„Betrifft ganz Afrika“ Ex-Sportchef der Fortuna jubelt mit Marokko

Düsseldorf · Rachid Azzouzi ist aktuell Sportdirektor des Zweitligisten Greuther Fürth, hat diese Funktion früher auch bei Fortuna ausgeübt. Der 51-Jährige ist aber nicht zuletzt gebürtiger Marokkaner – und deshalb restlos begeistert vom Auftritt der Nordafrikaner bei der WM. Wie Azzouzi die Erfolge einordnet.

 Rachid Azzouzi in seiner Zeit als Fortuna-Sportdirektor.

Rachid Azzouzi in seiner Zeit als Fortuna-Sportdirektor.

Foto: Christof Wolff/Wolff, Christof

Rachid Azzouzis wichtigste Aufgabe an diesem Dienstag heißt Koffer packen. Nicht etwa im übertragenen Sinne, der in der Fußballbranche so häufig gebraucht wird: Der 51-Jährige muss keineswegs seinen Posten als Sportdirektor des Zweitligisten Greuther Fürth räumen, sondern tatsächlich ein paar Sachen in den Koffer werfen, um auch bestens gerüstet zu sein für sein Reiseziel. Das trägt den Namen Katar, denn dort bestreitet Marokkos Nationalmannschaft am Mittwoch um 20 Uhr das WM-Halbfinale gegen Frankreich.

Azzouzi, in der Saison 2015/16 Sportdirektor bei der Fortuna, ist gebürtiger Marokkaner, kam als Kind mit seiner Familie ins Rheinland und fiebert nun mit seiner Nationalmannschaft mit, deren Trikot er als Profi von 1992 bis 1998 37 Mal trug. „Die packen mich richtig“, sagt er in einem Gespräch mit der „Morgenpost“ aus Hamburg. „Charakter und Geist der Mannschaft sind überragend. Es ist das, was Fußball ausmacht: null Belastung, nur Freude und die Bereitschaft aller, das Ego zurückzustellen und alles zu opfern für den Erfolg.“

Und weil er so von seinen Landsleuten begeistert ist, unterbricht er jetzt sogar seinen Urlaub auf Bali. Die bisherigen WM-Spiele, so Azzouzi, habe er dort vor dem Fernseher verfolgt, teilweise laut brüllend und jubelnd vor dem Bildschirm kniend. Aber jetzt das Halbfinale gegen Frankreich – da hält es den Manager nicht mehr auf der indonesischen Insel. Das erste Halbfinale einer afrikanischen Mannschaft überhaupt in der Fußballgeschichte muss er einfach im Stadion erleben.

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Foto: Christof Wolff

„Es betrifft ganz Afrika“, erklärt Azzouzi in der „Morgenpost“. „Alle waren Kolonien vom Westen. Jetzt wird das in etwa so wahrgenommen: Ihr habt uns mal besetzt, aber wir schlagen euch jetzt im Fußball. Wir sind etwas wert! Die Siege von Marokko geben den Menschen Würde zurück.“ Einen Eindruck von der besonderen Wertigkeit der Siege in Katar konnten in den vergangenen Wochen auch die Düsseldorfer bekommen: Jeder Schritt der Marokkaner auf der Erfolgsleiter wurde in Oberbilk, vor allem rund um die Ellerstraße, frenetisch gefeiert, der Jubel hallte stets bis tief in die Nacht durch den Stadtteil.

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Foto: dpa/Guido Kirchner

In Frankreich nimmt das noch stärkere Ausmaße an, denn dort leben noch ungleich mehr Menschen marokkanischer Herkunft, und der Staat mit der roten Flagge und dem grünen Stern darauf war einst eine französische Kolonie. „Es gibt eine brutale Rivalität“, sagt Azzouzi, „es ist ein Stück weit mehr als Fußball.“ Dennoch glaubt er, dass sich das weitgehend auf den Kampf auf dem Rasen beschränken wird: „Wir haben schon eine freundschaftliche Verbindung mit den Franzosen.“

Sportlich hält der frühere Fortune eine weitere Sensation nicht für ausgeschlossen – auch wenn der zweimalige Weltmeister aus Frankreich haushoher Favorit ist. Denn die Qualität Marokkos hat ihn schlichtweg begeistert: „Sie haben in fünf Spielen nur ein Gegentor bekommen, und das war ein Eigentor. Dabei könnten sie vom Personal her viel mehr Ballbesitz haben, es könnte viel offensiver aussehen. Aber sie machen es nicht, weil sie wissen, dass sie so in Schönheit sterben würden.“

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Foto: Moritz Mueller

Eine realistische Sichtweise, die früheren Auswahlteams aus Nordafrika manches Mal fehlte. „Ich habe ja nun auch zwei WM-Turniere gespielt, auch da waren wir eine Einheit“, berichtet Azzouzi. „Aber in der Form von jetzt war das nicht vorhanden.“ Und deshalb erlaubt er sich den Traum, am Mittwochabend vielleicht auch im Stadion jubelnd auf die Knie gehen zu dürfen.

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