Das vorerst letzte Mal? Schalke mit Nostalgie im Revierderby gegen den Abstieg
Gelsenkirchen · Das 180. Revierderby könnte vorerst das letzte Bundesligaduell zwischen Schalke 04 und Borussia Dortmund sein. Der vierte Abstieg der Königsblauen rückt immer näher.
Ein paar besondere Derby-Momente hat Ralf Fährmann ausgewählt und an seine Mitspieler von Schalke 04 geschickt. Der Hundebiss in den Allerwertesten von Friedel Rausch von 1969 oder das berüchtigte Nebelderby drei Jahre zuvor waren ebenso wie das 10:0 der Königsblauen von 1940 bestimmt nicht dabei, dafür aber die spektakulärste Aufholjagd beim 4:4 vor dreieinhalb Jahren.
"Ich habe ein paar Videos in unsern Mannschafts-Chat gestellt, um sie heiß zu machen, damit wir ein geiles Derby spielen", berichtete der Torhüter. Was Fährmann ganz bewusst nicht sagte: Die 180. Auflage des Ruhrpott-Klassikers am Samstag (18.30 Uhr/Sky) auf Schalke könnte das vorerst letzte Duell in der Bundesliga sein. Gibt es das bedeutendste aller Derbys in Deutschland künftig nur noch in der Vergangenheitsform?
Die Schalker Gegenwart lässt es befürchten. Der vierte Abstieg in der Vereinsgeschichte rückt immer näher. Selbst ein - völlig überraschender - Sieg gegen den Erzrivalen würde den brutal abgestürzten Traditionsklub nicht vom Tabellenende wegführen. Der Rückstand auf den Vorletzten FSV Mainz 05 beträgt schon fünf, der auf den Relegationsplatz bereits neun Punkte.
Einem Erfolg im Derby müsste eine Siegesserie folgen, damit Schalke den Anschluss und neue Hoffnung findet. Genau darauf setzt Fährmann, der sein zwölftes Revierderby bestreiten wird. "Wir brauchen Punkte", sagte der 32-Jährige, der mit diversen Unterbrechungen seit 2003 bei den Königsblauen ist, "ein Sieg am Samstag wäre ein super Einstieg in eine kleine Serie."
Der Keeper hat nur zwei seiner Derbys verloren und vorwiegend positive Erinnerungen. Etwa an sein erstes Bundesligaspiel beim 3:3 in Dortmund 2008, vor allem aber an das schon legendäre 4:4 im November 2017, als seine Schalker nach 25 Minuten 0:4 hinten lagen, Trainer Domenico Tedesco in der Halbzeit vor den Spielern auf die Knie ging und Naldo in der Nachspielzeit das größte Comeback der Derby-Geschichte krönte.
Schon einmal verhalf ein Sieg gegen den BVB den Gelsenkirchenern zum Klassenerhalt: Im April 2019 triumphierte Schalke mit Retter Huub Stevens 4:2 in Dortmund - mit einem Doppelpack von Daniel Caligiuri, der später in der Vereinskneipe mit den Fans auf dem Tisch tanzte.
Damals lag Königsblau sechs Punkte vor dem Relegationsplatz, diesmal ist die Lage ungleich prekärer. Von den letzten 37 Bundesligaspielen hat Schalke nur eins gewonnen, auch der vierte Trainer der Saison, Christian Gross, hat den beispiellosen Absturz nicht stoppen können. Der vierte Abstieg nach 1981, 1983 und 1989 könnte existenzbedrohende Folgen haben: Der Klub ist mit 240 Millionen Euro verschuldet und war nach zwölf Europapokalteilnahmen zwischen 2005 und 2019 - darunter sieben in der Champions League - auf ganz andere Einnahmemöglichkeiten eingestellt.
Marketingvorstand Alexander Jobst hat für den Fall des Abstiegs bereits den "sofortigen Wiederaufstieg" als Ziel ausgegeben. Mehr als ein Jahr in der 2. Liga, da sind sich Insider sicher, wird Schalke nicht ohne große Schäden überstehen - das abschreckende Beispiel des 1. FC Kaiserslautern, mittlerweile in der 3. Liga in Abstiegsnöten, macht vielen Fans Angst.