Debatte um die Super League Wirtschaftlicher Erfolg steht an erster Stelle

Düsseldorf · Der „Spiegel“ berichtet über angebliche Pläne der großen europäischen Klubs, eine Super League zu gründen. Es ist offenbar eine Drohkulisse in den Verhandlungen mit der Uefa über mehr Geld. Und es wäre der Abschied vom Sport.

 Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Präsident Uli Hoeneß.

Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Präsident Uli Hoeneß.

Foto: AP/Michael Sohn

Im Sommer hat die Europäische Fußball-Union (Uefa) das Prämiensystem für die Champions League neu geregelt. Seither verdienen die großen Klubs auf dem Kontingent von Anfang an mehr als die Konkurrenten. Denn die Uefa honoriert die zurückliegenden Verdienste mit zusätzlichen Prämien, die sie nach der sogenannten Koeffizientenrangliste bemisst. Dort werden die Platzierungen der vergangenen zehn Jahre berücksichtigt. Der deutsche Meister Bayern München belegt in dieser Rangliste den dritten Platz. Das wird schon vor der ersten Ballberührung mit 33,24 Millionen Euro belohnt. Insgesamt könnten die Münchner in dieser Saison weit mehr als 100 Millionen Euro einnehmen – unabhängig von den Eintrittsgeldern.

Das finden die Bayern und die anderen europäischen Schwergewichte natürlich ziemlich gut. Und es gilt als sehr wahrscheinlich, dass sie diese Form von besonderer Behandlung 2016 in den Gesprächen mit dem Champions-League-Veranstalter Uefa durch zarten Druck erstritten haben. Darüber berichtet das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ jedenfalls in seiner jüngsten Ausgabe. Er beruft sich auf Informationen der Enthüllungsplattform „Football Leaks“.

Europäischer Super-League: Die Reaktionen aus der Bundesliga
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Reaktionen zu den Superliga-Gerüchten

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Foto: dpa/Matthias Balk

Druck, behauptet das Magazin, habe ein Kartell der führenden Klubs ausgeübt. Neben den Bayern werden Real Madrid, Juventus Turin, der FC Barcelona, Manchester United, der FC Arsenal und AC Mailand genannt. Die großen Sieben sollen dem europäischen Verband mit der Gründung einer selbstverwalteten Super League und dem Ausstieg aus der Champions League gedroht haben. Für die Uefa eine schreckliche Aussicht. Schließlich nimmt sie nach zuverlässigen Schätzungen durch ihre großen Wettbewerbe jährlich 3,25 Milliarden Euro brutto ein. Gut zwei Milliarden schüttet sie an die Teilnehmer des Wettbewerbs aus – mit den genannten Boni für die Großen.

Die hätten nun ganz gern, dass sie auf Dauer im finanziellen Vorteil bleiben. Das gehört zum Wesen des Geschäfts. Um ihren Vorrang weiter abzusichern, sollen die führenden europäischen Klubs ihre Pläne von einer Super League in diesem Jahr noch einmal konkretisiert haben. Der „Spiegel“ berichtet von einer bindenden Absichtserklärung, die 16 Vereinen zur Unterschrift noch im November vorliegen soll. Darin werde die Gründung einer Super League in der Spielzeit 2021 beschlossen. Elf Vereine, unter ihnen die Bayern, behalten für 20 Jahre das Startrecht, fünf weitere, unter ihnen Borussia Dortmund, können absteigen.

Die Bundesligisten dementieren Einzelheiten, nicht aber das große Ganze. „Wir stehen total zu unserer Mitgliedschaft in der Bundesliga und analog zu den Uefa-Wettbewerben“, sagt Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Planspiele zum Ausstieg aus der heimischen Liga und zu den Aussichten einer Super League bestreitet er allerdings nicht. „Es ist normal“, sagt Rummenigge, „dass man sich damit juristisch auseinandersetzt. Ich sehe darin keinen Skandal.“ Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke beteuert: „Ich habe deutlich gesagt, dass Borussia Dortmund für keinen Wettbewerb dieses Planeten die Bundesliga verlassen würde.“ Und dann sagt er einen wichtigen Satz: „Die Bundesliga ist mittlerweile deutsches Kulturgut.“

Das führt geradewegs zur Kernfrage in dieser Diskussion um unermüdliche Geldvermehrung, Showgeschäft, zementierte wirtschaftliche Erfolgsaussichten und Teilhabe. Sie lautet: Wem gehört der Fußball? Gehört er den Fans, die ihn finanzieren, die ihm das Herz geben, die ihn zu Watzkes Kulturgut machen? Gehört er den kleinen und größeren Wirtschaftsunternehmen, die sich beschönigend noch Vereine nennen können und die an der Schraube seiner Vermarktbarkeit drehen? Gehört er den Verbänden, die ihn im Spielbetrieb organisieren?

Viele Fans beantworten diese Frage unabhängig von Super-League-Szenarien, indem sie finanzielle Auswüchse und Überprofessionalisierung beklagen und damit feststellen, dass ihnen „ihr“ Fußball langsam genommen werde. Die Verbände bemühen ihre Sonntagsreden, um zu betonen, dass der Fußball Allgemeingut sei. Aber auch sie agieren wie Wirtschaftsunternehmen, deren innerer Antrieb das beständige (finanzielle) Wachstum ist. Und die Vereine fühlen sich als die wesentlichen Akteure auf dieser Bühne. Damit leiten sie den Anspruch auf den größten Anteil am Kuchen ab. Ihnen geht es nicht oder nicht im Wesentlichen um die weichen Werte, für die ihre Anhänger stehen. Ihnen geht es um wirtschaftlichen Erfolg.

Bislang war dieser Erfolg an sportliche Siege gekoppelt. Und dieses System hat eine innere Logik. Wer mehr gewinnt, der verdient auch mehr. Das ist sportlicher Kapitalismus. Die Großen in Europa denken zumindest im Erstellen einer Drohkulisse darüber nach, die Logik dieses Wettbewerbs in großen Teilen einfach aufzuheben. Ihnen scheint der Gedanke zu gefallen, zu einem Stichtag wirtschaftlichen Erfolg zu garantieren, der nur mit zurückliegenden Siegen untermauert wird. Das ist am Ende der Abschied vom Sport.

Das kann niemand wollen, der sich einen Hauch von Fußballromantik erhalten hat und ins Stadion geht, weil der Sieger erst noch ermittelt wird. Durch seine Eintrittsgelder kann er mitbestimmen, was er von den Plänen einer Super League hält. Das scheinen die Akteure auf der Fußballbühne zu wissen. Deshalb werden sie auch weiterhin mit der Selbstvermarktung in einer Liga der unabsteigbaren Prominenz nur drohen. Einstweilen sind die Großen zufrieden damit, dass ihre wirtschaftliche Vormachtstellung längst festgeschrieben ist. Nächstes Jahr werden übrigens die Prämien für die Spielzeit ab 2021 verhandelt.

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