DFB ermittelt nach Derby-Geschmacklosigkeit Schalke Ultras fordern „Freiheit“ für BVB-Attentäter
Gelsenkirchen · Ultras des FC Schalke 04 haben sich auf einem Banner mit dem Mann solidarisiert, der im April 2017 Bomben am BVB-Mannschaftsbus zündete. Die Geschmacklosigkeit ereignete sich am Rande des Revierderbys, das nun ein unschönes Nachspiel bekommt. Der DFB hat Ermittelungen aufgenommen.
Hitzig war es, hart umkämpft und über weite Teile stimmungsvoll. Am Ende hatte dieses Revierderby zwischen Schalke 04 und Borussia Dortmund vor 60.000 Fans einen sportlich verdienten Sieger in Spitzenreiter BVB. Mit 2:1 gewannen die Borussen in der Arena des Erzrivalen. Die Polizei bilanzierte später ein „mit einigen Ecken und Kanten ruhiges Derby“, es habe aber „kleinere Scharmützel“ zwischen den Anhängern beider Lager gegeben.
Die größte Unsportlichkeit des Nachmittags spielte sich noch während des Spiels im Stadion, in der Fankurve des Gastgebers ab: „Tod dem BVB!!! Freiheit für Sergej W.!" hieß es dort auf einem Banner im I-Block der Nordkurve. Damit spielten die Urheber des Banners auf den Attentäter des Anschlags auf den BVB an.
Sergej W. hatte vor dem Dortmunder Champions-League-Spiel gegen den AS Monaco im April 2017 mehrere Explosionen am Mannschaftsbus des BVB ausgelöst. Dortmunds Verteidiger Marc Bartra wurde damals schwer verletzt. Am 27. November diesen Jahres wurde W. wegen versuchten Mordes, Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und gefährlicher Körperverletzung zu 14 Jahren Haft verurteilt. In dem Prozess hatte der Angeklagte die Tat zugegeben, aber jegliche Tötungsabsicht bestritten.
Dennoch wurde W. von einem kleinen Teil der Schalker Fanszene nun zum Märtyrer auserkoren. Auf Fotos des Banners ist zu sehen, wie einzelne vermummte Personen die beschriftete Tapete über eine Plexiglas-Balustrade in der Schalker Fankurve halten. Ergänzt wurde das geschmacklose Derby-Banner um das Logo der Schalker Ultra-Gruppierung „Hugos“, die sich damit als Urheber bekannten.
Die Gruppe ist für ihre Gewaltbereitschaft bekannt, verschiedene Mitglieder wurden bereits zu Gefängnisstrafen verurteilt. Zwischen 2012 und 2015 hatte ein Großteil, rund 150 Personen, in Folge von Ausschreitungen in Dortmund ein bundesweites Stadionverbot. Bei ihrem letzten Heimspiel vor der Aussperrung im Jahr 2012 zündeten die „Hugos“ bei einem Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt große Mengen Pyrotechnik. Die Polizei leitete damals Ermittlungen gegen 60 Personen ein, einzelne Mitglieder wurden später zu Gefängnisstrafen verurteilt. Im Frühjahr 2016 drohte der FC Schalke der Gruppe erneut ein kollektives Stadionverbot an, nachdem Mitglieder Polizisten mit Flaschen und Steinen angegriffen hatten. Damals verband der S04 die Drohung mit einem Angebot an die Gruppe: Mitglieder sollten sich schriftlich verpflichten, künftig auf Gewalt zu verzichten. Eine Vereinssprecherin sagte der „WAZ“ damals, der Rücklauf habe positiv überrascht.
Eine Reaktion des Vereins auf das Banner steht aus. Die Polizei Gelsenkirchen kündigte gegenüber dem „WDR“ an, die Forderung „Tod dem BVB“ auf den Strafbestand der „Aufforderung zum Mord“ zu prüfen. Der DFB-Kontrollausschuss hat wegen des Plakats ein Ermittlungsverfahren gegen den FC Schalke 04 eingeleitet. Das bestätigte ein Verbandssprecher unserer Redaktion. In der Vergangenheit bestrafte das Sportgericht des DFB verschiedene Vereine für ähnliche Verfehlungen.
Mit dem gegen W. verkündeten Urteil von 14 Jahren blieb der Vorsitzende Richter am Dortmunder Landgericht unterhalb des Antrags der Staatsanwaltschaft, die lebenslängliche Haft gefordert hatte. Die Verteidigung hatte auf eine Strafe von deutlich unter zehn Jahren plädiert. Beide Seiten kündigten an, Revision einzulegen.
Am 11. April hatte W. neben dem fahrenden BVB-Bus, der sich mit 28 Insassen auf dem Weg zum Champions-League-Heimspiel gegen AS Monaco befand, kurz nach der Abfahrt aus dem Mannschaftsquartier drei selbst gebaute Sprengsätze zur Explosion gebracht. Durch den Anschlag wollte W. die Aktie des amtierenden Bundesliga-Spitzenreiters an der Börse abstürzen lassen.