Bayern empfängt Dortmund Endlich wieder Spannung

München · Dortmund geht mit zwei Punkten Vorsprung ins Spitzenspiel bei den Bayern. Bei einem Sieg ist die Meisterschaft ganz nah. Der Team-Check ergibt: Es gibt keinen Favoriten.

 Der Wettlauf um den Titel: Joshua Kimmich (Bayern München) vor Jacob Bruun Larsen und Mario Götze (Dortmund).

Der Wettlauf um den Titel: Joshua Kimmich (Bayern München) vor Jacob Bruun Larsen und Mario Götze (Dortmund).

Foto: dpa/Ina Fassbender

Begeisterte Anhänger der spanischen Sprache nennen dieses Spiel den „deutschen Clasico“. Damit wollen sie ausdrücken, dass die Partie Bayern München gegen Borussia Dortmund für Deutschland und die Bundesliga die Bedeutung hat wie jene Begegnung zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid für Spanien und die Primera Division. Fest steht in jedem Fall, dass es sich um ein richtiges Spitzenspiel handelt. Die Münchner liegen vor dem Duell mit den Dortmundern zwei Punkte zurück. Mit einem Sieg könnte der BVB am 28. Spieltag einen großen Schritt zur deutschen Meisterschaft machen. Deshalb ist die Begegnung so etwas wie das Finale der Bundesliga.

Die Teams im Check:

Torwart Die Bayern hoffen sehr, dass Manuel Neuer seine muskulären Probleme bis Samstag überwunden hat. In den vergangenen Wochen hat der Münchner Schlussmann die Form auf den Platz gebracht, die zumindest daran erinnert, dass er der beste Torwart der Welt war. Roman Bürki hat stark aufgeholt. Der ehemals nervlich nicht sonderlich starke Keeper pariert inzwischen 71,7 Prozent der Schüsse, die auf sein Tor kommen. Da ist er besser als Neuer (58,2). Trotzdem sprechen Ausstrahlung und Erfahrung für Neuer. Vorteil Bayern – 1:0.

Abwehr Die Münchner haben unter der Woche gegen den Zweitligisten 1. FC Heidenheim im Pokal beim 5:4 eindrucksvoll bewiesen, dass ihre Defensive selbst gegen unterklassige Mannschaften erstaunliche Fehler begehen kann. Dennoch haben sich die Bayern in der Meisterschaft zwei Tore weniger eingefangen als die Dortmunder, nämlich 28. Die BVB-Deckung hat in der Saison mehrmals buchstäblich Lehrgeld bezahlen müssen, weil sie zum größten Teil aus Nachwuchsspielern besteht. Unentschieden – 2:1.

Mittelfeld, defensiv Dortmund hat die richtigen Schlüsse aus der wackligen Vorsaison gezogen. Durch Axel Witsel und Thomas Delaney hat die Borussia die Schaltzentrale mit Routine und Können verstärkt. Beide haben immer den Blick für die Absicherung ihrer Künstler im Angriff. Die Bayern stellen sich offensiver auf. Thiago, der weit eher ein angreifender Mittelfeldspieler ist, bekleidet die Position oft allein, manchmal steht ihm Leon Goretzka, ein ebenfalls an der Vorwärtsbewegung orientierter Spieler, zur Seite. Die vielzitierte Tagesform gibt den Ausschlag, die Positionen sind gleichwertig besetzt. Unentschieden- 3:2.

Außenpositionen, offensiv Der Dortmunder Jadon Sancho ist für viele die Entdeckung des Jahres. Mit großem Tempo, Dribbelstärke und einer für einen 19-Jährigen bemerkenswerten Reife setzt er seine Mitspieler in Szene und stürzt gegnerische Abwehrreihen in anhaltende Schwindelattacken. Bei den Bayern ist Kingsley Coman der Dribbler der Stunde – noch ein kleines bisschen schneller als Sancho (so ist das jedenfalls gemessen worden), aber nicht so effektiv. Dafür bringt Bayerns Rechtsaußen Serge Gnabry bessere Form mit als Dortmunds Linksaußen Jacob Bruun Larsen. Unentschieden – 4:3.

Mittelfeld, offensiv Marco Reus ist zurzeit der beste deutsche Spieler. Erstmals seit seiner Heimkehr an den Borsigplatz (2012) ist der Dortmunder Kapitän von Verletzungen weitgehend verschont. Er kann sein kreatives Potenzial ebenso ausschöpfen wie sein großes Talent, mit schnellen Läufen in die Spitze für die Kollegen Räume aufzutun, die sonst verborgen bleiben würden. 15 Tore hat er geschossen, an neun Treffern war er direkt, an zehn mit dem vorletzten Pass beteiligt. Das sind beeindruckende Zahlen, hinter denen der Müncher James zurückbleibt. Der Kolumbianer erzielte sieben Tore, lieferte vier Vorlagen und sieben vorletzte Pässe. Er hat allerdings auch vier Spiele (18) weniger auf dem Konto. Trotzdem: klarer Vorteil Dortmund – 4:4.

Angriff, zentral Dortmunds Trainer Lucien Favre setzte lange Zeit auf Arbeitsteilung zwischen Paco Alcácer und Mario Götze. Während Alcácer dabei fast unglaubliche 16 Treffer erzielte, ist Götze eher eine Anspielstation für die schnellen Dortmunder Angriffe. Die Bayern bevorzugen das Modell des klassischen Mittelstürmers. Und sie haben in Robert Lewandowski ganz sicher einen der besten der Welt. 19 Tore stehen in seiner Bilanz, und weil er dazu noch elfmal für seine Mitspieler erfolgreich auflegte, führt er die Torschützen- und Scorerliste an. Deshalb auch hier: Vorteil Bayern – 5:4,

Die Trainer Lucien Favre (BVB) gilt als besessener und gelegentlich ein bisschen verschrobener Taktik-Freak. Seine Vita beweist, dass er Spieler besser machen kann. Das hat er auch in Dortmund gezeigt. Niko Kovac hat die erwartete Eingewöhnungsphase beim Weltklub in München gemeistert. Sein Job besteht weniger darin, Spieler besser zu machen. Er muss eine manchmal schwierige Mischung von Stars in ein mannschaftliches Gefüge bekommen. Das gelingt ihm (noch) nicht immer. Daher: Vorteil Dortmund – 5:5.

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