EM-Teilnehmer im Porträt England leidet seit 1966

Köln/London · Seit 46 Jahren wartet die englische Fußball-Nationalmannschaft auf einen Titel. Die gute Qualifikation weckte Hoffnungen beim Weltmeister von 1966 für die Euro 2012, doch die überraschende Trainerwahl und die Sperre von Wayne Rooney dämpfen die Erwartungen.

Das ist Wayne Rooney
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Foto: dpa, Kerim Okten

Ein gesperrter Superstar Wayne Rooney und die überraschende Berufung von Roy Hodgson zum Teammanager trübten die Stimmung im Mutterland des Fußballs vor der Jagd nach dem ersten Titel seit quälend langen 46 Jahren. Nachdem die gute Qualifikation für die Euro 2012 in Polen und der Ukraine große Hoffnungen in England geweckt hatte, machte sich der Weltmeister von 1966 das Leben selber schwer. Der englische Verband FA sah sich nach einer monatelangen Hängepartie und der Wahl des 64-jährigen Hodgson Kritik ausgesetzt.

Die englischen Zeitungen bewerteten die Berufung Hodgson zum Chefcoach als "erstaunlich". The Sun fragte in Anspielung auf den Favoriten Harry Redknapp: "Warum hat es Harry nicht bekommen?". Doch die Wahl der FA bei der Nachfolge des im Februar zurückgetretenen Italieners Fabio Capello fiel auf den Manager des Premier-League-Klubs West Bromwich Albion.

Ferdinand fehlt im Aufgebot

Hodgson, der auf Interimstrainer Stuart Pearce folgt, ging die schwierige Aufgabe jedenfalls "stolz" an und traf nach zahlreichen Einzelgesprächen erste, teils überraschende Entscheidungen. Er verzichtet bei der EM auf Ex-Kapitän Rio Ferdinand, dafür nimmt er John Terry mit, obwohl gegen den Chelsea-Profi ein Verfahren wegen rassistischer Beleidigung anhängig ist, das ihn sein Amt als Kapitän der "Three Lions" gekostet hatte.

Nun muss der Teammanager seinen Kader auf einen gemeinsamen Kurs bis zum Auftaktspiel am 11. Juni gegen Ex-Weltmeister Frankreich einzuschwören. Und das trotz heftiger Verletzungssorgen. Starspieler Frank Lampard (FC Chelsea) fällt für die Euro aus, auch sein Teamkollege Gary Cahill muss in der Abwehr passen, Mittelfeldspieler Gareth Barry fehlt auch. Mit Jack Wilshire, Tom Huddlestone und Jack Rodwell meldeten sich bereits im Vorfeld drei Alternativen fürs Mittelfeld ab. Michael Carrick, die logische Wahl als Lampard-Ersatz, trat im Frühjahr im Streit mit dem Verband zurück, Paul Scholes steht altersbedingt nicht mehr zur Verfügung.

Einen Qualitätsverlust müssen die Engländer zudem in den ersten beiden Gruppenspielen gegen Frankreich und Schweden verkraften. Topstar Rooney von Manchester United fehlt nach seiner Roten Karte im unbedeutenden Qualifikationsspiel in Montenegro gesperrt und kann erst zum Vorrundenabschluss gegen Co-Gastgeber Ukraine mitwirken. Als erste Amtshandlung hatte Hodgson aber bekannt gegeben, dass er trotz der Zwei-Spiele-Sperre auf Rooney setzt. "Ich freue mich, dass Rooney mit uns zur Euro kommt. Er ist ganz wichtig für uns", so der Coach.

Joe Hart als Lösung

Rooneys unnötiger Platzverweis war der negative Abschluss einer ansonsten guten Qualifikation. Fünf Siege, drei Unentschieden - die Engländer setzten sich in der Gruppe G souverän mit 18 Punkten vor Montenegro (12) und der Schweiz (11) durch. Nach dem Achtelfinal-Aus bei der WM 2010 in Südafrika gegen Deutschland (1:4) zeigten sich die Engländer wieder gefestigt. In den acht Begegnungen der Qualifikation mussten sie nur fünf Gegentore hinnehmen. Mit Torhüter Joe Hart von Manchester City scheinen sie auf einer ihrer traditionell größten Problempositionen eine gute Lösung gefunden zu haben.

Zudem hat sich die Mischung im Team zwischen erfahrenen Akteuren und jungen Spielern verbessert. Danny Welbeck, Theo Walcott und Phil Jones spielten sich zuletzt in den Vordergrund. Zudem gibt es in Steven Gerrard und Terry noch zwei Routiniers, die die Erfahrung mitbringen. Ob dies ausreicht, die 46 Jahre dauernde Durststrecke zu beenden, muss angesichts der Unruhe rund um die Nationalmannschaft zumindest bezweifelt werden.

(sid)
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