Niederlage gegen Sevilla Klopp und sein Final-Fluch: "Das ist nicht Gottes Plan"

Basel · Jürgen Klopp scheint mit einem Final-Fluch belegt. Doch seinen Kampfeswillen stachelt die schwarze Serie nur noch an.

Europa League: Reaktionen zum Finale
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"Wir haben uns diese Niederlage eingebrockt"

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Jürgen Klopp flüchtete zwischen den roten Samtkordeln alleine die Stadiontreppe hinunter, nur noch weg, die Silbermedaille hing wie ein Klotz um seinen Hals. Erst kurz vor Mitternacht, im feinen Nieselregen einer lauen Baseler Nacht, erwachte sein Kampfgeist. Das nächste Exemplar seiner stattlichen Silbersammlung hatte er da längst routiniert entsorgt.

"Ich glaube nicht, dass es Gottes Plan ist, mich ständig in Endspiele zu schicken und mir dann immer einen drüber zu geben. Das ist sehr hart", klagte der deutsche Teammanager des FC Liverpool - seine schwarze Serie von nun fünf Finalniederlagen scheint sich zu einem Fluch auszuwachsen. Aber: "Ich werde weitermachen! Ich werde stärker zurückkommen, und ich werde alles geben, was ich habe, um wieder ein Finale zu erreichen", sagte Klopp mit fester Stimme: "Und dann sitze ich hier als Sieger."

Seiner folgenden Beteuerung, es gebe "Wichtigeres im Leben", folgte Klopp selbst nur zwei Sekunden lang, dann gestand er ein: "Es fühlt sich nicht so an gerade."

"The Second One"

Die jährliche Siegesfeier des FC Sevilla nach einem historischen Titel-Hattrick tat sich Klopp nicht an, und auch der Blick ins Internet und in die Zeitungen war ihm am Donnerstag nicht anzuraten. Von "Klopps Flops" (Daily Mail) war zu lesen, bei Twitter wurde der Dortmunder Meistertrainer "The Second One" genannt, die in Liverpool seit der Hillsborough-Katastrophe verhasste Boulevardzeitung The Sun ätzte obendrein: "Champions League, DFB-Pokal, Europa League, League Cup - er jagt die komplette Sammlung von Finalpleiten. Jetzt fehlt nur noch der FA Cup, Jürgen!"

Insgesamt war Klopp nach dem 1:3 (1:0) im St. Jakob-Park trotz allen Schmerzes ruhig und gefasst - nur einen Schweizer TV-Reporter, der ihm mit einem dümmlichen Witzchen kam ("Wie sagt man? Klopp hoch?"), fertigte er vor laufender Kamera schonungslos ab. Auch ein Volunteer, der um ein gemeinsames Foto bat, bekam einen stechenden Blick zugeschossen.

Zudem schaute Klopp sehr kritisch auf die Schiedsrichterleistung. "In allen fünf Finals, die ich verloren habe, gab es keine einzige Fehlentscheidung zu meinen Gunsten", sagte er, "aber auch das wird sich irgendwann ändern. Vielleicht."

In insgesamt vier Situationen sah sich der 48-Jährige am Mittwochabend entscheidend benachteiligt. Zwei Handspiele der Andalusier im Strafraum hatte der schwedische Schiedsrichter Jonas Eriksson in der ersten Halbzeit übersehen, er gab ein umstrittenes Tor für Sevilla und pfiff das vermeintliche 2:0 für Liverpool zurück.

Die Konsequenz: keine "Silverware", aber wieder eine dieser wertlosen Silbermedaillen, keine Champions-League-Millionen, ja, gar keine Europapokal-Nächte. "Das bedeutet: kein Fußball am Mittwoch, keiner am Donnerstag", kommentierte Klopp, "wir werden das nutzen. Wir werden mehr Pausen bekommen und haben dann hoffentlich weniger Verletzungen, obwohl vielen meiner Spieler eine harte EM in Frankreich bevorsteht."

Das gilt auch für den deutschen Nationalspieler Emre Can, der nach dem Abpfiff verzweifelt in sein Trikot weinte. Anschließend hastete er wortlos in die Kabine und verschwand.

Fans bleiben friedlich

Klopp, in Liverpool bereits hymnisch verehrt, will seine Spieler motivieren, aus der "Baseler Bruchlandung" (Daily Mirror), dem "Kollaps" (The Sun), Kraft zu ziehen. "Vielleicht wird man irgendwann sagen: Das war ein entscheidender Tag für die wundervolle Zukunft des FC Liverpool", betonte er. Die Fans sangen: "With Jurgen Klopp, everything's gonna be alright." Und nach dem Spiel blieb es in Basel weitgehend friedlich - 30 Festnahmen vermeldete die Polizei.

Für Spanien ist bereits die Gegenwart wundervoll - die Dominanz der Armada im Europapokal ist erdrückend. Sevilla gewann die Europa League 2014, 2015 und dank des Doppeltorschützen Coke auch 2016, der Titel in der Champions League ging 2014 und 2015 nach Spanien. Am 28. Mai duellieren sich in Mailand Real Madrid und der Stadtrivale Atlético.

(sid)
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