"Man will mir was anhängen" Flog Daum 1990 in Köln wegen Drogenkonsum raus?

Neuss (sid). Die spektakuläre Entlassung von Christoph Daum als Cheftrainer des 1. FC Köln 1990 im WM-Quartier der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im italienischen Erba soll möglicherweise im Zusammenhang mit dem Drogenkonsum des Coaches gestanden haben. Dies schreibt das Münchner Nachrichtenmagazin Focus in seiner am Montag erscheinenden Ausgabe.

Focus berichtet von einer eidesstattlichen Versicherung eines Kölner Spielervermittlers aus dem Jahr 1991, wonach der erste Bundesliga-Meister versucht habe, Daum mit Enthüllungen um seinen angeblichen Kokain-Konsum unter Druck zu setzen. "Man will mir was mit Kokain anhängen", soll Daum gesagt haben. Der Klub wolle ihn anzeigen oder dafür sorgen, "dass aus dieser Sache etwas würde". Nach Informationen des Express soll die eidesstattliche Versicherung im Safe des Kölner Anwaltes und ehemaligen Chefs der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), Bernd Schäfer III, liegen. Dieser war jahrelang Vorstandsmitglied des "Geißbock"-Klubs.

Der damalige Kölner Klub-Chef Dietmar Artzinger-Bolten, der Daums Entlassung vorangetrieben hatte, erklärte: "Ich nehme die jetzigen Daum-Berichte mit einer gewissen Genugtuung zur Kenntnis. Ich fühle mich bestätigt. Daraus können sie ihre Schlüsse ziehen."

Dagegen berichtet die Bild am Sonntag, dass Daum bis 1994 "clean" gewesen sei. Dies soll Prof. Walter F. Thumfart, Chef der Hals-, Nasen- und Ohrenabteilung an den Tiroler Landeskrankenanstalten in Innsbruck bestätigt haben. Dort hatte sich Daum 1994 einer Operation an den Nasenscheidewänden unterzogen. Der Mediziner soll ein Gutachen erstellt haben, wonach Daum bis 1994 kein Kokain genommen habe. Dieses Gutachten soll den Anwälten des 47-jährigen Daum vorliegen.

Der Fußball-Lehrer scheint trotz eines positiven Drogentests und staatsanwaltlicher Ermittlungen weiter der Überzeugung zu sein, dass er sich nichts hat zuschulden kommen lassen. Er werde sich "zu gegebener Zeit, wenn meine Anwälte alles zusammen haben", gegenüber der Öffentlichkeit äußern, "dann werden wir auch zu der unrichtigen Haar-Analyse Stellung beziehen", sagte er in einem persönlichen Gespräch mit einem Reporter von Bild.

Daum, der den Bild-Reporter nach dessen Angaben in einem unscheinbaren Büro im Großraum von Orlando in Florida traf, äußerte sich überraschenderweise auch versöhnlich über Bayer Leverkusen und Manager Reiner Calmund, gegen die er vor kurzem noch durch Anwälte zum Teil schwere Vorwürfe erhoben hatte. "Ich hoffe", sagte Daum nun, "die Freundschaft bleibt aufrechterhalten". Er habe sich zwar "das eine oder andere Zugeständnis" erwartet, "doch mit etwas mehr Abstand zu den Dingen habe ich ein wenig mehr Verständnis."

Zu seinem mutmaßlichen Drogenkonsum wollte Daum, der sich in Florida angeblich einer weiteren Haar-Analyse unterzogen hat, keine Stellung beziehen. "Zu so einem Mist sage ich gar nichts." Dennoch scheint er weiter fest daran zu glauben, dass er noch den Nachweis seiner Unschuld erbringen werde, allein schon seiner beiden Kinder zuliebe. Daum betonte: "Ihnen bin ich schuldig, dass die Sache geklärt wird. Darum kämpfe ich. Ich telefoniere jeden Tag mit meinen beiden Kindern und ich schreibe ihnen auch."

Unterdessen berichtet die Süddeutsche Zeitung, dass bei den Ermittlungen gegen einen Ring mutmaßlicher Drogenhändler, mit denen Daum in Kontakt gestanden haben soll, auch ein so genannter V-Mann, ein Verbindungsmann der Polizei, zum Einsatz kam. Die seit dem 17. Oktober gegen Daum ermittelnde Staatsanwaltschaft in Koblenz wollte dazu keine konkreten Angaben machen. Immerhin wurde bekannt, dass die Fahnder am Freitag Bernd R. verhörten, der einen Bekannten von Daum mit Kokain beliefert haben soll und angeblich versucht hat, den Ex-Trainer von Bayer Leverkusen zu erpressen.

(RPO Archiv)
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