Fazit der Uefa EM als Goldgrube — und niemand vermisst Platini

Paris · Michel Platini bleibt unsichtbar. Selbst wenn seine Franzosen am Sonntag (21/Live-Ticker) gegen Portugal um ihren dritten EM-Titel spielen, verkriecht sich der 61-Jährige trotzig. In seinem Wohnzimmer, im Bistro an der Ecke, wo auch immer – das Finale wird der für vier Jahre gesperrte Uefa-Präsident schon verfolgen, aber trotz Einladung nicht im Stade de France von St. Denis. Für die Europäische Fußball-Union (Uefa), und das wird Platini am meisten kränken, ist das nicht weiter schlimm.

EM 2016: Momente, die in Erinnerung bleiben
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Momente, die in Erinnerung bleiben

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Foto: dpa, ks

Michel Platini bleibt unsichtbar. Selbst wenn seine Franzosen am Sonntag (21/Live-Ticker) gegen Portugal um ihren dritten EM-Titel spielen, verkriecht sich der 61-Jährige trotzig. In seinem Wohnzimmer, im Bistro an der Ecke, wo auch immer — das Finale wird der für vier Jahre gesperrte Uefa-Präsident schon verfolgen, aber trotz Einladung nicht im Stade de France von St. Denis. Für die Europäische Fußball-Union (Uefa), und das wird Platini am meisten kränken, ist das nicht weiter schlimm.

"Ohne seine Vision und Unterstützung in den vergangenen fünf Jahren wäre die EM nie so ein Erfolg geworden", sagte Uefa-Interimsgeneralsekretär Theodore Theodoridis zwar am Freitag mit viel Pathos. Die Bilanz-Pressekonferenz der Uefa machte aber überdeutlich: Die EURO 2016, die in dieser Form das letzte Fußballfest für Jahre gewesen sein wird, hat im Grundsatz funktioniert. Ohne Platini.

Schon allein finanziell war das Turnier ein Erfolg — und eine Goldgrube: Einnahmen in Höhe von 1,93 Milliarden Euro stehen nur 1,1 Milliarden Euro Ausgaben gegenüber (830 Millionen Euro Gewinn). "Wir sind sehr zufrieden", sagte Uefa-Turnierdirektor Martin Kallen, auch einer derjenigen, die statt Platini sprachen: "Wir haben, was die Organisation angeht, bislang keinerlei Problem gehabt — auch nicht mit der Sicherheit."

"Kooperation mit Behörden ist großartig"

Die Angst vor weiteren Terror-Anschlägen nach dem schwarzen 13. November 2015 in Paris war enorm, in Frankreich herrscht weiter der Ausnahmezustand. Tausende Sicherheitskräfte sicherten die Stadien und Fanfeste aber erfolgreich. "Es gab keine Bedrohung von EM-Spielen. Die Kooperation mit den Behörden ist großartig", sagte Theodoridis. Vereinzelte Fehlalarme sorgten höchstens kurzzeitig für Anspannung.

Den größten Schatten auf das Turnier warfen die Bilder aus Marseille, wo am zweiten Tag mehrere Dutzende Menschen von Hooligans aus Russland und England teils schwer verletzt wurden. Später knallte es auch im Stadion. Die Uefa drohte Russland mit Ausschluss. So weit kam es nicht. Frankreichs Organisationschef Jacques Lambert warnte dennoch vor einer "gefährlichen Entwicklung", wenn teils rechtsradikale Randalierer den Fußball missbrauchen würden.

Auch Platini hätte sein Turnier, an dem er als Funktionär wegen der Sperre durch die Fifa-Ethikkommission nicht teilnehmen durfte, verteidigt. Es war schließlich das letzte Mal nach altem Vorbild. Die WM 2018 wird im krisengeschüttelten Russland gespielt, wo zwischen den Spielorten Tausende Kilometer liegen. Bei der EURO 2020 gibt es 13 Gastgeber, worüber sich bislang nur die Reiseunternehmen freuen. Zwei Jahre später wird die WM erst im Winter gespielt — in der Wüste von Katar.

Diskutiert wurde in Frankreich zwar auch viel, aber zum Glück nur über die "weichen" Themen, die unvermeidlich sind. Der Modus nach der Aufstockung auf 24 Teams, die Torarmut in der Vorrunde, die wenig attraktiven Spiele — die Uefa-Offiziellen mussten sich oft verteidigen. "Es ist immer sehr schön, ein bis zwei Cinderella-Storys pro Turnier zu haben", sagte Theodoridis: "Dieses Mal waren es Wales und Island, das sind sehr positive Beispiele."

Vor allem die Fans aus den Ländern, die bei nur 16 Teams womöglich die Qualifikation nicht überstanden hätten, waren eine Bereicherung. Die irischen und nordirischen Fans wurden für ihre Feierfreude in Paris sogar von Bürgermeisterin Anne Hidalgo ausgezeichnet. "Will Grigg's on fire", der Ohrwurm der Nordiren, wird in jedem EM-Rückblick auftauchen.

Ebenso wie die Geschichte von Platini. Als "Fan" hätte Platini alle Spiele der EURO in seinem Heimatland besuchen können. Er verzichtete darauf.

(sid)
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