His-Törchen – die etwas andere Gegnervorschau Wie Fortuna einem alten Alptraum entgegentritt
Serie | Bremen/Düsseldorf · Am Samstag um 13.30 Uhr gastiert Fortuna beim SV Werder Bremen. Zum ersten Mal in der Zweiten Liga – doch in anderen Spielklassen gab es dieses Duell schon oft. Was sich dabei in der Historie alles ereignete und warum diesmal alles anders ist.
Das erste Auswärtsspiel des neuen Jahres spült die Düsseldorfer an den Weserstrand. Das hieß in der Vergangenheit in schöner Regelmäßigkeit nichts Gutes. Zu oft endete die Fortuna als Trophäe am Angelhaken des SV Werder Bremen. Pech für den Fußballklub des kleinsten deutschen Stadtstaates, dass er nicht jede Woche die Rheinländer empfängt, denn dann würde womöglich auch heute noch die Sonne über dem Weserstadion strahlen.
So aber hat der Verein, der den Bayern zwischen 1982 und 2010 oft Paroli bot, in den vergangenen zehn Jahren so viel Rost angesetzt, dass er seinem ewigen Rivalen, dem HSV, in die 2. Bundesliga folgen musste. Das vorläufige Endergebnis heißt: Leere Kassen und Zweitligafußball statt europäischer Bühne.
Wer im Glashaus sitzt, sollte allerdings nicht mit Steinen werfen. Wer sich mit der Geschichte von Fortuna Düsseldorf ein wenig beschäftigt hat, den könnte Werders Werdegang ein wenig an den der Fortuna erinnern. Auch bei Fortuna versäumte man es, aus Pokalsiegen und Europapokalteilnahmen Kapital zu schlagen. Und so wartet man in Düsseldorf seit mehr als 40 Jahren vergeblich auf die dritte Renaissance erfolgreicher internationaler Zeiten.
Das Hinspiel Die Saison war gerade erst einen Spieltag alt, als sich Werder Bremen erstmals in der Geschichte zu einer Zweitliga-Partie nach Düsseldorf verirrte. Fortuna hatte punktetechnisch einen guten Start vorgelegt (2:0 beim SV Sandhausen) und ging selbstbewusst in die Begegnung mit dem Bundesliga-Absteiger, der Fortuna im Bundesligajahr zuvor den Relegationsplatz um Haaresbreite weggeschnappt hatte.
Sicherlich hätte das Spiel unter normalen Bedingungen 40.000 oder mehr Fans in die Arena gelockt, doch unter den vorherrschenden Covid-Regelungen waren lediglich 18.000 Fans zugelassen. Zur Enttäuschung der Verantwortlichen waren letztlich sogar nur 12.850 Fans nach Stockum gepilgert.
Wie so oft in der laufenden Saison durfte Fortuna als erstes Team den Ball aus dem eigenen Kasten holen – 0:1 (39.). Im zweiten Abschnitt glichen die Gastgeber bereits nach zwei Minuten durch Rouwen Hennings aus (47.). Duplizität der Ereignisse: Werder wurde stärker und ging erneut durch Josh Sargent (mittlerweile längst Profi in Norwich) in Führung (64.).
Die Schlussphase sollte es in sich haben. Fortuna wollte sich nicht mit der Heimniederlage abfinden und setzte auf das Brecheisen. Mit Erfolg. Aus dem Gewühl heraus gelang es Khaled Narey, den verdienten erneuten Ausgleich zu erzielen (90.+4). Den Karneval auf den Rängen löste allerdings nur Sekunden später der Aschermittwoch ab. Eben noch der Held, wurde Narey zum Unglücksraben. Nach seinem Foul im Strafraum verwandelte Maximilian Eggestein (inzwischen SC Freiburg) den fälligen Elfmeter zum glücklichen 3:2 (1:0) Sieg in der sechsten Minute der Nachspielzeit.
Auswärtsbilanz Denken Fortunen an Bremen, fällt ihnen unweigerlich der Platz des Schreckens ein – Platz 11 des Weserstadions. Wer jetzt denkt, im großen Stadion im Schatten des Platz 11 wären mehr zu ernten gewesen, der handelt mit Zitronen. Deshalb sollte der 17. August 2019 auch in Fortunas Geschichtsbüchern einen Ehrenplatz finden. Denn nach mehr als 42 Jahren (!) gelang es wieder einmal einer Fortuna-Mannschaft, in der Hansestadt Bremen zu gewinnen. Unfassbare 15.438 Tage lagen zwischen dem letzten Erfolg (22. April 1977) und dem 3:1-Sieg beim letzten Bundesliga-Auftritt an der Weser 2019.
In 24 Meisterschaftsauftritten reichte es gerade einmal zu drei Erfolgen in Bremen. Die sieben Unentschieden peppen den Gesamteindruck nur bedingt auf, denn die restlichen 14 Partien gingen allesamt in die Binsen. Ein Torverhältnis von 28:50 unterstreicht die Bilanz des Grauens.
Spiel der Spiele Auch hier bleibt uns nichts anderes übrig, als einen der bittersten Bundesliga-Momente der Düsseldorfer Vereinsgeschichte Revue passieren zu lassen. Am 22. Februar 1986 stellte sich Fortuna als Sechzehnter beim Spitzenreiter Werder Bremen vor – und verlor. Das kam bei der Tabellenkonstellation nicht wirklich überraschend; dass es aber eine historische Klatsche werden sollte, war so nicht zu erwarten.
Fortuna hatte den Mannschaftsbus noch nicht ganz verlassen, da lag sie bereits 0:3 hinten (18.). Manfred Bockenfeld gelang es nach 65 Minuten, auf 1:3 zu verkürzen. Dann aber ging es Schlag auf Schlag. Binnen 180 Sekunden standen gleich drei Tore mehr auf der Anzeigentafel zu lesen (5:2). Einmal den Turbo gezündet, zogen die Hanseaten auf 7:2 davon. Bremens Frank Neubarth und Manfred Burgsmüller veranstalteten ein wahres Wettschießen, dass Neubarth schließlich mit 4:3 für sich entschied. Dass Sven Demandt mit dem Schlusspfiff noch Fortunas dritten Treffer erzielte, machte die Heimfahrt wohl auch nicht angenehmer. Ein 3:7 (0:3) hinterlässt halt tiefe Narben.
Was Hoffnung macht Nach so viel Negativ-Statistik muss jetzt ein Kracher herhalten: Im deutschen Unterhaus sind die Düsseldorfer in Bremen noch ungeschlagen. Kein großes Kunststück allerdings, schließlich gab es diese Auswärtspartie so noch nicht. Jedoch: Beim letzten Erstliga-Auftritt an der Weser wurde der scheinbar nie enden wollende Fluch beendet und die Karten somit neu gemischt. Zudem fällt auf, dass Fortuna einige Male nach einem Teilerfolg in Bremen im Folgejahr nachlegen konnte. Wahrlich kein allzu großer Hoffnungsfunke – doch manchmal reicht das kleinste Fünkchen, um einen Flächenbrand zu entfachen.