Fortuna Düsseldorf Fortuna Düsseldorf fällt auseinander

Düsseldorf · Die Fans sind so enttäuscht, dass sie sich schon in Spott und Häme flüchten, die Vereinsführung lässt eine klare Linie vermissen, die Mannschaft zerfällt in Grüppchen. Der Zweitligist steckt in einem bedrohlichen Abwärtstrend.

Fortuna - VfR Aalen: Reaktionen
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Foto: dpa, rwe jai

Fußball-Zweitligist Fortuna Düsseldorf ist nach einer durch die 0:2-Heimniederlage gegen Schlusslicht VfR Aalen gekrönten Pleitenserie auf Platz elf zurückgefallen, wird das Saisonziel "oben mitspielen" verfehlen - von den Aufstiegsträumen vieler Fans ganz abgesehen. Absteigen kann Fortuna freilich nicht mehr, und auch wirtschaftlich wird dem schuldenfreien Klub kurzfristig nicht viel passieren. Dennoch steckt er in einer schwereren Krise als nach dem Bundesliga-Abstieg 2013. Die Gründe:

Spieler und Fans Seitdem Fortuna sich im Jahr 2004 aus den eigenen Trümmern erhob und zum Wiederaufstieg aus der Viertklassigkeit ansetzte, haben Zuschauer und die Stadt Düsseldorf eine Einheit gebildet. Nur durch diesen Schulterschluss war es möglich, den Verein gleichzeitig zu entschulden und sportlich wiederzubeleben. Derzeit ist davon nicht viel übrig geblieben. Die Anhänger sind so enttäuscht, dass sie die Mannschaft gegen Aalen mit Gesängen wie "Oh, wie ist das schön" und "Europapokal" verhöhnten.

Klubführung Vorstand und Aufsichtsrat lassen eine klare Linie vermissen, zeigen große Defizite in Sachen Kommunikation. Zwar streiten die Vorstandsmitglieder (noch) nicht öffentlich miteinander - es sickert jedoch immer wieder auf unterschiedlichen Kanälen durch, dass es keine gemeinsame Linie gibt. Das Gremium unter der Leitung von Dirk Kall tut nichts, diesem Eindruck entgegenzutreten.

Unter den Fans und Mitgliedern wird zudem offen diskutiert, dass sich im Aufsichtsrat (der den Vorstand einsetzt und kontrolliert) Unmut über die fehlende Linie des Vorstands regt. Von seiner Möglichkeit, unterstützend einzugreifen, hat das Kontrollgremium jedoch bislang zu wenig Gebrauch gemacht.

Sportliche Leitung Vor allem Sportvorstand Helmut Schulte ist bei vielen Anhängern in die Kritik geraten. Der 57-Jährige will sich nicht in die Karten schauen lassen, mauert mit Informationen - möglicherweise aufgrund schlechter Erfahrungen in der Vergangenheit, aber das hilft im Moment nicht weiter. Von außen wirkt es so, als verschlafe Fortuna mögliche Transfers.

Fortuna Düsseldorf gegen VfR Aalen: Einzelkritik
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Konkurrent Union Berlin zum Beispiel verpflichtete bereits zwei Spieler, die man sich gut bei Fortuna hätte vorstellen können (Stephan Fürstner aus Fürth und Benjamin Kessel aus Braunschweig). Union wird nun auch mit dem Heidenheimer Florian Niederlechner in Verbindung gebracht, dem vielleicht talentiertesten Stürmer der Zweiten Liga. Schulte hat bislang lediglich Kaan Akca und Tim Wiesner aus der eigenen Jugend einen Vertrag gegeben und Kevin Akpoguma aus Hoffenheim ausgeliehen. Man darf davon ausgehen, dass er noch mehr in petto hat - aber die Fans wollen jetzt Taten sehen. Bereits in der Winterpause verpasste Schulte die Gelegenheit zum Nachbessern, in erster Linie in der Innenverteidigung.

Mannschaft Der größte Trumpf, den Fortuna beim Bundesliga-Aufstieg 2012 in die Waagschale werfen konnte, war die verschworene Einheit der Truppe. Aktuell sprechen Insider von Grüppchenbildung - die größte Gefahr für eine Mannschaft, wenn der Erfolg ausbleibt.

Zukunft Die Fans vermissen eine Perspektive. Das künftige Trainergespann mit Frank Kramer und Peter Hermann ist ein Lichtstreifen am Horizont - aber auch schon der einzige. Fortuna benötigt eine Führung, die an einem Strang zieht. Und sie braucht dringend gute (personelle) Nachrichten, um die aufgeheizte Stimmung über die Sommerpause zu verbessern, vor allem mit Blick auf den im Juni beginnenden Dauerkartenverkauf. Dort droht ein Rückgang von 30 Prozent, die aktuelle Zahl von fast 22.000 wird keinesfalls erreicht.

Die Aufbruchstimmung, die nach dem Abstieg 2013 herrschte, gibt es diesmal nicht, deshalb ist die Krise ernster. Fortuna lebt stärker vom Zusammengehörigkeitsgefühl als andere Klubs. Das hat auch Schulte unterschätzt, als er sich nicht nur vom Urgestein Andreas "Lumpi" Lambertz, sondern auch von altgedienten Fortunen auf der Geschäftsstelle trennte, was den Unmut vieler Fans noch verstärkte. Diesen Abwärtstrend muss der Klub nun schnellstens umkehren.

(RP)
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