„Tut uns sehr leid“ Greenpeace veröffentlicht Video-Statement nach Protestaktion bei EM-Spiel

München · Eigentlich wollte Greenpeace "nur" gegen den DFB- und EM-Sponsor VW protestieren. Die Aktion vor dem deutschen EM-Auftakt endete aber fast in einem Fiasko - und wird Folgen haben. In einem Video erklärte die Organsisation nun die Hintergründe.

EM 2021: Greenpeace-Aktivist landet mit Gleitschirm vor DFB-Spiel im Stadion
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Gefährliche Fallschirmaktion vor EM-Auftakt der DFB-Elf

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Foto: AP/Alexander Hassenstein

Das erste Eigentor in München schoss nicht Mats Hummels. Es war die Umweltorganisation Greenpeace, deren missglückte Protestaktion vor dem EM-Auftakt der Fußball-Nationalmannschaft beinahe wesentlich tragischere Folgen als der Fauxpas des deutschen Abwehrchefs gehabt hätte. Nur mit viel Glück passierte bei der Notlandung eines Motorgleitschirmfliegers nichts Schlimmeres. Und obwohl Greenpeace hinterher zu Kreuze kroch, hat der Vorfall Konsequenzen - juristisch und politisch.

Das Polizeipräsidium München teilte mit, dass gegen den festgenommenen Piloten aus Baden-Württemberg wegen "verschiedener Delikte nach dem Strafgesetzbuch und dem Luftverkehrsgesetz" ermittelt wird. Bei der Aktion des 38-Jährigen wurden nach Polizeiangaben zwei Männer am Kopf verletzt, die zwar nicht notärztliche versorgt werden mussten, aber zur weiteren Abklärung ins Krankenhaus gebracht wurden.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder kündigte umgehend Konsequenzen für den Aktivisten an. "Das wird genau behandelt, das sind klare Verstöße", sagte der CSU-Politiker im BR: "Sowas ist kein Kavaliersdelikt." Auch das Polizeipräsidium München betonte, "dass es keinerlei Verständnis für solche unverantwortlichen Aktionen gibt, bei denen eine erhebliche Gefährdung von Menschenleben in Kauf genommen wird".

Der Flieger war am Dienstagabend unmittelbar vor dem Anpfiff der Partie gegen Frankreich (0:1) nur mit Mühe heil auf dem Rasen der Arena gelandet. Eigentlich wollte der Pilot laut Greenpeace "lediglich" über das Stadion fliegen und einen gelben Ballon mit dem aufgedruckten Motto "Kick out Oil" auf den Rasen herunterlassen. Aufgrund eines technischen Problems verlor der Schirm aber an Höhe, streifte ein Drahtseil der Dachkonstruktion und musste notlanden.

Das Leben des Piloten war offenbar auch aus einem anderen Grund massiv gefährdet. "Man hat aufgrund der Beschriftung 'Greenpeace' davon abgesehen, dass Scharfschützen hier eingegriffen haben", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann der Bild-Zeitung: "Wenn die Polizei zu einer anderen Einschätzung gekommen wäre, dass es sich um einen Terror-Anschlag handeln könnte, dann hätte der Flieger die Aktion möglicherweise mit seinem Leben bezahlen müssen."

Der gegen den EM-Sponsor VW gerichtete Protest, der den Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren anprangern sollte, geriet durch die Beinahe-Tragödie in den Hintergrund. Zudem machte sich Greenpeace angreifbar - was von einem prominenten Kritiker auch sofort ausgenutzt wurde. "Nach dem Vorfall von gestern mit einer ernsthaften Gefährdung der Stadionbesucher wird es Zeit, die Gemeinnützigkeit von Greenpeace zu überprüfen", twitterte CDU-Größe Friedrich Merz.

Greenpeace bat am Mittwoch noch einmal um Verzeihung. "Wir sind gerade dabei, das aufzuklären, arbeiten mit allen zusammen, und stehen dafür auch gerade", sagte ein Sprecher: "Wir möchten noch einmal betonen, dass uns das sehr leid tut und wir möchten bei den beiden Personen, die zu Schaden gekommen sind, um Entschuldigung bitten. Greenpeace steht für friedlichen und gewaltfreien Protest, bei der die Sicherheit Dritter und unserer Aktivisten immer im Mittelpunkt steht."

Die Greenpeace-Entschuldigung stieß allerdings bei den Beteiligten auf taube Ohren. Jens Grittner, Sprecher des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), verurteilte die Aktion nach dem Spiel. "Derjenige hat nicht nur sich und andere gefährdet und verletzt", sagte Grittner: "Das ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar, der Vorgang wird von den Behörden und der UEFA geprüft. Das hätte weitaus schlimmer ausgehen können." Die Europäische Fußball-Union (UEFA) bezeichnete das Ganze als "rücksichtslos" und "gefährlich".

Der Gleitschirmflieger war allerdings nicht der einzige "Luftakrobat", der festgenommen wurde. Die Polizei nahm zudem einen 48-Jährigen mit Wohnsitz in Nürnberg in Gewahrsam, weil dieser eine Drohne im "Flugbeschränkungsgebiet" um die Arena gesteuert hat.

(kron/SID)
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