Fortuna Düsseldorf Fortunas Anhängerszene ist zerrissen
Frankfurt/M · Beim 0:0 in Frankfurt kommt es im Gästeblock unter den Fortuna-Fans zu Handgreiflichkeiten. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Es geht um Politik – oder auch nicht, das ist die Frage.
Beim 0:0 in Frankfurt kommt es im Gästeblock unter den Fortuna-Fans zu Handgreiflichkeiten. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Es geht um Politik — oder auch nicht, das ist die Frage.
Die Situation wirkte bedrohlich. Nicht etwa, weil das Zweitliga-Fußballspiel zwischen dem FSV Frankfurt und Fortuna Düsseldorf (0:0) in irgendeiner Weise den Anstoß zu Gewalttaten zwischen den gegnerischen Anhängern gegeben hätte — nein, urplötzlich brach im Düsseldorfer Fanblocks heftige Unruhe aus, und die Kontrahenten in dem schnell um sich greifenden Handgemenge waren rivalisierende Gruppen innerhalb der Fortuna-Fanszene.
Der Auslöser des Tumultes, den letztlich die Polizei durch ihren Aufmarsch im Gästeblock und die vorübergehende Festnahme von vier Personen beenden musste, war eine Szene, die anfangs nur einige Umstehende bemerkten. Drei Mitglieder der Fortuna-Fangruppe "Bushwhackers" hängten im Stadion am Bornheimer Hang ihre Fahne am Zaun auf, dazu eine der "Frente Atlético", einer Anhängergruppe des spanischen Erstligisten Atlético Madrid. Dies werteten die nur wenige Meter entfernt stehenden "Dissidenti Ultra", eine linksgerichtete Fan-Vereinigung, als Provokation, da "Frente Atlético" als faschistisch und rassistisch geächtet wird.
Mit Rufen wie "Wir sind Fortunen und ihr nicht" sowie "Nazis raus" begleiteten die Dissidenti den Versuch, die Fahnen herunterzureißen. So kam es zu den Handgreiflichkeiten — doch ganz so einfach, wie der Sachverhalt klingt, ist er bei näherer Betrachtung nicht. "Wir sind keine Nazis", beteuert Jochen Dancker, selbst Mitglied der Bushwhackers. "Einige von uns sind mit den Jungs aus Madrid befreundet, das ist alles. Bei uns sind Griechen, Chinesen, Polen und Menschen mit afrikanischen Wurzeln Mitglied, die würden sich doch nie mit Nazis verbünden."
Kenner der Düsseldorfer Fanszene schließen sich dieser Ansicht an. Es gebe bei Fortuna kein Nazi-Problem, betont ein früheres Mitglied der Ultras, die in der Landeshauptstadt traditionell eher links orientiert sind. Dann bleibt jedoch die Frage, warum die Bushwhackers die Fahne einer politisch derart bedenklichen Gruppe öffentlich präsentieren — Naivität oder doch Provokation?
"Hier werden Leute als Nazis verunglimpft, die nur Fußball gucken wollen", sagt der Ex-Ultra, möchte allerdings seinen Namen nicht öffentlich nennen. "Ich hoffe, dass die Polizei schnell aufklärt, wer in Frankfurt mit der Gewalt anfing, denn das waren nicht die Bushwhackers. Aber es ist eben die einfachste Sache der Welt, mit ,Nazis-raus'-Rufen viele Leute auf seine Seite zu bringen. Schon eher bekommen wir ein Links-Problem bei Fortuna, wenn der Verein nicht reagiert."
Genau das will der Vorstand nun tun. "Wir wollen die Gruppen an einen Tisch bringen", sagt Finanzvorstand Paul Jäger, aber das wird womöglich gar nicht so einfach sein, da sich die Dissidenti schon einmal weigerten, unter der Moderation des Vorstands mit den Bushwhackers zu reden. Nun sollte man es sich freilich auch nicht zu einfach machen und die Dissidenti als die "Bösen" hinstellen.
In Dresden zum Beispiel beeindruckten sie mit einer Choreographie zu Ehren des in Auschwitz ermordeten früheren Fortuna-Vorstands Waldemar Spier. Schießen sie nun übers Ziel hinaus, indem sie unpolitischen — so sehen sich die Bushwhackers — Fans Nazi-Ideologie und sogar Morddrohungen unterstellen? Oder sind sie wirklich ernstzunehmende Mahner vor einer rechten Unterwanderung? Fortunas Vorstand muss diese Fragen klären — keine leichte Aufgabe.