Titelverteidiger im Portrait Portugal ist mehr als nur Cristiano Ronaldo

Lissabon · Dieser ewige Cristiano Ronaldo. Fünf Jahre nach dem Titel will der schillernde Fußball-Weltstar erneut auf der EM-Bühne glänzen und Rekorde sammeln. „CR7“ kann nun Michel Platini übertrumpfen. Doch die die portugiesische Seleçao ist weit mehr als nur ihr Superstar.

  Cristiano Ronaldo (r) feiert mit seinem Teamkollegen Bernardo Silva ein Tor.

 Cristiano Ronaldo (r) feiert mit seinem Teamkollegen Bernardo Silva ein Tor.

Foto: dpa/Armando Franca

Manchmal kann sich dieser Cristiano Ronaldo sogar ein bisschen wie König Midas fühlen. Portugals Fußball-Altstar macht vielleicht nicht alles zu Gold, was er berührt. Hin und wieder reicht es im Fall des mittlerweile 36-Jährigen jedoch, dass er etwas einfach wegwirft, was dann zu barem Geld wird.

So war das mit seiner Kapitäns-Armbinde, die Cristiano Ronaldo nach einem nicht gegebenen Tor in der WM-Qualifikation gegen Serbien Ende März zornig weggeworfen hatte. 64.000 Euro brachte das dunkelblaue Stück Stoff mit dem Aufdruck „C“ bei einer Versteigerung ein und ging an eine Wohltätigkeitsorganisation. „Ich glaube nicht, dass sich die Episode wiederholen wird“, meinte Nationaltrainer Fernando Santos damals zum Ausraster seines Anführers.

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Cristiano Ronaldo elektrisiert – immer noch. Und stellt seine Leistungsfähigkeit selbst im fortgeschrittenen Fußballer-Alter weiter unter Beweis. Weit mehr als 20 Tore hat der Angreifer auch in dieser Serie-A-Saison wieder für Juventus Turin geschossen. Das Aus schon im Champions-League-Achtelfinale war für den fünfmaligen Weltfußballer und fünfmaligen Königsklassen-Triumphator aber würdelos.

Auf der EM-Bühne will Cristiano Ronaldo noch einmal glänzen. So wie vor mittlerweile fünf Jahren, als er die Seleçao im Finale im Pariser Stade de France gegen Frankreich (1:0) erstmals zum Titel führte. Dabei stand der Mann von der Atlantik-Insel Madeira am Ende gar nicht mehr auf dem Platz. Was für ein Schock! Am linken Knie verletzt und unter Tränen musste Cristiano Ronaldo nach 25 Minuten vom Rasen und mimte dann von der Seitenlinie den ruhelosen Einpeitscher.

„Es war, als ob wir einen zwölften Mann auf dem Platz gehabt hätten“, meinte damals Nationalcoach Santos über diese immer noch schillernde Ich-AG des Weltfußballs. Seit 2014 ist Santos Nationaltrainer Portugals und führte die Nation mit Ronaldo zum ersten großen Titel überhaupt. Die beiden schätzen sich und loben sich öffentlich, wo sie nur können.

„Das ist einer der schönsten Momente meiner Karriere“, meinte der gnadenlose Selbstoptimierer Cristiano Ronaldo nach dem Titel 2016, der mit neun Toren gleichauf mit Michel Platini in der ewigen EM-Torjägerliste liegt und den Franzosen nun überholen will.

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Portugal ist mit „CR7“, diesem Markenkern aus Initialen seines Namens und der Rückennummer, stärker als ohne ihn. Ohne Frage. Portugal ist aber viel mehr als sein Superstar, der in 173 Länderspielen irre 103 Tore erzielt hat. In der Offensive gibt es João Félix (Atlético Madrid), Bernardo Silva (Manchester City), Diogo Jota (FC Liverpool) oder André Silva (Eintracht Frankfurt); im Mittelfeld einen Bruno Fernandes (Manchester United), Danilo Pereira (Paris Saint-Germain) oder den beim FC Bayern gescheiterten Renato Sanches (OSC Lille).

Dass Portugal gerade vorne stark besetzt ist, ist nichts Neues. Nach hinten nimmt die Qualität etwas ab, doch Stars gibt es auch hier. Neben dem alten Haudegen Pepe (FC Porto), der mit 38 Jahren nochmal dabei ist und quasi sinnbidlich steht für eine teilweise gealterte Defensive, gibt es Spieler der europäischen Spitzenklasse wie Raphael Guerreiro von Borussia Dortmund oder die beiden Manchester-City-Profis Joao Cancelo und Ruben Dias. Letzterer wurde in der Premier League gerade zum Spieler der Saison gewählt – als erster Verteidiger seit 1989.

Von diesem Name-Dropping wird sich Joachim Löws Mannschaft schon vor dem Aufeinandertreffen in Gruppe F am 19. Juni in München jedoch nicht beeindrucken lassen. Außerdem konnte die DFB-Elf das letzte EM-Duell mit Portugal auch für sich entscheiden. 2012 im ersten Gruppenspiel bei der Endrunde in Polen und der Ukraine traf Mario Gomez zum 1:0-Erfolg in einem wahren Zitter-Auftakt. Und Cristiano Ronaldo? Der war damals 27 Jahre alt und natürlich auch schon dabei.

(stja/dpa)
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