Ex-Leverkusener Henrichs kämpft gegen Rassismus „Wir dürfen nicht aufhören!“

München · Benjamin Henrichs kennt das Gefühl nur zu gut, wegen seiner Hautfarbe beleidigt oder beschimpft zu werden. Der 23-Jährige will nicht länger „Opfer“ sein. Der Ex-Leverkusener erhebt daher im Kampf gegen Rassismus seine Stimme - und geht sogar auf die Straße.

 Benjamin Henrichs im DFB-Trikot.

Benjamin Henrichs im DFB-Trikot.

Foto: imago

In der Stimme von Benjamin Henrichs liegt über Jahre aufgestaute Wut. "Say his name!", brüllt der Fußball-Profi auf einer Anti-Rassismus-Demo immer wieder, "sagt seinen Namen!". Und seine Mitstreiter, neben ihm Schwester Tabea und Mama Phyllis, folgen der Aufforderung: "George Floyd!"

Der gewaltsame Tod des Afro-Amerikaners am 25. Mai in den USA hat auch den dreimaligen Nationalspieler Henrichs aufgerüttelt - und wie Millionen andere Menschen auf die Straße getrieben. "Für mich war es äußerst wichtig zu zeigen, dass ich ein Teil davon bin", sagt der 23-Jährige im SID-Interview über die längst globale Bewegung "Black Lives Matter".

Deshalb lief der frühere Leverkusener vor wenigen Tagen mit einem selbstgemalten Plakat ("Stop Racism") durch Düsseldorf. Seine schwarze Corona-Maske mit dem längst berühmten Floyd-Satz "I can't breathe" hatte er bisweilen unters Kinn gezogen, um seinem Ärger noch klarer Luft verschaffen zu können. "Die Teilnahme war für mich und meine Familie selbstverständlich, denn wir stehen für diese Bewegung", sagt Henrichs. Auch Papa Nils war dabei.

Als Sohn eines Deutschen und einer Ghanaerin war und ist Henrichs selbst immer wieder Opfer von Rassismus. "Auch ich habe schon erlebt, dass Menschen wegen mir die Straßenseite wechseln oder die Tasche enger zu sich zu ziehen", erzählt er, "als ich jünger war, wurde ich beispielsweise auch als Affe bezeichnet." Das sei "wirklich kein schönes Gefühl", betont er. Der Tod Floyds und die daraus resultierende weltweite Debatte habe die Erinnerung daran wieder geweckt und sein Engagement ausgelöst.

Monaco-Profi Henrichs, der die Corona-Pause nach dem Saisonabbruch in Frankreich zum Familienbesuch in Leverkusen nutzte, sieht sich als Vorreiter. "Wenn ich auch nur ein paar Leute davon überzeuge, aktiv gegen Rassismus vorzugehen, war das schon ein Erfolg", sagt er.

Wichtig aber sei, dass das Thema nachhaltig in der Öffentlichkeit bleibe, bis sich wirklich etwas ändere - in den USA, in Deutschland, überall auf der Welt: "Wir dürfen damit nicht aufhören. Wir dürfen nicht zulassen, dass dies jetzt wieder nur eine Phase ist, die in wenigen Wochen vergessen ist. Das ist schon zu oft passiert."

Henrichs nennt Rassismus "ein Verbrechen" und betont: "Es reicht nicht aus, kein Rassist zu sein - man muss Anti-Rassist sein. Die Menschen müssen mutig sein und einschreiten, auch in den Stadien". Klubs und Verbände dürften es nicht bei Kampagnen belassen, sondern müssten Taten folgen lassen. "Es darf gar nicht erst darüber diskutiert werden, ob Spieler Anti-Rassismus-Statements während eines Spiels setzen dürfen - das muss selbstverständlich erlaubt sein", fordert Henrichs.

"Sehr wichtig" sei deshalb auch und gerade die Solidarität von weißen Sportstars - gerne ebenso lautstark auf der Straße vorgebracht wie von ihm selbst.

SID mm th rd

(sid/old)
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