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Fehlende Stürmer im DFB-Team Das Problem mit der Nummer Neun

Analyse | Düsseldorf · Seit den Karriereenden von Miroslav Klose und Mario Gomez sucht Deutschland einen klassischen Stürmer. Die Gründe hierfür liegen auch im Nachwuchsbereich. Im Verlauf des Turniers könnte das noch zu einem Problem werden.

 Seit Miroslav Klose nicht mehr aktiv ist, sucht die DFB-Elf nach einer klassischen Neun. Bisher vergeblich.

Seit Miroslav Klose nicht mehr aktiv ist, sucht die DFB-Elf nach einer klassischen Neun. Bisher vergeblich.

Foto: AFP/TORSTEN SILZ

Als Jogi Löw nach der Auftaktniederlage gegen Frankreich vor die Kameras trat, erklärte er die Taktik der deutschen Mannschaft. Man habe viel über die Außen spielen wollen, viele Flanken schlagen wollen. Das habe auch gut funktioniert.

Nur: Viele Flanken kamen nicht an, die Franzosen konnten die meisten Bälle recht einfach verteidigen. Es fehlte ein Abnehmer im Strafraum, ein Stürmer. Oder wie Teammanager Oliver Bierhoff es gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ formulierte: „ein Ochse“.

Als Mirolslav Klose seine Karriere im DFB-Dress beendete, lief noch Mario Gomez für Deutschland auf. Bei der EM 2016 traf Gomez noch zwei Mal, verletzte sich aber vor dem Halbfinal-Aus gegen Frankreich. 2018 war er noch dabei, spielte aber lediglich eine Nebenrolle. Spätestens seit seinem Abgang begann in Deutschland die Debatte: Hat die DFB-Elf ein Stürmerproblem? Und kann das zu einem Zukunftsproblem werden – nicht nur für die Europameisterschaft, sondern auch für kommende Turniere?

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Foto: dpa/Federico Gambarini

Der klassische Stürmer wurde von einigen lange totgesagt. Unter Pep Guardiola fand der Begriff „Falsche Neun“ den Weg in den internationalen Fußball. Offensive Mittelfeldspieler bekleideten die Position des Stürmers, oft wendig, trickreich. Aber auch oft klein, keine „Brecher“, nicht sonderlich kopfballstark. Doch wirklich weg war der klassische Stürmer nie. Und schaut man sich den Weltfußball an, ist die klassische „Neun“ aktuell so stark gefragt wie selten.

Dortmunds Erling Haaland zum Beispiel gehört zu den gefragtesten Spielern der Welt. Er ist schnell, torgefährlich, durchsetzungsstark. Oliver Bierhoff würde ihn wohl als „Ochse“ bezeichnen. Der aktuelle Weltfußballer ist Robert Lewandowski – ein Stürmer. Bei der EM haben die Belgier Romelu Lukaku, die Franzosen Karim Benzema, die Polen eben jenen Lewandowsiki. In Deutschland sind Timo Werner und Kevin Volland die beiden nominellen Stürmer. Volland ist 1,79 Meter groß, Werner 1,80 Meter. Für Flanken sind sie nicht die idealen Zielspieler – und spielten auch in keinem der beiden bisherigen EM-Spiele der DFB-Elf von Anfang an.

Bierhoff nannte die Ausbildung in den Leistungszentren als einen Grund für die fehlenden Stürmer im DFB-Team. In den vergangenen Jahren seien dort „gerne die Mario-Götze-Typen gefördert“ worden, sagt er der „Süddeutschen Zeitung“. Spieler, die technisch beschlagen sind, aber keine „klassischen Stürmerkriterien“ haben. Der DFB hat das Problem erkannt – und versucht, ihm Herr zu werden. Während der Corona-Pause im April vergangenen Jahres schauten sich der U21-Co-Trainer Antonio Di Salvo und U21-Cheftrainer Stefan Kuntz an, wie in den Top-Ligen Tore erzielt werden, versuchten daraufhin, das Training umzustellen. Das sagte Di Salvo im Mai 2020 der „Süddeutschen Zeitung“. Mirolsav Klose übrigens spielte nie für die U-Mannschaften des DFB und wurde erst mit 22 Profi.

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Foto: dpa/Christof Stache

Auch außerhalb des DFBs kommt Kritik am deutschen Stürmermangel. Ex-Nationaltrainer Kostenpflichtiger Inhalt Berti Vogts schrieb in der EM-Kolumne unserer Redaktion: „Uns fehlen die Spezialisten, Spezialisten, die Frankreich hat: Benezma als klassischen Mittelstürmer zum Beispiel, oder Kanté als Abräumer. Bei solchen Spielern sind die Talente gefördert worden, sie wurden nicht in den Akademien drauf getrimmt, alles zu können“. Auch Trainer-Ikone Arsene Wenger sieht hier ein Problem für Deutschland. „Ich erinnere mich an die Zeit, als jeder Klub in Deutschland einen deutschen Stürmer von internationaler Klasse hatte. So etwas existiert heute gar nicht mehr“, sagt der ehemalige Arsenal-Coach der „BILD“.

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Foto: AFP/PAUL ELLIS

Im Spiel gegen Portugal hat sich gezeigt, dass es für Tore nicht zwingend die klassischen Stümer braucht. Zwei Treffer beim 4:2-Sieg der DFB-Elf steuerte Portugal mit Eigentoren selbst bei, die anderen beiden kamen von Mittelfeldspieler Kai Havertz und Außenverteidiger Robin Gosens. Und: Drei der vier Tore wurden durch Flanken herausgespielt. Wenn die Strafraumbesetzung gut ist und wenn die Gegner dem Team genügend Platz lassen, kann man auch ohne klassischen Stümer treffen. Flanken auf den zweiten Pfosten sind ohnehin ein Mittel, das im Weltfußball immer beliebter wird, Mittelfeldspieler oder Außenverteidiger rücken dann mit in den Strafraum auf. Das funktioniert aber nur, wenn dort genügend Platz ist. Gegen Portugal war das immer wieder der Fall, die portugiesische Strafraumbesetzung im eigenen Sechszehner war selten gut. Gegen Ungarn dürfte das wieder schwieriger werden. Die Ungarn spielen sehr defensiv, igeln sich im eigenen Strafraum rein. Hier wäre ein Spielertyp von Vorteil, der mal Kopfballduelle gewinnt, sich auch gegen Abwehrhünen im Zweikampf durchsetzen kann. Ein Spielertyp, der der DFB-Elf aktuell fehlt.

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