Fortuna Düsseldorf Die Realität spricht gegen Kramer

Düsseldorf · Fortuna Düsseldorfs Unentschieden gegen den MSV Duisburg zieht möglicherweise doch personelle Konsequenzen nach sich. Am Wochenende führt der kommissarische Vorstandsvorsitzende Paul Jäger Gespräche mit weiteren Entscheidungsträgern – Anfang der Woche soll dann ein endgültiger Entschluss folgen.

Frank Kramer steht kurz vor dem Aus bei der Fortuna.

Frank Kramer steht kurz vor dem Aus bei der Fortuna.

Foto: dpa, bt lre hpl

Fortuna Düsseldorfs Unentschieden gegen den MSV Duisburg zieht möglicherweise doch personelle Konsequenzen nach sich. Am Wochenende führt der kommissarische Vorstandsvorsitzende Paul Jäger Gespräche mit weiteren Entscheidungsträgern — Anfang der Woche soll dann ein endgültiger Entschluss folgen.

Samstag, 8.56 Uhr. Es ist ein ganz normaler Morgen im Düsseldorfer Stadtteil Stockum, ein besonders schöner sogar. Entgegen der Wetterprognosen strahlt die Sonne von einem blauen Himmel herunter, als sich Fortunas Profis auf den Weg zum Trainingsplatz machen. Alles ist wie immer nach einem Spiel. Die Akteure, die beim überaus enttäuschenden 1:1 gegen das Zweitliga-Schlusslicht MSV Duisburg die meiste Zeit auf dem Platz gestanden haben, absolvieren nur eine Regenerationseinheit, die angeschlagenen Angreifer Mathis Bolly und Joel Pohjanpalo laufen lediglich um den Platz. Die Reservisten trainieren voll, unter der Leitung von Chefcoach Frank Kramer und dessen Assistent Peter Hermann. Wie immer.

Tatsächlich jedoch ist es nicht mehr wie immer bei Fortuna. Das Unentschieden gegen die bei allem Engagement doch sehr limitierten "Zebras" fühlt sich an wie eine Niederlage, und entsprechend ist bei den Düsseldorfern die Körpersprache. Das beginnt schon unmittelbar nach dem Abpfiff in der Interviewzone der Arena, als der kommissarische Vorsitzende Paul Jäger mit nachdenklicher Miene und untypisch hängenden Schultern Rede und Antwort steht. "In der zweiten Hälfte habe ich eine ordentliche Leistung mit Willen und Leidenschaft gesehen", sagt er fast trotzig. "Wenn wir auswärts auch mal so auftreten würden, würde ich mir weniger Sorgen machen." Ob Frank Kramer denn auch am nächsten Sonntag in der Partie beim FSV Frankfurt auf der Bank sitzen werde, wird er gefragt. "Das habe ich nicht allein zu entscheiden", antwortet Jäger schon deutlich vorsichtiger. "Ich gehe zum jetzigen Zeitpunkt davon aus. Wir alle werden am Wochenende viele Gespräche führen. Samstag und Sonntag passiert gar nichts."

Samstag und Sonntag — aber danach? Wer genau hinhört, der merkt, dass Jäger sich nicht festlegt. Der Interimschef will den beliebten Trainer eigentlich gar nicht entlassen, ebenso wenig wie Sportdirektor Rachid Azzouzi, Jägers einziger verbliebener Vorstandskollege Sven Mühlenbeck und auch die Mehrheit im Aufsichtsrat. Sie alle waren begeistert von Kramer, sind es im Grunde noch immer — von dem Menschen Kramer ohnehin, aber auch vom engagierten und ideenreichen Trainer Kramer. Nur hat der keinen Erfolg. Und was noch schlimmer ist: Seine Mannschaft spielt immer schlechter. Sie kämpft, okay, aber spielerisch liegt sie weit hinter dem Niveau zurück, das sie zu Beginn der Saison bereits hatte.

Der Glaube daran, dass Kramer das noch ändern kann, wird immer kleiner. Deshalb weiß Jäger tief im Innern, dass er handeln muss, aber weil der ganze Verein hinter Kramers Konzeption stand, will er die Entscheidung nicht allein treffen. All das sagt er nicht, all das aber ist zwischen den Zeilen zu hören, besser: zu spüren. Von sich aus werde er nicht zurücktreten, sagt Kramer auf Nachfrage: "Ich will mit der Mannschaft etwas erarbeiten und mich nicht hintenrum davonstehlen." Vieles spricht dafür, dass er das gar nicht mehr muss, dass ihm der Verein Anfang der Woche die Entscheidung abnimmt.

Denn bis die nächste Trainingseinheit am Montag um 15 Uhr beginnt, ist Zeit für viele Gespräche. Deren Inhalt ist klar: Gern würden alle den Trainer behalten, der ein so klares, viel versprechendes Bild vom Fußball hat. Doch die Realität spricht dagegen: Sie weist Fortuna in großer Abstiegsgefahr aus, mit einer Mannschaft, die keine Hoffnung auf Besserung weckt. Das Hoffenheimer Modell ist deshalb eine Option — die Verpflichtung eines erfahrenen Feuerwehrmanns wie etwa Friedhelm Funkel bis zum Saisonende, parallel dazu die Suche nach einem Trainer, der den Job am 1. Juli 2016 übernimmt. Hoffentlich mit mehr Glück, als es Frank Kramer hatte.

(jol)
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