Kommentar Mit Höwedes stünde Schalke besser da

Gelsenkirchen · Als das Champions-League-Spiel zwischen Schalke und Moskau zu Ende war (1:0), drehte Benedikt Höwedes eine Ehrenrunde in der Arena. Dass er seinen Herzensklub S04 im Sommer verlassen hat, war ein teures Missverständnis. Ein Kommentar.

FC Schalke 04: Benedikt Höwedes und Jefferson Farfan offiziell verabschiedet
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Schalke verabschiedet Höwedes und Farfan

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Foto: dpa/Guido Kirchner

Spielerische Höhepunkte hatte das Gruppenspiel in der Königsklasse nicht. Ganz im Gegenteil. 90 Minuten lang lieferten sich der FC Schalke und Lokomotive Moskau einen Kick, der der Champions League nicht würdig war. Schalkes Alessandro Schöpf gelang das späte Siegtor (90.) am Dienstagabend. Für den Gänsehaut-Moment des Abends sorgte dann aber Benedikt Höwedes. Der Rückkehrer des Abends stand allein auf dem Rasen. Minutenlang stand er mit Tränen in den Augen vor der blau-weißen Nordkurve. Alle applaudierten. Selbst objektive Fußballfans dürften mindestens einen kleinen Kloß im Hals gehabt haben. Der Schalker im Moskau-Trikot hat für einen der rar gewordenen Momente auf Schalke gesorgt. „Für immer einer von uns“, stand da auf den Fan-Bannern. Da wurde deutlich: Einer wie Benedikt Höwedes fehlt im Gelsenkirchener Team.

16 Jahre lang spielte Höwedes beim Rervierklub. 335 Pflichtspiele für die Königsblauen. Sechs Jahre lang war er Kapitän. Dann folgte der unschöne Abschied. Erst ein Jahr Juventus Turin. Und im Sommer 2018 die Flucht nach Moskau. „Reisende soll man nicht aufhalten“, hatte Tedesco etwas unbedacht in einer Pressekonferenz gesagt. Er setzte ihn als Kapitän ab und verweigerte die Stammplatz-Garantie. Tedesco wollte aber nicht, dass Höwedes geht. „Reisende kann man durchaus aufhalten“, hatte der Spieler noch getwittert. Und dann war er weg. Ein Missverständnis, das teuer wurde: Eine der letzten Identifikationsfiguren verließ den Klub. Und die Mannschaft verlor eine Integrationsfigur.

Benedikt Höwedes – Schalker, Allrounder, Weltmeister
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Das ist Benedikt Höwedes

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Foto: afp, vel

Höwedes (30) zählte nie zu den herausragenden Innenverteidigern in der Bundesliga. Und trotzdem hat er es zum Nationalspieler gebracht und wurde 2014 Weltmeister. Einer wie Höwedes ist wichtig, weil er Teamgeist hat. Weil er junge Spieler führen kann. Weil er der Kitt sein kann, wenn extrovertierte Charaktere aufeinandertreffen, von denen es im Fußball längst viel zu viele gibt. Und weil er Köpfchen hat: „Die Seele des Fußballs wird verkauft“, hatte er im Interview mit der „FAZ“ kürzlich gemahnt.

Mit Kampfgeist und Leidenschaft ist das Team Vizemeister 17/18 geworden. Diese Werte haben den Revierklub immer ausgemacht. Ein Höwedes täte der Mannschaft jetzt gut. Sie stünde auch vor den Fans besser da, wenn es einen gegeben hätte, der etwa nach dem Derby (1:2) klar gesagt hätte, wie bitter das war. Wie herzlich Schalke ihn empfangen würde, wenn er nach Vertragsende 2022 aus Moskau in den Heimatklub zurückkäme – in welcher Funktion auch immer –, das weiß er, spätestens wieder seit Dienstag.

(ball)
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