Fernduell mit Münster Rot-Weiss Essen träumt vom Aufstieg in die Dritte Liga

Essen · Nach zwölf Jahren schickt sich Rot-Weiss Essen an, zurück in den Profi-Fußball zu kehren. Am Samstagnachmittag bahnt sich ein Herzschlagfinale in der Regionalliga West im Fernduell mit Preußen Münster an. Aktuell entscheidet nur das Torverhältnis über den Aufstieg in die Dritte Liga.

An der Hafenstraße könnte Rot-Weiss Essen am Samstag den Aufstieg feiern.

An der Hafenstraße könnte Rot-Weiss Essen am Samstag den Aufstieg feiern.

Foto: Stefan Döring

Er ist inzwischen zu einer Art Tradition geworden; und in diesen Tagen wird er wieder mehrfach zelebriert: der Platzsturm. Begeisterte Fans erobern nach Schlusspfiff das Spielfeld ihrer Lieblingsmannschaft und feiern auf dem Rasen den sportlichen Erfolg, ihre Idole und auch sich selbst. So war es vergangene Woche in Frankfurt, als die Eintracht das Finale der Europa League erreichte; am Samstag in Köln, als der „Effzeh“ die Rückkehr nach Europa perfekt machte oder in Gelsenkirchen, nachdem der Bundesliga-Aufstieg durch war. Liebend gern würden sie am Samstag auch in Essen einen Platzsturm miterleben. Das würde bedeuten, dass der Traditionsverein Rot-Weiss durch einen Erfolg gegen Rot Weiss Ahlen am letzten Spieltag endlich nach zwölf Jahren den Aufstieg aus der Regionalliga West in die 3. Liga geschafft hat.

Spannender könnte das Aufstiegsfinale in der Liga, in der nur der Tabellenerste hoch darf, kaum sein. Im Fernduell mit Preußen Münster (gegen den 1. FC Köln II) hat der RWE nur zwei Tore Vorsprung gegenüber dem großen Rivalen, der an der Ruhr so verachtet wird.

Dass es überhaupt so gekommen ist, grenzt schon an ein Wunder. Noch bis zum vergangenen Wochenende sah es so aus, als würde Essen seinem Image wieder einmal alle Ehre machen. Wenn es wichtig wird, verspielt man an der Hafenstraße 97A gern in unglücklicher Regelmäßigkeit eine gesamte Saison. Im vergangenen Jahr fehlte schon nicht viel für den Aufstieg – schlussendlich setzte sich die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund durch. Auch in diesem Jahr war RWE lange vorn, ließ in den vergangenen Wochen aber immer wieder wichtige Punkte liegen. Aus einem komfortablen Vorsprung wurde ein Zwei-Punkte-Rückstand auf Münster. Im Niederrhein-Pokal schied Essen in Wuppertal im Halbfinale aus, danach war für Trainer Christian Neidhardt Schluss. „Wir wollten noch mal einen Impuls setzen“, sagte RWE-Vorstandsvorsitzender Marcus Uhlig.

Der Niedergang in dieser Saison begann ausgerechnet gegen Münster. Im Heimspiel der Essener gegen Preußen am 20. Februar knallte es beim Stand von 1:1 plötzlich heftig. Ein Böller schlug direkt neben den Ersatzspielern der Gäste ein. Spielabbruch und eine Essener Niederlage vor dem Sportgericht war die Folge. Münster nutzte das Momentum, gewann selbst die als schwierig eingestuften Partien gegen Fortuna Köln (1:0) und Rot-Weiß Oberhausen (3:0) – bis sie letzten Freitag vollkommen unerwartet gegen Wiedenbrück (0:0) patzten. Essen hingegen gewann souverän gegen Rödinghausen (3:0) und geht nun als Tabellenführer in das spannende Schlussrennen. Der Impuls mit dem Trainerwechsel hat scheinbar geklappt.

„Wir sind kurz vor der Ziellinie, müssen den Schritt aber jetzt gehen. Wir haben ein Zeichen nach außen gesetzt, dass wir wieder da sind“, sagte RWE-Mittelfeldspieler Thomas Eisfeld vor der Partie gegen Ahlen.

Nach 15 Jahren in der Regionalliga, von Anhängern oft abwertend als „Schweineliga“ bezeichnet, lechzt eine ganze Stadt nach dem Aufstieg in die 3. Liga. Duelle gegen den Rivalen MSV Duisburg, den VfL Osnabrück oder Waldhof Mannheim würden nächste Saison als Belohnung warten – und nicht mehr die Fahrt nach Lippstadt oder Straelen. Für einen Traditionsverein, dessen Fans sich vom Potenzial her gern mindestens als Zweitligist sehen, der Traum schlafloser Nächte.

Wie groß der Hype rund um Rot-Weiss Essen in diesen Tagen ist, lässt sich am besten mit einem Blick auf die üblichen Verkaufsportale für Eintrittskarten überprüfen. Horrende Preise werden von denjenigen verlangt, die beim möglichen Aufstiegsspiel dabei sein wollen und sich nicht rechtzeitig um Tickets bemüht haben.

16.500 RWE-Fans dürfen am Samstag dabei sein, wenn das wichtigste Spiel der jüngeren Vereinsgeschichte angepfiffen wird. Beim Schlusspfiff könnte es dann die emotionalen Bilder von zig Fans auf dem Feld geben. Nur eine Bitte hat Uhlig dann doch: der Rasen darf nicht als Trophäe mit nach Hause genommen werden, sollte es wirklich mit dem Aufstieg klappen. Der Grund ist einfach: am Sonntag spielt der Frauen-Fußball-Klub SGS Essen im Stadion. „Dann muss der Rasen noch bespielbar sein“, fleht RWE-Präsident Marcus Uhlig. Wenn das mal Essens einziges Problem wird.

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