Trotz 0:5-Desaster in Dortmund Darum waren die Fortuna-Fans die wahren Gewinner des Spiels

Dortmund · Die Düsseldorfer sind bei ihrer Pleite in allen Belangen unterlegen. Den Fans war das allerdings herzlich egal - sie applaudierten ihrem Team nach dem Abpfiff. Und ernteten anschließend viel Lob von den Verantwortlichen.

Fortunas Trainer Friedhelm Funkel bedankt sich nach Schlusspfiff bei den Fans.

Fortunas Trainer Friedhelm Funkel bedankt sich nach Schlusspfiff bei den Fans.

Foto: Christof Wolff

Die Atmosphäre im Stadion zeigt, dass es noch lange keine echte Trendwende ist. Beinahe pflichtschuldig nimmt das Dortmunder Publikum den 5:0-Sieg gegen Fortuna Düsseldorf zur Kenntnis, und eine Viertelstunde vor dem Abpfiff ist ein gutes Fünftel der Ränge in den Heimblöcken bereits leergefegt. Die 7000 Düsseldorfer Anhänger dagegen singen noch immer, dass ihre Fortuna „der geilste Klub der Welt“ sei und spenden ihrer hoffnungslos unterlegenen Mannschaft demonstrativ Beifall.

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Foto: AFP/INA FASSBENDER

Verkehrte Welt im ehemaligen Westfalenstadion. Zwar bekommen die gut aufgelegten Borussen in ihren schwarzen „Kohle-und-Stahl“-Sondertrikots den verdienten Applaus für ihren Tempofußball, aber es ist jederzeit zu spüren, dass der Dortmunder Anhang abseits der Südtribüne längst noch nicht seinen Frieden mit Trainer Lucien Favre gemacht hat. Aus den Gesprächen auf den teuren Plätzen und an den Getränkeständen ist der Grundtenor deutlich herauszuhören: Fortuna Düsseldorf zu schlagen, erst recht, wenn der Außenseiter in einer solch desolaten Verfassung erscheint, genügt noch lange nicht für eine vollständige Versöhnung.

Der zuletzt kritisierte Marco Reus schafft das ein wenig schneller als sein Trainer. Zwei Treffer steuert der Kapitän bei, profitiert dabei von der exzellenten Vorarbeit des überragenden Julian Brandt und der übrigen Kollegen, legt zudem Jadon Sancho perfekt zum 3:0 auf. Ein Treffer, der Friedhelm Funkel auf Betriebstemperatur bringt. „Marco Reus und Jadon Sancho laufen gegen fünf Mann von uns an“, erzählt Fortunas Trainer. „Reus hatte nur eine einzige Option: den Ball zu Sancho zu spielen. Wir müssen nur Sancho abdecken, den Passweg zustellen. Stattdessen versuchen alle, den Raum zu verteidigen, das ist einfach falsch.“

Fortuna Düsseldorf: Stimmen zum Spiel gegen Borussia Dortmund
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Dortmund - Fortuna: Stimmen zum Spiel

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Foto: Christof Wolff

Eine von zahlreichen Fehlentscheidungen, die die Düsseldorfer an diesem Nachmittag treffen. 328 Pässe spielen sie in dieser Partie, 78 davon landen beim Gegner. Eine grotesk schlechte Quote, kommt so doch fast ein Viertel aller gespielten Bälle nicht beim Mitspieler an. Darin liegt der Hauptgrund für den Einbruch nach der Pause. „Wir hatten uns fest vorgenommen, den Dortmundern nicht die Räume zu geben, die sie für ihre tiefen Läufe brauchen“, berichtet Funkel. „Doch stattdessen machen wir genau die Fehler, die sie zu diesen Sprints einladen. Und wenn der BVB diese Tiefe bekommt, ist er kaum aufzuhalten. Da gibt es nur wenige Spieler in der Bundesliga, die dieses Tempo bringen wie die Dortmunder.“

Diese Qualität seiner Spieler lobt auch Favre, der auch nochmals betont, warum er Reus so lange die Stange gehalten hat: „Niemand kann immer seine Bestleistung abrufen, das ist ganz normal.“ Der wie entfesselt auftretende Brandt ergänzt: „Unsere Jungs waren heute alle gut drauf.“ Stimmt – aber klappt das künftig auch gegen stärkere Gegner? Fortuna war diesmal definitiv kein Maßstab. „In den zweiten 45 Minuten waren wir einfach nur schlecht“, fasst Funkel zusammen. „Vor der Pause haben wir wenigstens hinten kompakt gestanden. Aber schon da haben wir zu langsam agiert, zu viele Fehlpässe gespielt und zu viele Ballverluste gehabt. Später haben wir auch nicht mehr konsequent genug verteidigt.“

Entsprechend frustriert sind die Düsseldorfer nach dem Schlusspfiff. Ob er sich wie der einsamste Mensch auf Erden vorgekommen sei, wird Torhüter Zack Steffen gefragt. Der Amerikaner muss einen Moment überlegen, sagt dann leise: „Das gehört manchmal einfach zum Job eines Torhüters.“ Am Samstag auf jeden Fall, denn so etwas wie Gegenwehr ist von seinen Feldspieler-Kollegen nach der Pause nicht mehr zu erkennen.

Umso erstaunlicher, dass trotzdem Beifall aus dem Gästeblock kommt. „Das ist unglaublich“, sagt Kapitän Oliver Fink gerührt. „Andere Klubs wären in dieser Situation beschimpft worden, und sie versuchen sogar noch, uns aufzumuntern. Das macht uns Mut.“ Den wird Fortuna allerdings auch brauchen, wenn es am kommenden Samstag gegen Leipzig geht.

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