EM-Gastgeber 2020 Endrunde in Deutschland oder England?

Warschau · Das Rennen um die Ausrichtung der EM 2020 nimmt wieder Fahrt auf. Nicht nur in Deutschland, auch in England wird eine nachträgliche Kandidatur diskutiert. Voraussetzung ist der Rückzug des Favoriten Türkei.

Wolfgang Niersdbach: Vom Journalisten zum Macher im Weltfußball
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Foto: dpa, Arne Dedert

Deutschland hat Interesse, England grübelt und in Spanien wird heiß diskutiert: Europas große Fußball-Nationen hatten eine Bewerbung um die Ausrichtung der EM 2020 eigentlich längst abgehakt, die stimmungsvollen Bilder aus Polen und der Ukraine haben aber offenbar Lust auf mehr gemacht. Die Fans in Deutschland dürfen von einem zweiten Sommermärchen schon in acht Jahren träumen — zumindest im Stillen.

Fest steht: Sollte Istanbul im September 2013 den Zuschlag für die Olympischen Spiele 2020 bekommen, dann wird der große Favorit Türkei seine zusätzliche EM-Bewerbung kaum aufrecht erhalten können. Zwei Großereignisse in einem Jahr, das haben die Uefa und das Internationale Olympische Komitee IOC mehrfach betont, sind nicht zu stemmen. Damit wäre der Weg frei für eine nachträgliche Bewerbung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).

Niersbach: "Wir müssen aufpassen"

"Falls die Türkei den Zuschlag für die Olympischen Spiele bekommen sollte, würden wir noch einmal überlegen", sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach dem SID. Zu offensiv will der DFB aber nicht vorgehen. "Wir müssen aufpassen, dass es nicht heißt: Schon wieder die Deutschen", mahnt der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger im kicker. Die Europäische Fußball-Union (Uefa) hat aber genau hingehört: Denn ein zu langes Zögern, das hat sie bereits angedeutet, darf sich auch keiner erlauben.

Bis Ende des Jahres sollen mögliche Nachzügler ihr Interesse signalisiert haben, so deutlich wie Deutschland hat das noch niemand getan. Überlegungen gibt es auch in England, doch das Mutterland des Fußballs knabbert noch immer an der herben Schlappe bei der Vergabe der WM 2018. Ganze zwei Stimmen erhielt England im Dezember 2010 und war gegen Russland chancenlos. Ein zweite Pleite will der englische Verband FA unter allen Umständen vermeiden und lotet daher zunächst hinter den Kulissen die Chancen einer erneuten Bewerbung aus.

Ebenfalls in Frage käme Spanien, das seit 1964 keine EM mehr ausgerichtet hat. Die Fans des Weltmeisters lechzen nach einem großen Turnier, der Verband wird den Träumen mit Hinweis auf die Finanzkrise aber wohl einen Strich durch die Rechnung machen. Ähnliches gilt für Italien, dessen Stadien zum Großteil noch auf dem Stand der WM 1990 sind. Deutschland will sich nicht vordrängeln: "Wir dürfen nicht vergessen, dass wir nicht allein in Europa sind", sagt Niersbach mit ausdrücklichem Hinweis auf England, Italien und Spanien.

Endrunde nach Irland?

Fast übersehen wird dabei, dass es neben der Türkei bereits zwei weitere offizielle Bewerbungen um die EM 2020 gibt. So haben Wales, Schottland und Irland eine gemeinsame Kandidatur auf den Weg gebracht. "Wenn die Ukraine eine EM ausrichten kann, können wir das auch", schrieb die irische Tageszeitung Independent und betonte die gute Infrastruktur. Die fehlenden Stadien und die Finanzkrise, die auch Irland getroffen hat, schmälerten die Aussichten des Trios allerdings, glaubt das Blatt.

Bleibt die Außenseiter-Kombination aus Georgien und Aserbaidschan. Die ehemaligen Sowjetrepubliken haben schon aus politischen Gründen kaum Chancen, der Wirbel um den Eurovision Song Contest in Aserbaidschans Hauptstadt Baku ist noch in bester Erinnerung. Hinzu kam das Hin und Her bei der Bewerbung: Erst kandidierte Georgien alleine, dann schloss Baku sich nach seiner gescheiterten Olympia-Bewerbung wieder an. Auf viel Applaus stieß das nicht.

Sollte Istanbul jedoch im Herbst 2013 bei der Olympia-Vergabe an Tokio oder Madrid scheitern, führt ohnehin kein Weg an der Türkei als EM-Gastgeber vorbei. Erst wenn die Metropole am Bosporus den Zuschlag für die Sommerspiele erhält, wird es spannend. Dann womöglich auch für Deutschland.

(sid)
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