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Fußballgipfel "Ich möchte mal wieder Radball gucken"

Düsseldorf · Traditionell zum Start in die neue Bundesliga-Spielzeit lädt die RP zum Fußballgipfel. Auf dem Podium präsentieren sich die Macher der vier großen rheinischen Klubs in Bestform.

Der Fußball-Gipfel der RP 2016
38 Bilder

Der Fußball-Gipfel der RP 2016

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Olympische Spiele sind das Sportthema dieser Tage. Auch die rheinischen Fußballmacher verfolgen die Wettkämpfe in Rio de Janeiro. Sehnsüchte nach einer Teilnahme inklusive. Friedhelm Funkel offenbarte, dass er sich gerne mal im olympischen Tennisturnier ausprobieren würde. Max Eberl hingegen sieht seine Talente außerhalb des Fußballs auf eine Laufsportart beschränkt. Eines haben aber die Teilnehmer des RP-Fußballgipfels gemein: Das olympische Fußballturnier lockt alle vor die Bildschirme.

Herr Schmadtke, Sie haben in Timo Horn einen Spieler für das deutsche Olympiateam abgestellt. Was sagen Sie dazu, dass nicht alle Vereine dazu bereit waren?

Schmadtke Es gab keine Abstellungspflicht, aber wir haben einen sehr wichtigen Spieler mit unserem Stammtorhüter abgegeben. Das ganze Prozedere im Vorfeld war intransparent. Man hätte das geschickter lösen können. Aber am Ende haben wir eine Lösung gefunden, mit der alle leben konnten.

Völler Man hatte so ein bisschen das Gefühl, dass die Vereine das stiefmütterlich behandelt haben. Das sehe ich anders. Es gab keine Abstellungspflicht, aber alle Vereine haben dennoch beschlossen, dass wir pro Klub zwei Spieler abstellen. Bei ein paar Mannschaften, die europäische Qualifikationsrunden spielen, ging das nicht. Das ist auch okay. Ich finde, das sollte man nicht kritisieren. Das waren Entscheidungen pro Olympia. Das ist nicht selbstverständlich.

Olympia war zuletzt sehr von Skandalen belastet. Schadet das insgesamt dem Sport?

Völler Man hatte im Vorfeld das Gefühl, dass es schadet. Aber zwei, drei Tage nach Beginn der Spiele hat es sich wieder beruhigt - bis zu den ersten Dopingfällen. Aber: The show must go on. Es gibt viele Wettbewerbe, die im Schatten des Fußballs stehen. Es ist schön, dass diese nun im Fokus stehen.

Ist der Fußball zu groß geworden?

Eberl Der Fußball überstrahlt alles. Wir können aber nichts dafür. Der Fußball ist nun mal das, was die Menschen bewegt. Das ist aber natürlich ein Problem für die anderen Sportarten. Sie bekommen bei Olympia nun zu Recht eine riesen Aufmerksamkeit. Der Fußball versucht mit der Bundesliga-Stiftung, die unter anderem Athleten anderer Sportarten unterstützt, etwas zurückzugeben.

Schmadtke Der Fußball drückt die anderen Sportarten schon an den Rand und darüber hinaus. Max sagt richtig, wir können nichts dafür. Aber es ist schade. Ich würde mir im deutschen Fernsehen schon mal wieder Berichte zum Beispiel über Radball, was ich als Kind gerne geguckt habe, wünschen. Der Fußball dominiert extrem.

Das Olympiaturnier läuft noch, die EM ist vorbei. Was bleibt vom Turnier in Frankreich hängen?

Schmadtke Für die Analysten war die EM nicht aufschlussreich. Es gab keine großen Neuerungen, die in die Vorbereitung auf die neue Saison einfließen.

Kann man aus der EM den Schluss ableiten, dass die großen Spieler aufgrund der vielen Spiele an ihre Grenzen geraten?

Völler Die Antwort war schon vor dem Turnier gegeben. Es ist schwierig für die Spieler, die ohnehin viele Spiele haben, dann noch so eine lange EM zu spielen. Das wird sich aber nicht mehr zurückdrehen lassen. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass wir bald auch 40 Teams bei einer WM haben werden.

Muss sich der Fußball vielleicht neu entwickeln? Es wird über Pausen während den Partien oder Erhöhung des Wechselkontingents gesprochen. Oder ist das alles Humbug, Herr Eberl?

Schmadtke Entschuldigung, aber der größte Humbug ist, dass wir eine EM mit 24 Teams spielen.

Eberl Bist du gefragt worden oder ich?

schmadtke Ich habe wohl einen Hörfehler. Aber im Ernst: Es ist doch der größte Humbug. Da findet eine EM statt und es scheiden gerade einmal 35 Prozent der Teams nach der Vorrunde aus. Was ist das denn für eine Vorrunde? Und dann wirst du mit drei Unentschieden Europameister. Na, herzlichen Glückwunsch. Mein Ding ist das nicht. Es stimmt: Wir werden das nicht zurückgedreht bekommen. Aber alle erzählen immer, die Belastung für die Spieler ist zu groß. Dann gibt es mehr Spiele und noch mehr Spiele. Und wenn wir kein Spiel haben, dann ziehen wir noch nach China zur Vermarktung.

Entschuldigung, dass diese Frage wohl dem Falschen gestellt wurde.

Schmadtke Tut mir leid, Max.

Eberl Alles gut. Ich hätte es weniger emotional ausgedrückt, aber ich hätte das gleiche gesagt. Was Jörg sagt, trifft den Nagel auf den Kopf. Wir brauchen nicht über mehr Auswechslungen zu reden, wenn immer mehr Spiele gefordert werden. Unsere Topspieler auf der Welt sollen Spiele entscheiden. Aber das können sie nicht mehr, wenn sie schon 65 Spiele gespielt haben. Das macht allen keinen Spaß.

Auslandsvermarktung bedeutet auch Belastung. Ist das auch ein Problem?

Eberl Belastung haben wir alle. Man kann sie aber über die Turniere reglementieren. Warum gibt es 24 Teams bei der EM? Das Niveau wird dadurch nicht besser. Die Reisen nach Asien oder in die USA sind legitim. Das kann jeder Verein für sich entscheiden. Jeder kann nein sagen.

Es geht viel um Geld. Herr Funkel, Sie sind von unseren Gästen am längsten im Geschäft. Was sagen Sie zu den Transfersummen? Manchester United zahlt 120 Millionen Euro für Paul Pogba.

Funkel Das ist absoluter Wahnsinn. Für den normalen Menschen ist das nicht mehr nachvollziehbar. Das hat sich aber über Jahrzehnte dahin entwickelt. Die Vermarktung, die Fernsehgelder wurden immer mehr.

Völler Es ist einfach so viel Geld auf dem Markt. Es ist eine typisch deutsche Frage: Wohin soll das noch führen? In Südeuropa stellt sich keiner diese Frage. Wenn immer mehr Geld reinkommt, geht auch mehr raus. Das für uns vier viel Ärgerlichere: Es kommt 30 Jahre zu spät.

Keine Sorge, wir gehen gleich noch mit dem Klingelbeutel herum. Herr Schmadtke, was sagen Sie?

Schmadtke Ich finde es merkwürdig. Ich finde es auch merkwürdig, wer sich wie zu diesem Thema äußert. Ich will aber auch nicht, dass es aussieht, dass ich über alles nur meckere. Ich mag diesen Fußball. Wir müssen nur aufpassen, dass wir uns nicht zu sehr von der Basis entfernen. Ich kann keinem vermitteln, der 20 Euro für eine Karte bezahlt, dass einer für 120 Millionen von links nach rechts transferiert wird. Das ist nicht in Ordnung. Ein paar Dinge gefallen mir einfach nicht. Auch, wer mittlerweile Transfers steuert. Berater sind wichtiger als alles andere. Wir Vereine haben es aber auch ein Stück weit versäumt, den Beratern das Stoppschild aufzustellen.

Herr Eberl, manche Berater wollen Spieler gar nicht in der Bundesliga unterbringen, weil unterklassige englische Klubs mehr bieten. Wie richten Sie sich da aus?

Eberl Wir müssen uns nach dem Markt richten. Und der englische Markt gibt mehr Geld her. Die Bundesliga steht aber dafür, dass sich Spieler dort sehr gut entwickeln. Die jungen Talente wollen nach Deutschland. Ich bin auch der Meinung, dass die Summen dem Fußball gefährlich werden können. Stephan Schippers (Borussia-Geschäftsführer, Anm. d. Red) und ich haben bei den Verhandlungen über Granit Xhaka ein Angebot von Arsenal abgelehnt, das früher dem Umsatz von Borussia Mönchengladbach entsprach. Wir haben uns aber schon bewusst gemacht, was wir da abgelehnt haben. Früher wären wir mit der Schubkarre gekommen, um das Geld abzuholen. Der Fußball hat sich eben so entwickelt.

Mario Götze kommt zurück zu Borussia Dortmund. Ist sein Wechsel zu Bayern nach zwei Treffern in den Winkel wieder vergessen?

Funkel Das glaube ich schon. Man muss Dortmund ein Kompliment machen. Das wurde gut vorbereitet. Herr Watzke hat schon vor Monaten Aussagen getätigt, dass eine Rückkehr möglich ist. Er ist auch entspannt aufgenommen worden. Er wird vor Spielfreude strotzen, fühlt sich wieder zuhause.

Wie schätzen Sie die Rolle von Borussia Dortmund ein?

Schmadtke Es wird schon schwierig. Sie haben extrem viel Substanz verloren. Perspektivisch haben sie aber super Spieler verpflichtet. Die beiden neben mir hier, Max und Rudi, werden aber schon Druck aufbauen.

Eberl Schön, dass Jörg uns hier in die Rolle drückt.

Schmadtke Du kannst dich nicht immer ausruhen. Du nimmst 25 Millionen ein, und dann willst du nur Fünfter werden, oder was?

Eberl Wir haben verdammt viel damit zu tun, das zu halten, was wir die vergangenen Jahre erreicht haben. Das war herausragend. Ich werde meinen Realismus nicht verlieren und Parolen raushauen, dass wir Teams angreifen, die seit Jahrzehnten in dem Bereich tätig sind, in dem wir uns seit vier Jahren mal wieder bewegen dürfen. Wir müssen ja auch auf die Leipziger und Kölner aufpassen, die uns abspenstig machen wollen, was wir erreicht haben. Entschuldigung, wenn ich da etwas langweilig bin.

In einer Woche steht das Qualifikationshinspiel zur Gruppenphase der Champions League in Bern an. Wie ist die Ausgangslage?

Eberl Wir hatten Glück, dass Bern Donezk ausgeschaltet hat, so dass wir in Topf eins geblieben sind und Gegnern wie Manchester City, FC Porto oder Villarreal aus dem Weg gegangen sind. Klar sind wir Favorit in diesen Spielen. Aber Favorit heißt nicht, dass das ein Selbstläufer ist.

Herr Völler, Sie sind als Dritter für die Königsklasse qualifiziert. Zuletzt hörte man ein paar mutigere Töne aus Leverkusen. Was ist möglich?

Völler Unser Anspruch ist, wieder in diesem Bereich zu landen und noch besser Fußball zu spielen. Dann können wir uns an die berühmten Klubs noch näher heranpirschen. Vor allem zu Borussia Dortmund. Der Abstand war mit 18 Punkten riesig. Da wollen wir aufholen.

Sie pflegen den Satz "Wenn die Bayern mal schwächeln, müssen die anderen da sein". Gehört Leverkusen dazu?

Völler Das gilt für alle, die dahinter stehen. Ich wüsste aber nicht, warum die Bayern schwächeln sollten. Es gab eine Position in der ersten Elf, die vielleicht nicht mit absoluter Weltklasse besetzt war. Das war eine Innenverteidigerposition. Das haben sie mit dem Transfer von Mats Hummels sehr elegant gelöst. Dem ärgsten Mitstreiter mit den besten Spieler abgekauft und ihn dadurch noch geschwächt. Das ist schon ganz große Klasse.

Kann man da José Mourinho zustimmen, wenn er dem FC Bayern fehlende Solidarität vorwirft, dass der ohnehin wenig spannende Kampf um die Meisterschaft wohl nicht prickelnder wird?

Eberl Mourinho soll sich um seine Dinge kümmern, wir kümmern uns um unseren Wettbewerb. Er gibt genug Geld aus, um das gleiche in der Premier League zu machen.

Schmadtke Ich finde den Ansatz süß, einfach keinen Spieler vom Konkurrenten zu verpflichten, um die Meisterschaft spannend zu machen. Der Gedanke ist mir so noch nicht gekommen.

Im Sommer wurden auch Ihnen, Herr Eberl, Kontakte zum FC Bayern nachgesagt. Ist das Thema abgehakt?

Eberl Im Sommerloch gab es wohl gar nichts zu schreiben. Deswegen wurde mein Name in den Ring geworfen. Mehr gibt es dazu wirklich nicht zu sagen.

Seit Sie, Herr Schmadtke, mit Trainer Peter Stöger vor drei Jahren das Ruder übernommen haben, herrscht in Köln Ruhe. Wie haben Sie es geschafft, dass Langeweile mittlerweile ein Qualitätsmerkmal in Köln ist?

Schmadtke Diese Frage aus Düsseldorf in Richtung Köln ist schon speziell. Ich finde es nicht langweilig in Köln. Finden Sie Platz neun für einen Verein, der im zweiten Jahr Bundesliga spielt, langweilig?

Nein, es gab aber schon andere Zeiten mit anderen Schlagzeilen.

schmadtke Ja, wir haben keine Skandale. Das liegt vielleicht daran, dass sowohl Herr Stöger als auch ich ein bisschen langweilig sind.

Herr Funkel, bei diesen Erstliga-Themen müssen einem Fortuna-Trainer die Tränen kommen. Worüber denkt Fortuna in naher Zukunft nach?

Funkel Die vergangenen drei Jahre ging es tabellarisch und finanziell stetig bergab. Man sieht hier bei den anderen Vereinen: Sie sind alle erfolgreich, aber das hat Zeit gebraucht. In Köln gibt es seit Jahren kein Theater mehr. Wenn wir in Düsseldorf diese Ruhe, diese Kontinuität auch hinbekommen, dann kann man leise Hoffnungen wagen, sich sportlich zu verbessern. Wir wollen in diesem Jahr nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Und wir wollen, dass es im Klub ruhiger wird, dass sich die Leute wieder mit der Fortuna identifizieren können.

ROBERT PETERS UND GIANNI COSTA STELLTEN DIE FRAGEN. PATRICK SCHERER FASSTE DAS GESPRÄCH ZUSAMMEN.

(RP)
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