzt auf allen Positionen – sowohl im Team, als auch drum herum, viel mehr Manpower da.
Ist Fortuna durch die Aufholjagd am Ende des Jahres nun nicht mehr Jäger, sondern Gejagter?
Fink Das sehe ich eigentlich nicht so. Wir jagen nach wie vor den Punkten hinterher. Unabhängig davon, ob Mannschaften vor uns oder hinter uns stehen. Es geht darum, so viele Punkte wie möglich zu sammeln, um am Ende über dem Strich zu stehen.
War Ihnen im Sommer klar, dass es – auch aufgrund der schweren Verletzung – Ihre letzte Saison sein könnte?
Fink Natürlich denkst du mit 36 Jahren daran, dass es irgendwann einmal zu Ende sein wird. Es ist aber nach der Verletzung direkt wirklich gut gewesen – und momentan auch. Und weil das so ist, habe ich eigentlich keinen Bock darauf, nächste Woche die Schuhe an den Nagel zu hängen. Ich habe aber auch viel dafür getan, als ich verletzt war – nicht nur Däumchen gedreht und gewartet, dass es besser wird. Mit unserem Athletiktrainer Robin Sanders hatte ich fast schon einen Mentor an meiner Seite, der mir im Fitnessbereich noch mal sehr viele neue Impulse gegeben hat. Deshalb ist es jetzt so stabil. Ich fühle mich nach wie vor richtig gut.
Wenn es dann nach einem Comeback so gut läuft – ist da in Ihrem Alter auch eine Portion Genugtuung dabei?
Fink Nein, das liegt mir fern. Ich freue mich einfach, dass es so ist, wie es ist. Bei mir ist es nicht so, dass ich etwas daraus ziehen könnte, wenn ich andere ärgere.
Wie erleben Sie es, dass sie als älterer Profi noch so gut mithalten können?
Fink Das ist sicherlich einerseits von Gott gegeben, dass ich die körperlichen Voraussetzungen habe für diesen Beruf. Es steckt allerdings auch viel Arbeit drin. Da geht es um Ernährung, da geht es um Trainingseinheiten, die man zusätzlich absolviert. Das habe ich immer gemacht - und davon zehre ich jetzt. Das fing damals mit unserem früheren Athletiktrainer Dirk Schauenberg an, da sind wir zweimal die Woche nach Neukirchen-Vluyn gefahren, um zusätzliche Einheiten zu machen. Da wurde ein Fundament gelegt, von dem ich heute noch profitiere. Ich habe über die Jahre viel mitgenommen, was mir jetzt hilft, den Status Quo zu behalten.
Müssen Sie mehr trainieren als ein junger Spieler?
Fink Ja, ich finde ich schon. Vor- und Nachbereitung nehmen schon mehr Zeit ein als es früher war. Ich würde gern auch wie Bodze (Adam Bodzek, Anmerkung der Redaktion) auf den Platz rausgehen und einfach die Bälle aufs Tor bolzen. Aber das ist unvorstellbar für mich. Bevor ich meine Übungen nicht gemacht habe, rühre ich den Ball nicht an.
Wie würden Sie beschreiben, wie sich der Fitnessbereich entwickelt hat, seit Sie Ihre Karriere begonnen haben?
Fink Dazwischen liegen Welten. Gerade was den Bereich Athletik angeht. Früher waren es ein paar Verrückte, die diese Art Training forciert haben. Vielleicht sogar nur, um gut auszusehen, um einen guten Bizeps oder eine gute Brust zu haben. Nun geht es darum, sich sportlich zu entwickeln. Da hat sich so gut wie alles verändert.
Hat der neue Sportvorstand denn schon das Gespräch mit Ihnen gesucht?
Fink Wir haben uns natürlich schon mal unterhalten. Aber einen richtigen Termin, um uns zusammenzusetzen, haben wir noch nicht gefunden.
Trainer Friedhelm Funkel hat zuletzt noch mal betont, dass Sie für ihn der wichtigste Spieler sind. Dann spricht doch eigentlich nichts gegen eine Vertragsverlängerung, oder?
Fink Ich kann nur sagen, dass ich mich gut fühle und weiter Fußball spielen möchte. Dann muss man sehen, wie das für beide Seiten passt. Ich kann in meiner Situation ja nur Leistung bringen und abwarten, was passiert.
Wie gehen Sie mit dem Lob vom Trainer um?
Fink Ich sehe mich ja nicht als wichtigsten Spieler. Wir brauchen alle Spieler. Das ist keine blöde Floskel, sondern ernst gemeint. Wir haben so viel Potenzial in der Mannschaft. Wir versuchen eine gute Atmosphäre zu schaffen, so dass jeder Spieler Bock hat, sich für Fortuna den Arsch aufzureißen. Da muss jeder sein Ego hinten anstellen. Denn wir haben genau zwei Trümpfe: Teamgeist und Einsatzbereitschaft. Wenn die nicht stechen, haben wir in der Liga ein Problem.
Was machen Sie abseits des Platzes für den Teamgeist?
Fink Es sind mehrere Kleinigkeiten, die da passieren. Wir gehen abends mal was essen oder trinken ein Bierchen zusammen. Das machen wir aber bewusst im kleinen Rahmen und nicht medienwirksam.
Sie sind jetzt schon so lange im Verein, was macht für Sie Fortuna Düsseldorf aus?
Fink Wenn Sie mich vor zehn Jahren gefragt hätten, was mit mir in Zukunft passiert, hätte ich geantwortet: Ich gehe zu 100 Prozent zurück nach Bayern. Doch jetzt ist es was ganz Besonderes, für so eine lange Zeit hier zu spielen. Mittlerweile fühle ich mich so wohl hier, dass es für mich schwer wäre, einen Cut zu machen und wegzugehen.
Das heißt, Sie wollen auch nach der Karriere in Düsseldorf bleiben?
Fink Mittelfristig auf jeden Fall. Was danach passiert, kann ich nicht beeinflussen. Ich bin ja eigentlich ein Fachidiot und habe nichts gelernt. Für mich gibt’s nur den Fußball, von daher muss man gucken, was ich nach der Karriere mache.
Ist Fortuna die coolste Mannschaft im Abstiegskampf?
Fink Ich glaube schon, dass es ein Vorteil ist, dass andere Mannschaften uns unterschätzen. So schweben wir ein bisschen unter dem Radar. Aber jetzt müssen wir gucken, wie das in der Rückrunde läuft, denn wir stehen mit 18 Punkten sehr gut da.