Fortuna Düsseldorf Fahndung schockiert Fortuna und Fans

Düsseldorf · Die Braunschweiger Polizei hat zwei Fortuna-Anhänger zur Fahndung ausgeschrieben und Fotos von ihnen veröffentlicht. Sie sollen im Oktober mit Fackeln giftigen Rauch im Stadion verbreitet haben – ein Verbrechen, so die Braunschweiger Ermittler. Völlig überzogen heißt es dagegen bei Fortuna.

Fortuna-Fans zündeln in Braunschweig
13 Bilder

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Die Braunschweiger Polizei hat zwei Fortuna-Anhänger zur Fahndung ausgeschrieben und Fotos von ihnen veröffentlicht. Sie sollen im Oktober mit Fackeln giftigen Rauch im Stadion verbreitet haben — ein Verbrechen, so die Braunschweiger Ermittler. Völlig überzogen heißt es dagegen bei Fortuna.

Noch am Mittwochabend hat sich einer der beiden Gesuchten, deren Bilder über die Braunschweiger Polizei auch im Internet verbreitet wurden, bei der Polizei gemeldet. Sein Foto ist deshalb aus der Fahndung gelöscht. Die Ermittlungen aber dauern an. Der Fortuna-Fan, der am 3. Oktober im Gästeblock des Eintracht-Stadions war, wird wohl demnächst in Braunschweig zu den Vorwürfen befragt werden.

Die wiegen schwer: "Schwere Gefährdung durch Freisetzung von Giften" sehen die Braunschweiger Strafverfolger im Abbrennen etlicher Fackeln, wie sie eigentlich für Seefahrer in Not gedacht sind. Vorm Anpfiff des Hinrunden-Spiels hatten die Fortuna-Anhänger die Tribüne damit in orangefarbenes Licht getaucht, eine "konzertierte Aktion", so eine Sprecherin der Braunschweiger Staatsanwaltschaft. Verletzungsfälle seien danach zwar nicht bekannt geworden, aber "eine Vielzahl von Menschen im Stadion wurde gefährdet.

Weil die Polizei nach der Auswertung der Videobilder nicht weitergekommen sei, auch die szenekundigen Beamten die mutmaßlichen Täter nicht erkannt hätten, sei die Öffentlichkeitsfahndung richterlich angeordnet worden. Ein Vorgang — bislang beispiellos nach einem Stadion-Feuerwerk —, der für Zorn in der Fanszene sorgt. Und der nach Auffassung von Rechtsanwalt Dirk Lahme (RWP Düsseldorf) sogar rechtswidrig ist. "Die Strafprozessordnung gestattet eine solche Fahndung nur, wenn andere Ermittlungsansätze erheblich weniger Erfolg versprechen." Lahme hält für möglich, dass die Ermittlungsbehörden in Braunschweig ein Exempel statuieren wollten, denn "wenn es darum gegangen wäre, die Täter zu ermitteln, hätte es andere, mildere Methoden gegeben." Die aber seien gar nicht erst versucht worden.

Das hatte am Donnerstag auch der Verein kritisiert, der sich "mehr als irritiert" über das Vorgehen der Braunschweiger Justiz äußerte, das "in dieser Qualität bisher gänzlich unbekannt" sei. Die Braunschweiger Ermittler seien nie an den Verein herangetreten. Dessen Fanbeauftragter Jörg Emgenbroich ist sicher: Hätte der Verein gewusst, wen die Braunschweiger Polizei befragen will, hätte man die Betreffenden ausfindig machen und ihnen Gelegenheit geben können, sich zu rechtfertigen.

Aber abgesehen von einer Verurteilung durch das DFB-Sportgericht, wonach Fortuna eine Geldstrafe für die Feuerwerks-Einlage der Fans zahlen musste, seien die Ereignisse rund um jenes Spiel kein Thema mehr gewesen. "Nicht einmal beim Rückrundenspiel vor zwei Wochen, bei dem auch szenekundige Braunschweiger Polizisten hier waren, ist unser Sicherheitsbeauftragter darauf angesprochen worden", so Emgenbroich, der, wie der Verein, aus den Medien von der Fahndung erfuhr.

Dirk Bierholz, Leiter des Fanprojekts im Jugendring Düsseldorf, war erschrocken, als er die Fahndungsfotos sah: "Ich dachte an Terroristen oder so etwas." Sicher, das Abbrennen von Feuerwerk im Stadion sei strafbar. Aber die Öffentlichkeitsfahndung sei völlig überzogen. "Das steht doch in keinem Verhältnis zueinander." Zumal es Fotos von der Tribüne gebe, in denen einer der Gesuchten fahnenschwenkend zu sehen sei. Der habe für die gefährlichen Fackeln gar keine Hand frei gehabt. Mit der Veröffentlichung seines Fotos hätten die Ermittlungsbehörden ihn aber "gewissermaßen vorverurteilt".

Dass das rigorose Vorgehen der Braunschweiger Fahnder abschreckende Wirkung auf die Pyrotechnik-Befürworter unter den Fans haben könnte, sieht Bierholz nicht. Er befürchtet das Gegenteil, nämlich einen "Solidarisierungseffekt". Der könnte auch jene Fans mitreißen, die sich von den Feuerwerkern bislang ferngehalten hätten, einfach aus Trotz. Schließlich sei auch die Pyrotechnik-Aktion in Braunschweig eine Reaktion vergrätzter Fans auf das zögerliche Verhalten des DFB in der Debatte um die Bengalo-Legalisierung gewesen.

(sg)
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