Wen streicht Bundestrainer Löw? Wackelkandidaten für die EM

Düsseldorf · Im Trainingslager des Fußball-Nationalteams läuft der Konkurrenzkampf um die Tickets zur Europameisterschaft auf Hochtouren. Vor allem im Mittelfeld hat Bundestrainer Löw eine große Auswahl mit dem 18 Jahre alten Schalker Draxler, den Bender-Zwillingen und Gündogan.

EM 2012: der deutsche Kader
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Spätestens in sechs Tagen schafft Joachim Löw Klarheit darüber, mit welchen Spielern er am 4. Juni nach Danzig reist, ins deutsche Quartier bei der Europameisterschaft. Bis Dienstag muss der Bundestrainer der Europäischen Fußball-Union (Uefa) seinen endgültigen Kader melden. Im Trainingslager Tourrettes (Südfrankreich) läuft auch schon ohne die Profis des FC Bayern der Konkurrenzkampf auf Hochtouren. Von den 27 Spielern, die Löw Anfang Mai für das vorläufige Aufgebot nominierte, schaffen es nur 23 zur Endrunde in Polen und der Ukraine (8. Juni bis 1. Juli). Wer sind die Wackelkandidaten?

Torhüter Manuel Neuer ist unumstritten die Nummer eins. Allein der Münchner hat seinen Platz sicher. Der Mönchengladbacher Marc-André ter Stegen, den die Profis der Bundesliga bei einer Umfrage des "Kicker" zum besten Schlussmann der Saison wählten, dürfte auch ohne einen Länderspieleinsatz bisher seinen Platz sicher haben, falls er in der EM-Vorbereitung seine exzellente Form aus der Liga bestätigt. Bleibt die Frage: Setzt Joachim Löw noch auf den erfahrenen Bremer Tim Wiese (30) oder auf den sieben Jahre jüngeren Hannoveraner Ron-Robert Zieler?

Abwehr Kapitän Philipp Lahm, Holger Badstuber und Mats Hummels sind die sichersten EM-Fahrer unter den sieben Kandidaten. Auf Marcel Schmelzer dürfte Löw nicht verzichten, weil der Dortmunder der geeignetste Akteur für die linke Außenbahn ist — insbesondere dann, wenn Lahm wie im Verein rechts spielen soll. Möglicherweise beruft der Coach alle sieben ins Aufgebot — also ebenfalls Per Mertesacker mit dessen Erfahrung aus 79 Länderspielen, Jerome Boateng und Benedikt Höwedes. Die beiden Letzteren stehen auch für die Position des rechten Außenverteidigers zur Verfügung.

Mittelfeld In diesem Bereich hat Löw ein Überangebot. Vizekapitän Bastian Schweinsteiger, Sami Khedira, Toni Kroos, Lukas Podolski, Mesut Özil, Thomas Müller, Marco Reus und — sofern er nach viermonatiger Verletzungspause (Schambeinentzündung) tatsächlich zu seiner früheren spielerischen Klasse zurückfindet — Mario Götze gelten als EM-Fahrer. Löw denkt darüber nach, Reus (18 Tore in der Bundesliga) auch als Stürmer aufzubieten — vielleicht schon in einem der beiden letzten Tests am Samstag in Basel gegen die Schweiz oder am darauffolgenden Donnerstag in Leipzig gegen Israel. Über den Leverkusener André Schürrle hat sich der Bundestrainer unlängst lobend geäußert, obwohl der 21-Jährige bei Bayer Leverkusen insgesamt nicht die Klasse wie zuvor bei Mainz 05 erreichte. Wackelkandidaten sind die Bender-Zwillinge Lars und Sven Bender (vermutlich mit besseren Karten für den Leverkusener Lars), Ilkay Gündogan und Julian Draxler.

Für Gündogan und Draxler sind die Chancen womöglich aber gar nicht so gering wie ursprünglich angenommen. Gündogan absolvierte bei Meister Dortmund im defensiven Mittelfeld eine exzellente Rückrunde. Draxler, mit 18 Jahren Jüngster im 27-köpfigen Kreis, hat wie ter Stegen noch nie in der A-Nationalmannschaft gespielt. Dass er zu den beiden Trainingslagern eingeladen worden ist, darf der Shootingstar zunächst einmal als erste Gelegenheit zu einem Schnupperkurs betrachten, damit er Erfahrungen für die WM 2014 in Brasilien sammeln kann. Überzeugt er Löw jedoch mit den Qualitäten, die er in dieser Saison bei den Königsblauen aufblitzen ließ, könnte es für ihn sogar reichen. Spielfreude, Technik, Dynamik und Unbekümmertheit sind Stärken des Schülers aus Gelsenkirchen. Dank seiner jugendlichen Unbeschwertheit hat er einen weiteren Vorzug: Wird er als Joker eingewechselt, kann er der Mannschaft noch einmal Impulse geben und das Spiel beleben. Das hat er beim FC Schalke nachhaltig bewiesen.

Sturm Mario Gomez und Miroslav Klose sind gesetzt. Im Fall Klose trifft dies freilich nur dann zu, wenn der Angreifer von Lazio Rom, der nach einem Muskelriss im Oberschenkel sechs Wochen Pause einlegen musste, wieder fit ist. Wegen Rückenbeschwerden fehlte der 33-Jährige am Montag und gestern beim Mannschaftstraining. Heute soll er wieder in die Arbeit auf dem Platz einsteigen. Der Stuttgarter Cacau muss um die Teilnahme an der EM bangen, nachdem Löw den künftigen Dortmunder Reus auch als möglichen Mittelstürmer ins Gespräch gebracht hat.

(RP/can/seeg/csi)
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