Fortuna-Vorstand Allofs „Dauerhaft werden wir es in Düsseldorf als Zweitligist schwer haben“

Interview | Düsseldorf · Klaus Allofs zählt zu den größten Torjägern der Bundesliga-Geschichte und hat auch als Manager und Sportdirektor bei Werder Bremen und dem VfL Wolfsburg eine Reihe von Titeln gewonnen. Mit der Nationalmannschaft wurde er Europameister und Vize-Weltmeister. Was der 65-Jährige mit Fortuna erreichen will.

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Foto: dpa/Marius Becker

Ihre Rückkehr nach Düsseldorf klingt nach einem guten Lebensplan. Aber der war es gar nicht, oder?

Allofs Es sieht so aus, war aber nicht von langer Hand geplant. Nicht, weil ich an Fortuna nie gedacht hätte, sondern weil ich für mich gar keinen Plan gemacht habe. Wenn man als Kind davon träumt, im Rheinstadion zu spielen und Fußballprofi zu werden, und das dann schafft, ist das schon ein erfüllter Traum. Oder wenn man dann, nach der aktiven Karriere, die Möglichkeit hat, weiterhin im Fußball zu arbeiten. Von 1999 bis 2016 war ich ohne Unterbrechung in verantwortlicher Position in Bremen und Wolfsburg. Die Jahre danach bis zum Eintritt bei Fortuna habe ich durchaus genossen und die Entscheidung für Fortuna war dann wohlüberlegt und auch die richtige. Man könnte jetzt sagen, mit der Rückkehr zum Verein, bei dem alles angefangen hat, schließt sich der Kreis. Aber ich hoffe, dass der Kreis noch nicht geschlossen ist. Mich interessiert einfach, ob man diesen Verein erfolgreicher machen kann. Das ist der Ansporn.

Ihr Karrierebeginn verlief aber nicht so glatt im ersten Jahr?

Allofs Zu der damaligen Zeit war das gar nicht so klar, dass man als junger Spieler Profi wird. Fortuna wollte mir eigentlich zunächst einen Amateurvertrag anbieten. Auch Trainer Sepp Piontek hat mich zunächst mit meinen 59 Kilogramm nicht unbedingt für voll genommen. Es war nicht nach dem Motto: Ich kam, sah und siegte. Ich musste mich an alles gewöhnen, konnte mich aber später durchaus wehren und bin auf dem Platz auch schon mal lauter geworden.

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Foto: dpa/Christophe Gateau

1978 haben sie dann erstmals gegen Werder Bremen mit ihrem Bruder gemeinsam ein Bundesligaspiel bestritten.

Allofs In der Nachbetrachtung sieht man erst wie außergewöhnlich das war. Auch für unsere Eltern war das etwas ganz Besonderes. Sie waren auch sehr stolz. Beide haben das als Fußball-Fans natürlich sehr genossen, haben aber auch oft gelitten.

Die Anfangszeit in Düsseldorf war schon sehr erfolgreich mit zwei Pokalsiegen, drei Finals am Stück, ein Europapokalfinale und dem unvergessenen 7:1-Sieg gegen den FC Bayern.

Allofs Zurückblickend waren das tolle Jahre und man erinnert sich gerne. Das waren ja die absoluten Höhepunkte für Fortuna, abgesehen von der Meisterschaft 1933. Aber für mich ist das schöne, dass ich eine Vielzahl von Erfolgen auch nach meiner aktiven Karriere feiern konnte und das ist noch nicht so lange her. Insgesamt ist es ein großes Glück, den Fußball und seine Entwicklung über eine so lange Zeit aktiv mitzuerleben und mitzugestalten.

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Foto: dpa/Uwe Anspach

Ihre Nationalmannschaftskarriere war mit einem EM-Titel, einer Vize-Weltmeisterschaft 1986 und als EM-Torschützenkönig durchaus erfolgreich. Sie haben aber nur an einer WM teilgenommen.

Allofs 1978 war Helmut Schön Trainer, er hat keine jungen Spieler mitgenommen. Das war damals gar nicht üblich. Es dauerte, bis man es ins Notizbuch des Bundestrainers geschafft hatte. 1980 war ich Europameister und 1982 war meine erste Saison beim 1. FC Köln holprig. Da hat Jupp Derwall mich nicht in den WM-Kader genommen. Mein Bruder war immerhin auf Abruf dabei. Und vor der EM 1988 in Deutschland war ich sogar Kapitän der Nationalmannschaft, habe mich dann aber verletzt und bin ein halbes Jahr ausgefallen. Und mein damaliger Präsident bei Olympique Marseille, Bernard Tapie, hat mir dann mehr oder weniger deutlich gemacht, dass ich mich auf den Verein zu konzentrieren habe. Dann war meine Karriere vor der WM 1990 fast schon vorbei. Ich war ja auch 34 Jahre alt. Aber 1988 hätte ich die EM in Deutschland als Kapitän gerne mitgemacht.

Was hat sie nach Frankreich gezogen, damals für deutsche Fußballer doch eher untypisch?

Allofs Es gab Interesse aus Italien und Frankreich. Da spielte sicherlich auch eine Rolle, dass mit Karlheinz Förster schon ein deutscher Nationalspieler in Marseille unter Vertrag stand. Die Franzosen hatten sich sehr bemüht und dieser Club hatte zu der Zeit nicht nur in Frankreich eine große Bedeutung und Strahlkraft. Die Art Fußball zu spielen, passte zu mir. Das war schon eine Auszeichnung und Ehre, bei einem solchen Club einen Vertrag zu unterschreiben. Außerdem war Italien für mich nicht so interessant, weil dort immer die Defensive im Vordergrund stand und das war nicht meine bevorzugte Variante.

Wie kam der Kontakt zu Werder Bremen dann zustande?

Allofs Otto Rehhagel hat mich angerufen und gesagt, du musst zu uns kommen. Das war eine super Zeit: Pokalsieger, Europapokalsieger, Meister.

Ist Bremen eine zweite Heimat geworden?

Allofs Für unsere Kinder ist das so, weil sie ihre Jugend dort verbracht haben. Für mich sind mit Bremen vor allem große Sympathien verbunden. Auch in der Zeit nach der aktiven Laufbahn. Das war einfach wunderbar, dort mit besonderen Menschen unter besonderen Bedingungen zu arbeiten. Dafür bin ich sehr dankbar. Aber ich habe mich an vielen Orten wohlgefühlt. Man muss nur das richtige Umfeld haben. Auch Wolfsburg gehört absolut dazu, weil ich dort für meinen Beruf, optimale Voraussetzungen vorgefunden habe und so arbeiten konnte wie ich mir das immer vorgestellt habe.

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Foto: dpa/Uwe Anspach

Ihre große Liebe gilt auch dem Pferdesport. Stimmt es, dass sie sich von ihrem ersten Geld als Profifußballer ein Pferd und kein Auto gekauft haben?

Allofs Das stimmt. Auch wenn ich zugebe, dass ich schon ein Auto hatte, das hat aber nur 300 Mark gekostet. Ich komme aber auch aus einer Familie, die gar nichts mit Autos zu tun hatte. Weder mein Vater noch meine Mutter hatten einen Führerschein. Die waren froh, dass endlich mal einer in der Familie einen hatte. Aber Auto-Freak war ich nie. Im Gegensatz dazu war ich aber immer an Rennpferden und am Galopprennsport interessiert. Ich habe das immer als Ausgleich für mich betrachtet und dort auch gute Freunde und Partner gefunden.

Ihr Großvater hat sie als Kind zur Rennbahn, die nicht weit entfernt von ihrem Zuhause war, immer mitgenommen.

Allofs Wenn man in Düsseldorf-Gerresheim gelebt hat, war es üblich, dass man Kontakt hatte mit Menschen, die auf der Rennbahn gearbeitet haben. Auch mit Trainern oder Jockeys. Das war normal, die wohnten auch in der Nähe. Bei den Rennen haben wir dann immer die weggeworfenen Wett-Tickets gesammelt und abends zuhause überprüft, ob nicht doch eins gewonnen hat. Später habe ich mich dann auch mit dem Zuchthintergrund der Pferde und weiteren Dingen beschäftigt. Mittlerweile bin ich Vizepräsident im Düsseldorfer Reiter- und Rennverein. Da engagiere ich mich jetzt ehrenamtlich und versuche zu helfen. Es sind schwierige Zeiten für den Rennsport.

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Foto: Horstmüller

Sie hatten in ihrer Karriere viele gute Trainer. War Dietrich Weise ihr wichtigster Trainer?

Allofs Dietrich Weise war sicherlich ein Glücksfall für Fortuna Düsseldorf und für mich. Er war für die damalige Zeit völlig unkonventionell. Er kam aus der DDR und hatte ganz andere Trainingsformate und andere Vorstellungen. Trotz großer Konkurrenz hat er mir als jungem Spieler gesagt: Du bist mein Mann. Und wenn es nötig war, hat er mich auch kritisiert.

Warum haben sie selbst nur knapp eine Saison - damals bei Fortuna - als Trainer gearbeitetß

Allofs Das Ende mit der Entlassung bei Fortuna war natürlich enttäuschend, weil es für mich erstmals auch eine sportliche Niederlage war. Aber dann gab es das Angebot aus Bremen, als Manager gemeinsam mit Thomas Schaaf dort die sportlichen Geschicke zu leiten. Ich war dann ja auch immer dicht an der Mannschaft dran. Das eine Jahr als Trainer hat mir insofern viel gezeigt und mitgegeben. Was eher gegen den Job als Trainer spricht: Man ist unmittelbar von Ergebnissen abhängig.

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Foto: rp/Schirner Pressebild

Wie häufig gab es in ihrer Karriere als Manager Anfragen vom FC Bayern?

Allofs In der Tat gab es mal die Anfrage von Uli Hoeneß. Vielleicht haben die Bayern gesehen, dass in Bremen gute Arbeit geleistet wurde. Aber man weiß auch, dass sie bei der Konkurrenz immer gerne Unruhe gestiftet haben. Es ist aber nie zu weiteren Gesprächen oder Verhandlungen gekommen. Schließlich konnte ich in Bremen meine Vorstellungen genauso umsetzen, wie ich mir das vorgestellt habe:

All das gibt ihnen jetzt auch Kraft und Zuversicht, mit der Kritik in der zur Zeit nicht leichten Situation bei Fortuna umzugehen?

Allofs Ich sollte ja gelernt haben, auch schwierige Situationen zu lösen. Es geht darum, alles dafür zu tun, um wieder erfolgreicher zu sein. Aber manchmal geht es nicht so schnell und man benötigt Geduld. Wie in Bremen. Dort hatte man Geduld quasi in der Vereinssatzung festgeschrieben. Das ist in Düsseldorf nicht der Fall. Ich habe mir das gedacht, dennoch verwundert es mich auch. Man redet hier schnell vom schlafenden Riesen und vom natürlichen Erstligisten - die Wahrheit sieht aber anders aus. Fortuna hatte in den vergangenen 20 Jahren drei Erstligajahre. Das sagt eigentlich alles. Das ist der Konflikt, in dem die Fortuna steckt. Deshalb ist es eine reizvolle, aber auch eine schwierige Aufgabe. Solche Phasen, wie wir sie jetzt haben, gilt es zu überstehen, ohne vom Weg abzukommen. Das ist die große Herausforderung. Ich habe Fortuna als Spieler erlebt, als Trainer. Jetzt sehe ich den Verein aus einer neuen Perspektive. Ich hoffe, dass die Mittel, die bei anderen Clubs zum Erfolg geführt haben, hier auch umzusetzen sind.

Auf junge Spieler zu setzen, ist für Fortuna doch alternativlos?

Allofs Es ist bei der Ausrichtung unseres Vereins alternativlos. Aber das geht natürlich auch mit diversen Problemen einher. Im Moment müssen wir uns darauf fokussieren uns von der Abstiegszone fernzuhalten. Ganz grundsätzlich muss unser Ziel aber auf die Bundesliga ausgerichtet sein. Diesen Ehrgeiz müssen wir entwickeln, auch wenn wir diese Mittel nicht immer haben, um das umzusetzen. Aber dauerhaft werden wir es in dieser Stadt als Zweitligist schwer haben.

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