Fortuna Fortuna - der erwachende Riese

Die Düsseldorfer Zweitliga-Fußballer schieden zwar durch ein 4:5 nach Elfmeterschießen gegen Meister Borussia Dortmund aus dem DFB-Pokal aus. Sie unterstrichen aber, dass sie auf dem Weg zurück auf die große Bühne sind.

Die Choreografie der Fortuna-Fans
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Günter Netzer steht nicht im Ruf, allzu schnell mit großen Worten um sich zu werfen. Deshalb ließ es aufhorchen, als der ehemals aus der Tiefe des Raums kommende Fußball-Nationalspieler im Juli 2009 erklärte: "Fortuna Düsseldorf ist ein schlafender Riese." Anlass war die Unterzeichnung des Abkommens, das die Zusammenarbeit von Netzers Sportrechte-Agentur Infront mit dem damaligen Drittligisten fixierte.

29 Monate später sieht es so aus, als stünde der Riese kurz vor dem Erwachen. Sportlich ohnehin, denn trotz der vor knapp einer Woche erlittenen ersten Saisonniederlage gegen den SC Paderborn führt Fortuna die Tabelle der 2. Bundesliga über die Winterpause hinweg an. Und am Dienstagabend lieferten die Düsseldorfer dem Deutschen Meister Borussia Dortmund einen knisternden Pokalkrimi, der erst im Elfmeterschießen glücklich mit 5:4 für die Schwarz-Gelben endete.

Was aber noch weit beeindruckender ist, ist die Resonanz, die Fortunas Aufschwung in der Landeshauptstadt findet. Fanden selbst in der Glanzzeit des Klubs Ende der 70er-Jahre manche Erstligaspiele nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, so erzielt die Truppe um Kapitän Andreas Lambertz derzeit in der Zweitklassigkeit einen Zuschauerschnitt von fast 28 000. Man muss kein Prophet sein, um für die Rückrunde noch eine Steigerung zu erwarten: Die Aufstiegskonkurrenten Eintracht Frankfurt und FC St. Pauli sowie die Westrivalen Alemannia Aachen und MSV Duisburg stellen sich erst noch in Düsseldorf vor.

Gegen den BVB war die Arena mit 54 000 Besuchern ausverkauft, freilich nicht zum ersten Mal. Auch für das aufstiegsentscheidende Drittligaspiel gegen Werder Bremen II im Mai 2009 sowie für die Zweitliga-Duelle mit dem MSV Duisburg und dem FC St. Pauli in der Comeback-Saison 2009/10 gab es schon lange vor dem Anpfiff keine Karten mehr.

Fortuna boomt, und das ist für viele, die dem Klub auch in den bitteren Jahren der Viertklassigkeit treu geblieben sind, schier unfassbar. Noch schwimmt der Verein zwar nicht in Geld, aber er schreibt seit November schwarze Zahlen - und dabei keine skandalträchtigen Schlagzeilen mehr.

Es gibt Gründe für diese Entwicklung, und es gibt Namen hinter ihr. Seriöse Arbeiter wie Charly Meyer, Helmut Pöstges, Werner Sesterhenn und Peter Frymuth, die die am Boden liegende Fortuna mit großem Einsatz retteten. Von ihnen ist nur noch Frymuth aktiv, als Vorstandsvorsitzender - doch er legt Wert darauf, diese Mitstreiter der schweren Jahre nicht zu vergessen. Die Aufsichtsratsvorsitzenden Joachim Erwin, Reinhold Ernst und Dirk Kall sowie Finanzchef Paul Jäger stellten, jeder auf seine Art, wichtige Weichen, so dass der Zug nun auf dem richtigen Gleis fährt.

Es soll tatsächlich Menschen in Düsseldorf geben, die am Dienstag bereits enttäuscht waren, dass es gegen den Meister nicht ganz zum Weiterkommen reichte. Das allein ist schon ein Zeichen für die gestiegene Wertschätzung, die Fortuna genießt. Es ist aber auch eine große Gefahr, falls der Aufstieg gelingen sollte. Denn dann würde es beinahe zwangsläufig zunächst allein um den Klassenerhalt gehen - eine Sichtweise, die dem Düsseldorfer an sich sehr schwer fällt.

Aber gibt es überhaupt noch so viele dieser grantelnden, alten Düsseldorfer? Wer gegen den BVB die mitreißende Anfeuerung der Südtribüne über 120 Minuten und darüber hinaus sowie die grandiose Choreographie in Rot und Weiß mit dem Kernsatz "Auf dem Kreuzzug ins Glück" erlebte, der darf hoffen, dass die Landeshauptstadt auch diesen alten Zopf abschneidet. Damit der Riese endgültig wach wird.

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