Fortuna Düsseldorf Fortuna - die neue Macht des Aufsichtsrats

Düsseldorf · Laut Satzung ist er nur das Kontrollgremium im Verein, doch in Wahrheit hat sich das Gefüge in den vergangenen Monaten stetig in Richtung Aufsichtsrat verschoben. Der daraus erwachsenden Verantwortung sind dessen Mitglieder nicht immer gerecht geworden.

Burchard von Arnim war bislang der Stellvertreter von Dirk Kall.

Burchard von Arnim war bislang der Stellvertreter von Dirk Kall.

Foto: rpo, Falk Janning

Das lange Ringen um die Nachfolge Peter Frymuths ist zu Ende - Dirk Kall wird am 1. Februar der erste bezahlte Vorstandsvorsitzende des Zweitligisten Fortuna. Die Frage ist nur, ob der 46-jährige Marketing-Experte mit diesem Wechsel ins hauptamtliche Funktionärsfach nicht die eigentliche Machtzentrale des Vereins verlassen hat. Bislang nämlich war Kall Vorsitzender des Aufsichtsrats, und der hat in den zurückliegenden Monaten innerhalb des komplizierten Düsseldorfer Führungsgefüges stetig an Bedeutung gewonnen.

Zum Hintergrund: Als sich Fortuna aufgrund der Initiative einiger kritischer, aber vor allem engagierter Mitglieder vor rund einem Dutzend Jahren eine neue Satzung gab, ging es in erster Linie darum, den Verein vor unfähigen Präsidien zu schützen. Dies sollte gelingen durch die Schaffung eines Aufsichtsrats, der zum Teil von der Mitgliederversammlung gewählt, zum Teil von einem Wahlausschuss bestellt wird. Da dieses Kontrollgremium den Vorstand einsetzt und dieser nicht mehr direkt von den Mitgliedern gewählt wird, sollte vermieden werden, dass sich unseriöse Kandidaten mit leeren Versprechungen an die Macht schieben können.

Unterm Strich ist das Unterfangen gelungen, allerdings zu dem Preis, dass der Aufsichtsrat je nach Zusammensetzung seine Kontrollfunktion bei weitem überschreitet. Das war schon beim ersten Rat 2002 der Fall, dessen Vorsitzender - Oberbürgermeister Joachim Erwin - allein schon aufgrund seiner politischen Macht der wahre Chef wurde. Der Verein wurde vom Rathaus aus geführt, und erst nach Erwins Tod änderte sich dies unter seinen Nachfolgern im Aufsichtsratsvorsitz, Reinhold Ernst und Dirk Kall, allmählich.

In den vergangenen Monaten jedoch gab es eine erneute Verschiebung, und die hatte ihren Grund in einem cleveren Winkelzug des Aufsichtsrats. Indem er durchsetzte, dass der bisherige kaufmännische Geschäftsführer Paul Jäger und der sportliche Manager Wolf Werner als Finanz- bzw. Sportvorstand in die Führung aufrückten, entzogen sich diese wichtigen Positionen der Kontrolle durch den Vorstand und dessen Vorsitzenden. Vor diesem Schritt waren das operative Finanzgeschäft ebenso wie die Kader- und weitgehend die Trainerplanung in den Händen von Personen, die den übergeordneten Vorstandsmitgliedern Rechenschaft abzulegen hatten. Plötzlich jedoch waren beide ebenfalls im Vorstand und damit dessen Mitgliedern gleichgestellt.

Der aus dieser Verschiebung erwachsenden Verpflichtung wurde der Aufsichtsrat nicht immer gerecht. Als sich etwa abzeichnete, dass Wolf Werner bei der Kaderplanung nicht mehr das glückliche Händchen der vergangenen Jahre hatte, blieb das Eingreifen aus - und dem Vorstand mit Frymuth an der Spitze fehlte die Handhabe, Einfluss auf den direkten Kollegen Werner zu nehmen.

Ebenso verpasste der Aufsichtsrat, Werner rechtzeitig einen Manager zur Seite zu stellen, als der 71-Jährige seinen Abschied zum 30. Juni 2014 ankündigte. Keinen Kontakt zu Jörg Schmadtke aufzunehmen, als dieser in Köln noch nicht zugesagt hatte, war ein Versäumnis.

Vieles spricht dafür, dass Kalls bisheriger Stellvertreter Burchard von Arnim sein Nachfolger als Aufsichtsratschef wird. Gemeinsam mit dem früheren Air-Berlin-Boss Joachim Hunold und Unternehmer-Legende Albrecht Woeste bildet der Wirtschaftsprüfer die Machtzentrale in dem Kontrollgremium, das mit der Berufung eines Mannes aus seinen eigenen Reihen - eben Kall - in den Vorstand schon jetzt erneut seinen Satzungsauftrag überschritten hat. Das allein muss noch nicht zum Schaden Fortunas sein. Wichtig wäre jedoch, dass der Rat sich in künftigen Krisensituationen nicht wieder aus der Verantwortung stiehlt, sondern den Vorstand unterstützt und fruchtloses Muskelspiel vermeidet.

Zum Wohle des Vereins.

(can)
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