Fortuna Düsseldorf Fan-Machtkampf schadet Fortuna

Düsseldorf · Rechte Unterwanderung? Gefahr durch linke Chaoten? In Düsseldorf geht es eher darum, wer das Sagen hat – und die Mehrheit der Fans will ihre Ruhe.

Ärger im Fortuna-Block
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Rechte Unterwanderung? Gefahr durch linke Chaoten? In Düsseldorf geht es eher darum, wer das Sagen hat — und die Mehrheit der Fans will ihre Ruhe.

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Es gäbe Anlass genug, über sportliche Dinge zu sprechen in Düsseldorf. Fußball-Zweitligist Fortuna gastiert heute (17.30 Uhr/Live-Ticker) beim Tabellenzweiten Greuther Fürth, möchte den zweiten Sieg unter Trainer Lorenz-Günther Köstner landen und darf dabei sehr wahrscheinlich wieder auf den zuletzt schmerzlich vermissten Torjäger Charlie Benschop zählen. Doch all diese Dinge geraten derzeit in den Hintergrund, weil sich rivalisierende Fangruppen der Düsseldorfer beim Spiel in Frankfurt geprügelt und das Ganze auch noch auf eine politische Ebene gehievt haben.

Aber geht es wirklich um Politik? Droht eine Zunahme von Nazi-Gewalt, wie es die Anhängergruppe "Dissidenti Ultra" am Tag nach dem Spiel verkündete? Die Düsseldorfer Polizei ist nicht dieser Ansicht. "Wir waren in Frankfurt mit szenekundigen Beamten vor Ort", berichtet Sprecherin Susanna Heusgen. Die Erkenntnis: "Die Polizei sieht bei Fortunas Anhängerschaft keine Gefahr der Unterwanderung durch rechtsextreme Kräfte."

Gleichwohl darf man das Thema nicht unter den Tisch kehren. Tatsache ist, dass die Gruppierung "Bushwhackers" — die sich selbst als unpolitisch bezeichnet, denen die Dissidenti jedoch rechtsradikale Tendenzen vorwerfen — im Stadion am Bornheimer Hang eine Fahne der "Frente Atlético" aufhängte, einer als rassistisch und faschistisch geächteten Fanorganisation des spanischen Erstligisten Atlético Madrid. Seit Monaten schwelt wegen der Freundschaft einiger Bushwhackers mit Frente-Mitgliedern ein Konflikt mit eher linksgerichteten Fortuna-Fans wie etwa den Dissidenti. Ob diese Freundschaft nun so harmlos ist, wie die Bushwhackers dies darstellen oder nicht — sie wussten genau, dass die Frente-Fahne die Dissidenti provozieren musste.

Die ersten Schläge gingen in Frankfurt den meisten Augenzeugen nach von den Dissidenti aus, die Bushwhackers jedoch waren die Provokateure. Man sollte also extrem vorsichtig mit Schuldzuweisungen sein und noch vorsichtiger mit der Schlussfolgerung, hier kämpften Freiheitsliebende gegen Extreme, gleich welcher Richtung. Es geht darum, wer das Sagen im Fanblock hat. Dabei scheut keine Seite vor populistischen Anfeindungen zurück, die möglichst viele überzeugen sollen. "Nazis raus" eignet sich dafür ebenso gut wie die Warnung vor "linken Chaoten".

Zudem schreiben die Dissidenti, die man trotz ihres Namenszusatzes nicht mit der großen Gruppe der "Ultras" verwechseln darf, von Mord- und Vergewaltigungs-Drohungen durch Nazi-Anhänger. Warum bringen sie diese nicht zur Anzeige? Dadurch bleibt alles nebulös, bleibt der Verdacht des Populismus. Andersrum gilt das genauso: Wenn man vor "linker Gewalt" warnt, werden handgreifliche Gegenmaßnahmen eher toleriert.

Fortunas Führung hat vor dem Machtkampf in der Fankurve zu lange die Augen verschlossen, ist nun gefordert. Aufklärung muss her, denn die riesige Mehrheit der Fans will keine Nazis im Stadion, sie will überhaupt keine pseudo-politischen Auseinandersetzungen, sie will unbehelligt Fußball sehen. Dafür muss der Verein sorgen, indem er die Konfliktparteien an einen Tisch bringt, Uneinsichtige und vor allem Gewalttäter aus der Arena verbannt. Natürlich ist das eine Herkulesaufgabe, aber Fortuna muss sie angehen. 34 477 Zuschauer kommen im Schnitt zu den Heimspielen, für einen Zweitligisten eine herausragende Zahl. Sollte ein Klima der Bedrohung entstehen, könnte sie deutlich kleiner werden, und dann wäre der Verein der große Verlierer des Fan-Machtkampfs.

(RP)
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