Gegenentwurf zu Tönnies Aufsichtratschef Buchta plant Neuerungen auf Schalke

Gelsenkirchen · Die Zeiten der „Allein-Regentschaft“ von Clemens Tönnies auf Schalke sind vorbei. Der neue Aufsichtsratschef Jens Buchta will mit dem Gremium wieder näher an Vorstand und Basis rücken. Die Kurskorrektur ist eingeleitet, die Ziele bleiben, aber nicht um jeden Preis.

 Clemens Tönnies (l.) und Jens Buchta.

Clemens Tönnies (l.) und Jens Buchta.

Foto: dpa/Martin Meissner

Der neue Schalter Aufsichtsratschef Jens Buchta gilt als eine Art Gegenentwurf von Clemens Tönnies. Der 57 Jahre alte Wirtschaftsjurist aus Essen spricht und handelt rationaler als der zuweilen unberechenbare Fleischfabrikant aus Rheda-Wiedenbrück. Tönnies hatte sich wegen des Corona-Ausbruchs in seinem Unternehmen und der zu bewältigenden Folgen Ende Juni aus seinen Ämtern beim Fußball-Bundesligisten zurückgezogen. Eine neue Zeitrechnung beginnt. „Ich bin sicherlich etwas zurückhaltender. Von daher wird der Aufsichtsrat in Zukunft weniger medial in Erscheinung treten“, kündigte Buchta als neue Nummer eins im Kontrollgremium im Interview der „Funke Mediengruppe“ (Donnerstag) an.

Er sei ein „etwas anderer Typ“ als Tönnies, sagte Buchta, und ließ Reformwillen beim Revierclub erkennen, bei dem zuletzt fast alles schief lief. Den finanziell angeschlagenen Traditionsclub sieht er trotz großer Sparzwänge nicht im Mittelmaß versinken. „Wir werden natürlich in den nächsten zwei, drei Jahren bestimmte Veränderungen bei der Finanzstruktur der Mannschaft vornehmen müssen, das bringt die Situation mit sich. In dieser Zeit sollten wir nicht die internationalen Plätze als Ziel ausgeben. Das ist aber keinesfalls ein Bekenntnis zum Mittelmaß“, betonte Buchta. „Wir sind Schalke 04 und der Ehrgeiz, nach diesen Veränderungen wieder oben mitzuspielen, ist nach wie vor groß.“

Er ist bestrebt, die Arbeit des höchsten Vereinsgremiums zu verändern. So werde sich der Aufsichtsrat künftig nicht nur viermal im Jahr treffen, sondern zusätzlich alle vier Wochen telefonisch mit dem Vorstand um Jochen Schneider und Alexander Jobst konferieren. Auch der Sportausschuss, der früher Eilausschuss hieß, soll stärker eingebunden werden in den Austausch mit Schneider, Jobst, Kaderplaner Michael Reschke und gegebenenfalls auch Trainer David Wagner.

„Mein Eindruck war immer: Wir sind als Aufsichtsrat zu weit weg von dem, was im Verein passiert. Bei Dingen wie der Härtefallregelung oder – ganz eklatant – bei der Frage, was mit der Mannschaft in der Corona-Pause passiert ist, muss der Aufsichtsrat Antworten bekommen“, erklärte Buchta, über den bisher nicht Negatives bekannt ist, wo immer man sich im Verein umhört.

Schon als Stellvertreter von Tönnies war er immer jemand, der dem Chef auch mal auf die Finger klopfte und mahnte, wenn mit diesem die Pferde durchzugehen drohten. Gleichwohl verlor Buchta kein böses Wort über Tönnies, der in der Öffentlichkeit - oft auch zu Unrecht - als Alleinherrscher auf Schalke wahrgenommen wurde. „Ich glaube schon, dass wir in vielen Dingen auf einer Wellenlänge gelegen haben“, sagte der promovierte Wirtschaftsexperte über Tönnies. „In den 14 Jahren, in denen ich im Aufsichtsrat bin, haben wir sehr vertrauensvoll zusammengearbeitet, hatten allerdings auch gelegentlich unterschiedliche Positionen.“ Vor allem bei wirtschaftlichen Themen habe er eher „etwas vorsichtiger“ agieren wollen „als zu offensiv“, verriet Buchta. Aber stets sei es zu einer Einigung gekommen.

Bei der Suche nach einem neuen Finanzvorstand, der die Nachfolge des ebenfalls vor Wochen ausgeschiedenen Peter Peters antreten soll, umfasst die Bewerberliste laut Buchta etwa 50 Namen. Grund für eine schnelle Entscheidung sehe er nicht. Auch weil die von einer Direktorin geleitete Finanzabteilung hervorragende Arbeit leistet. Das bestätigte auch Peters im Gespräch mit der dpa. „Da ist Schalke glänzend aufgestellt.“ Der neue Finanzvorstand müsse laut Buchta „nicht zwingend“ aus dem Fußballbereich kommen. „Bei der Suche gilt: Qualität geht vor Zeit. Wenn das einige Monate in Anspruch nimmt, wäre es aus meiner Sicht völlig unproblematisch.“

(pabie/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort