Ex-Gladbacher bei Ajax Younes blüht auf

Gelsenkirchen · Schalke muss in der Europa League ein 0:2 gegen Ajax Amsterdam aufholen. Der Ex-Gladbacher Amin Younes will das verhindern.

Amin Younes im Zweikampf mit Thilo Kehrer.

Amin Younes im Zweikampf mit Thilo Kehrer.

Foto: afp, PST

Hadernd schlendert Amin Younes durch den Bauch der Amsterdamer Arena. "Ach, wir hätten vier, fünf Tore machen müssen", raunzt er in leisem Ton einer Pressesprecherin von Ajax zu. Die junge Dame nickt zustimmend und beginnt dann damit, den 23-Jährigen den Medienvertreten in der vom europäischen Fußball-Verband festgelegten Reihenfolge vor die Mikrofone zu stellen. Younes sammelt sich kurz, grinst schließlich spitzbübisch und spricht nicht gänzlich ohne Stolz über seinen Anteil am Sieg gegen Schalke 04. Younes steht im Rampenlicht. Eine Entwicklung, die ihm Experten schon vor Jahren bei Borussia Mönchengladbach vorausgesagt hatten. Eines der größten Talente Deutschlands nahm dazu den Umweg über die Niederlande in Kauf. Heute (21.05 Uhr/Live-Ticker) will der gebürtige Düsseldorfer das 2:0 mit Ajax im Viertelfinal-Rückspiel der Europa League auf Schalke ins Ziel bringen.

Auch Christian Heidel konnte sich der Strahlkraft Younes' nicht entziehen. "Wie sich Amin Younes entwickelt hat, ist bemerkenswert", sagte der Schalker Sportvorstand. Younes war in der vergangenen Woche Teil einer Amsterdamer Mannschaft, die Schalke über 90 Minuten nach Belieben dominierte. Das Duell zwischen dem Linksaußen und Schalkes Thilo Kehrer stand dabei als Sinnbild für die Partie. Younes war aggressiver, flinker, gedankenschneller und holte so auch den Elfmeter vor dem 1:0 heraus. Schnell zu erkennen: Die Fähigkeit zu dribbeln liegt in der DNA des ehemaligen U21-Nationalspielers. Stärke und Schwäche zugleich sind dabei seine nur 1,68 Meter Körperlänge. Der niedrige Körperschwerpunkt bringt seinen Mannschaftskameraden Heiko Westermann und Ex-DFB-Coach Horst Hrubesch, dazu, ihn als "einen der besten Eins-gegen-Eins-Spieler" Deutschlands zu betiteln. Auf der anderen Seite fehlt dem schmächtigen Younes naturgegeben die nötige Robustheit in Zweikämpfen.

In Mönchengladbach sprachen sie bei Younes schnell vom Juwel. Ab 2000 hatte er alle Jugendteams der Fohlen durchlaufen, schaffte 2012 unter Trainer Lucien Favre auch den Sprung zu den Profis. "Amin ist eine Waffe", sagte Sportdirektor Max Eberl begeistert. Doch Favre wollte Younes behutsam aufbauen, gab ihm zunächst wenig Spielzeit. Younes wurde ungeduldig. Sein Ehrgeiz und sein Spaß am Fußballspiel vertrugen sich nicht mit einem Platz auf der Bank. "Favre hatte eine gute Absicht, aber ich habe das als junger Spieler nicht wirklich verstanden, weil ich mich immer voll reingehängt und trotzdem kaum gespielt habe. Heute kann ich Favre besser verstehen", sagte Younes im vergangenen Oktober.

Damals wollte er aber mehr spielen, ließ sich zum 1. FC Kaiserslautern ausleihen. Doch auch dort kam er unter Trainer Kosta Runjaic nur sporadisch zum Einsatz. Younes hatte Probleme mit der härteren Gangart in der zweiten Liga. "Aber durch dieses Jahr bin ich härter, selbstständiger und reifer geworden", sagte Younes. Davon profitiert er nun.

Zur Saison 2015/16 wechselte Younes schließlich von Gladbach zu Ajax Amsterdam. Es sollte der richtige Schritt zur rechten Zeit sein. In den Niederlanden musste er sich über ein paar Einsätze bei Jong Ajax, der zweiten Mannschaft, hochdienen. Seit Ende September 2015 steht Younes nun regelmäßig in der Startelf in der Eredivisie. Die begeisterungsfähigen Ajax-Fans feiern ihn. Younes taugt mit seinem Spielwitz einfach zum Liebling. Im Frühjahr 2016 bereitete er in sechs aufeinanderfolgenden Spielen sieben Treffer vor und erzielte ein Tor selbst. Auch in der aktuellen Spielzeit stehen wettbewerbsübergreifend in 43 Spielen zwölf Vorlagen und fünf Tore zu Buche. "Ich habe hier generell Spaß in Amsterdam, nicht nur heute", sagte Younes am vergangenen Donnerstag. "Ich habe Vertrauen in die Qualität unserer Mannschaft. Es macht jeden Tag Spaß, mit diesen Jungs Fußball zu spielen. Das hat jeder gesehen. Ich bin froh, dass wir das einem deutschen Klub zeigen konnten."

Auch, weil er sich so in den Fokus für die deutsche A-Nationalmannschaft spielt. Alle Jugendmannschaften des DFB hat er bereits durchlaufen. Heute kann er Joachim Löw auf deutschem Boden von seinen Qualitäten überzeugen und ein Kandidat für den Confed-Cup in Russland im Sommer werden.

Vorerst zählt aber nur Schalke. Younes warnte: "Wir sind noch lange nicht durch." Sie haben eben nicht vier, fünf Tore gemacht.

(erer)
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