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Kolumne Gegenpressing Die Woche der Empörung auf Schalke

Gelsenkirchen · Fußball-Fans können anstrengend sein. Vor allem auf Schalke, wo sie sich gern in die Vereinsbelange einmischen. Das ist bestimmt nicht immer schlecht – ganz sicher im Fall Tönnies nicht.

  Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies verlässt das Rednerpult.

Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies verlässt das Rednerpult.

Foto: dpa/Tim Rehbein

Der große Mann auf Schalke ist daran gewöhnt, die Dinge selbst zu regeln. Deshalb ist Clemens Tönnies überzeugt davon, sich buchstäblich selbst entschuldigen zu können, sich selbst die Schuld zu nehmen und nicht erst um Entschuldigung bitten zu müssen. Auch die Gremien des Klubs sind davon überzeugt. Deswegen durfte der Aufsichtsratsvorsitzende die Strafe für seine verheerende Bemerkung selbst bestimmen. In Afrika solle man ein paar Kernkraftwerke bauen, „dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren“, hatte er bei einer Veranstaltung in Paderborn gesagt. Kostenpflichtiger Inhalt Drei Monate Amtspause hält Tönnies für eine angemessene Buße.

Wahrscheinlich wundert er sich darüber, dass nicht jeder Schalker das für angemessen hält. Die Empörung in großen Teilen der Anhängerschaft ist nicht verstummt, auch gut eine Woche nach der Rede nicht. Natürlich hat der Sturm der Entrüstung, der aus der Basis über den Verein hereinbricht, ein paar selbstgerechte Züge. Das gehört zum Wesen der Empörung. Aber der Sturm der (selbstgerechten) Entrüstung ist deshalb, auch das sagt das Wort, zumindest zur Hälfte gerecht.

Ob die Fans etwas bewegen, ist nicht heraus. Aber sie haben bewiesen, dass sie sich als gestaltender Teil des Vereins und nicht als mal jubelndes und mal brav im Sinne der Führung abstimmendes Beiwerk verstehen. Das ist in jeder Hinsicht anstrengend. Manchmal ist die Selbstgerechtigkeit schwer zu ertragen, so als Fan-Vertreter dem Kapitän Benjamin Stambouli die Binde abnahmen, weil die Mannschaft schlechten Sport ohne inneren Zusammenhang geboten hatte. Manchmal aber trifft der Zorn den Richtigen. Kostenpflichtiger Inhalt Im Fall Tönnies zum Beispiel – auch wenn die Anhänger des Aufsichtsrats das ganz anders sehen.

Es bleiben Positionen. Hier die Fans, die sich nicht mehr von einem allen kritischen Einwänden entrückten Selfmade-Milliardär vertreten lassen wollen, der in aller Öffentlichkeit rassistische Bemerkungen macht. Damit muss er zwar noch lange kein Rassist reinsten Wassers sein, aber er muss wissen, wessen Beifall er sich damit sichert.

Das ist die andere Seite (auch im Klub), die der Fraktion „Man wird das doch mal sagen dürfen“. Diese Fraktion verharmlost, was andere schwer beleidigt hat. Dass die aus Afrika stammenden Schalker Gerald Asamoah und Hans Sarpei sich so tief getroffen fühlten, dass sie offen Partei gegen den Ober-Schalker ergriffen, müsste jedem zu denken geben.

Den pseudo-liberalen Tönnies-Anhängern offenbar nicht. Und zu allem Überfluss stimmen sie der in der Bemerkung versteckten Behauptung zu, das Problem des weltweiten Klimawandels sei erstens in Afrika zu ergründen und zweitens dort zu lösen. Das ist einfach falsch. Das Industrieland Deutschland steht in der Tabelle der weltweiten Klimasünder auf Platz sieben, und am Ende der Skala mit der niedrigsten Pro-Kopf-Emission von CO2 rangieren zehn afrikanische Staaten (von Niger bis Burundi).

Tönnies hat genau das getan, was ihm Sarpei vorwirft: Er hat im Geist der Kolonialzeit geredet, als großer weißer Mann, der weiß, was in Afrika, „beim Afrikaner“ falsch läuft. Das ist blanker Rassismus und nicht nur eine Diskriminierung, wie der gehorsame Schalker Ehrenrat befand. Dass dieser Geist noch lange nicht überwunden ist, zeigt der Beistand, den Tönnies erfährt. Und das ist eine ganz schlechte Nachricht.

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