Kimmich & Co. Den Bayern droht in der Impfdiskussion der große Bruch

Analyse | München · Joshua Kimmich und die anderen Impfverweigerer spalten den FC Bayern München in zwei Lager. Der Verein reagiert mit Gehaltskürzung auf die erneute Quarantäne der Spieler. Die sportlichen Ziele sind durch deren Ausfall gefährdet.

Joshua Kimmich bei der EM 2021 - Der Jungstar des FC Bayern München im Porträt
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Das ist Joshua Kimmich

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Foto: dpa, kno

Zum Glück hat Bayern München den Einzug ins Achtelfinale der Champions League bereits sicher. Deshalb ist das Spiel bei Dynamo Kiew am Dienstag (18.45 Uhr) nicht mehr von herausragender sportlicher Bedeutung. Immerhin können die Münchner mit einem Punktgewinn den Gruppensieg sicherstellen.

Sie haben zurzeit allerdings ganz andere Sorgen. Das hängt mit der Corona-Pandemie im Allgemeinen und derKostenpflichtiger Inhalt demonstrativen Impfunwilligkeit einiger Spieler im Besonderen zusammen – vor allem mit der des großen Stars Joshua Kimmich. Dessen Verweigerungshaltung zieht das größte öffentliche Interesse auf sich. Ebenso wie Eric Maxim Choupo-Moting, Serge Gnabry, Jamal Musiala und Michael Cuisance sitzt der Nationalspieler in Quarantäne, weil alle Kontakt zu einer positiv getesteten Person hatten.

Der Klub hat daraus eine erste ernsthafte Konsequenz gezogen. Er belässt es nicht bei öffentlichen Vorträgen, die dem Impfen das Wort reden. Er greift den Fußballern in die Lohntüte. Weil die Politik beschlossen hat, Ungeimpften in Quarantäne die Lohnfortzahlung zu streichen, behalten die Bayern das Gehalt der Spieler für die Dauer der Quarantäne ein. Einen entsprechenden Bericht der „Bild am Sonntag“ bestätigte der Klub zwar nicht, dafür aber sinngemäß dessen langjähriger Vereinschef Karl-Heinz Rummenigge. Der sollte es eigentlich wissen.

Es handelt sich jedenfalls um bemerkenswerte Summen. Allein Kimmichs Wochenverdienst wird auf rund 380.000 Euro geschätzt. Da kommt einiges zusammen.

Die Unruhe im Klub ist damit natürlich nicht befriedet. Es ist eher der Anfang eines offenen Krachs. Das lässt sich aus den wenigen öffentlichen Stellungnahmen bereits herauslesen, obwohl die Chefetage um Oliver Kahn sich noch nicht richtig aus der Deckung getraut hat. Immerhin stellte Kahn schon Ende Oktober nach dem verheerenden 0:5 im DFB-Pokal in Mönchengladbach fest: „Wir können nur empfehlen, sich impfen zu lassen. Aber es obliegt jedem selbst. Die Konsequenzen sind nicht unerheblich. Einerseits gesundheitlich, wenn der Spieler ungeimpft ist und sich infiziert. Aber auch die Konsequenzen, die der Verein tragen muss.“ Der Klub hätte es schließlich ganz gern, wenn er mit seinen besten Spielern in die Wettbewerbe gehen kann.

Trainer Julian Nagelsmann ist deshalb ausdrücklich „genervt“. Und ihm fehlt wie vielen anderen das Verständnis dafür, weshalb ein kluger Junge wie Kimmich mit seinem Einser-Abitur so wenig Einsicht zeigt. „Ich habe schon den Anspruch, dass Spieler, die nicht geimpft sind, das verstehen, dass die Gefahr als Ungeimpfter deutlich größer ist, mehr Spiele und Trainingseinheiten zu verpassen als als Geimpfter. Ich glaube nicht, dass ich das einem Spieler klarmachen muss. Das ist offensichtlich. Das liegt auf dem Präsentierteller“, erklärte der Coach.

Die Folgen sind ebenso wenig zu übersehen. Die Münchner haben zwar nicht nur wegen Kimmichs Abwesenheit in Augsburg verloren (1:2). Sie könnten dennoch auf Dauer in höchst bewegtes Fahrwasser geraten, weil Nationalspieler fehlen, und weil die Diskussion den Klub in schwer versöhnliche Lager spaltet. Nagelsmanns Unverständnis für Kimmich und die Impfverweigerer teilt eine große Gruppe in der Mannschaft. Namentlich der sonst so fröhliche Meinungsführer Thomas Müller hat bereits sehr vernehmlich gegrantelt. Unter den Impfverweigerern andererseits soll es nach einem Bericht des Bayerischen Rundfunks zumindest einige geben, die rechtliche Schritte wegen des Lohnabzugs erwägen. Auf mannschaftliche Geschlossenheit kann zumindest augenblicklich niemand hoffen. Auch wenn Nagelsmann am Montag über die Gefahr einer möglichen Spaltung wegen der Ungeimpften sagte: „Ich glaube nicht, dass die Mannschaft daran zerbricht.“

Der Abomeister und erklärte Branchenführer des deutschen Fußballs steht ganz sicher am Anfang einer Krise, die das Erreichen der Saisonziele mächtig gefährden kann. Im DFB-Pokal sind die Bayern schon Zuschauer, in der Bundesliga haben sie Borussia Dortmund auf einen Punkt heranrücken lassen. In knapp zwei Wochen müssen sie zum Spitzenspiel im ehemaligen Westfalenstadion antreten. Ob bis dahin der große Bruch in Team und Verein geheilt sein kann, ist eine sehr offene Frage. Sie kann in erster Linie von Kimmich beantwortet werden.

Beim BVB sind nach Auskunft des Vereins übrigens alle Spieler geimpft oder genesen. Ausnahmsweise müssen sich die Bayern mal ein Beispiel an einem anderen Klub nehmen. Das trägt wahrscheinlich auch nicht zur Besserung ihrer Laune bei.

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